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"Kiss me, Kate" überzeugt auf der Waldbühne Heldritt


Autor: Jochen Berger

Heldritt, Montag, 12. August 2013

Die Neuinszenierung von Cole Porters "Kiss Me, Kate" wurde zum ungetrübten Premierenerfolg auf der Waldbühne Heldritt.
Happy End nach turbulenten Verwicklungen: Lenneke Willemsen (Lilli Vanessi/Katharina) und Dirk Mestmacher (Fred Graham/Petruchio) im Finale von "Kiss Me, Kate". Cole Porters Musical feierte umjubelte Premiere bei der "Coburger Sommeroperette".Fotos: Albert Höchstädter


Dicke Luft im Hause Baptista. Der alte Herr, längst reichlich in die Jahre gekommen und gar nicht mehr flott auf den Beinen, möchte endlich seine zwei Töchter unter die Haube bringen. Doch Katharina, die ältere der beiden, ist eine arg widerspenstige Person. Von Männern hat sie grundsätzlich nur die schlechteste Meinung und ganz und gar keine Lust, sich an einen Mitgiftjäger verhökern zu lassen, nur damit ihre jüngere Schwester Bianca freie Fahrt in den Ehehafen bekommt.

Theater auf dem Theater

In scheinbar fernen Zeiten in Padua spielt diese Geschichte, die Shakespeare in seiner Komödie "Der Widerspenstigen Zähmung" erzählt. In Cole Porters Musical "Kiss Me, Kate", das in diesem Jahr auf dem Programm der "Coburger Sommeroperette" steht, wird daraus die Geschichte einer reisenden Theatertruppe, die eben diese Komödie mit musikalischen Mitteln erzählen will. Das Resultat?

Blick hinter die Kulissen

Theater auf dem Theater mit reichlich Gelegenheit für turbulente Verwicklungen, die der aus Wien angereiste Gastregisseur Attila Lang mit sicherem Gespür für Musical-Effekte auf die Waldbühne Heldritt bringt. Lang hat sich dafür von Bühnenbildner Frieder Klein eine offene Theaterszenerie in den Wald stellen lassen. Sie bietet einen Blick hinter die Kulissen und ermöglicht dank verschiebbarer Zwischenwände rasche Verwandlungen auf offener Szene.

Umbaupausen in stumme Szenen verwandelt

Diese gestaffelten Kulissen freilich brauchen Platz. Auf der nach hinten rasch ansteigenden Spielfläche der Naturbühne sind deshalb manche Szenen von seitlichen Sitzplätzen aus nicht vollständig einsehbar. Der ungetrübt freundlichen Stimmung im Publikum freilich tut das keinen Abbruch. Zudem lässt Lang immer wieder die gesamte Breite der Bühne bespielen, verwandelt auch die kleinen Umbaupausen auf offener Bühne in kleine stumme Szenen.

Mit frechem Augenzwinkern

Cole Porters "Kiss Me, Kate" erzählt die Geschichte einer doppelten Zähmung, zeigt ein doppeltes Verwirrspiel, weil die Darstellerin der Katharina im wirklichen (Theater-)Leben drauf und dran ist, sich ein zweites Mal zähmen zu lassen - ausgerechnet von ihrem Ex-Ehemann Fred Graham.

Denn der ist Chef der reisenden Truppe und zugleich Darsteller jenes Petruchio, der bei Shakespeare die störrische Katharina reichlich rabiat zu bändigen weiß. Wer unbedingt will, kann diese Zähmung politisch reichlich unkorrekt nennen und übles Machogehabe argwöhnen. Dieses Machogehabe freilich, Langs Inszenierung beweist es, lässt sich ganz ohne fuchtelnden Moral-Zeigefinger mit einem frechen Augenzwinkern entlarven.
"Kiss Me, Kate" ist das reinste Füllhorn an Musical-Hits, durchaus aber ein Stück mit Tücken für Darsteller wie Orchester. Der ständige Wechsel im Tonfall verlangt reaktionsschnelle Wachsamkeit.

Umsichtig am Dirigentenpult: Ivan Boldog

Unter der umsichtigen, in der Temponahme geschmeidigen Leitung von Ivan Boldog beweist das engagiert musizierende Orchester der Sommeroperette seine stilistische Wendigkeit zwischen nostalgisch tönendem Walzer-Charme und flotten Musical-Klängen. Auch die heikle Abstimmung zwischen Solisten und dem seitlich auf halber Bühnenhöhe in seinem Pavillon sitzenden Orchester gelingt Boldog fast reibungslos.

Als Regisseur ist Attila Lang, langjähriger Chef-Producer der Wiener Festwochen, unbestreitbar ein Routinier. Lang beweist sicheres Gespür für das nötige Tempo. Er weiß, wie sich die - trotz mancher Kürzungen - oftmals ausgedehnten Dialogpassagen in witzige, lebendige Bühnenaktion verwandeln lassen.

Kurzweiliger Balanceakt

Vor allem aber achtet er darauf, dass jede Rolle präzis charakterisiert ist - ein kurzweiliger Balanceakt zwischen Zuspitzung und Übertreibung, bei dem das homogen besetzte Ensemble in jeder (Doppel-)Rolle überzeugt.
Bilderbuch-Macho mit schlanker, stets sicher geführter Tenorstimme und souveräner Bühnenpräsenz: Dirk Mestmacher als Theatermacher Fred Graham, der in Shakespeares "Zähmung" als Petruchio sein eigener Hauptdarsteller ist. Seine Bühnen-Ex-Frau Lilli Vanessi spielt die Kate - und Lenneke Willemsen beweist in dieser Doppelrolle nicht nur Temperament in der Darstellung. Sängerisch gelingen ihr vielmehr auch anrührend leise Töne ("Du bist mein Leben").

Applaus für ein junges Talent aus Coburg: Laura Mann

Ein junges Musical-Talent aus der Region spielt Kates umschwärmte Schwester Bianca. Laura Mann, in Coburg geboren und an der Hamburger Stage School ausgebildet, überzeugt in ihrer ersten großen Rolle vor heimischem Publikum in Gesang, Spiel und Tanz gleichermaßen und erntet dafür am Ende freundlichen Sonderapplaus.

Paraderolle für Claus J. Frankl

Wiedersehen mit Claus J. Frankl: Der einstige Musiktheaterdramaturg des Landestheaters, der "Sommeroperette" seit vielen Jahren verbunden, brilliert als geplagter Signor Baptista. Frankl zeigt, wie sich eine vermeintlich kleine Partie mit wohldosierter Zuspitzung in eine Paraderolle verwandeln lässt.

Ein Ganovenpärchen stiftet derweil reichlich Verwirrung hinter den Kulissen. Als Italo-Gangster aus dem Bilderbuch mimen Alexander M. Helmer und John Sweeney mit großem Spielwitz ein gar tolpatschiges Geldeintreiber-Duo.

Heiratswillige Herren

Allerlei heiratswillige Herren tummeln sich auf und hinter der Bühne. Den schwerreichen Harrison Howell, der Lilli Vanessi heiraten will und am Ende trotz seiner Dollar-Millionen leer ausgeht, spielt Rainer Möbus mit präziser Übertreibung und dem passenden neureichen Gehabe.

Köstlich: Stephan Ignaz und Robin Koger, die als Gremio und Hortensio die kokette Bianca umschwärmen und nicht nur mit Worten um sie fechten.

Weitere Rollen fügen sich nahtlos ein in das homogene Spiel - Jan Reimitz als Bill Calhoun/Lucentino, Sylvia L. Denk als Garderobiere Hatty und Vincent Wojdacki als Inspizient. In der Einstudierung von Stephan Meier überzeugt der Chor der Sommeroperette mit präzisem Gesang und engagiertem Spiel.

Schwungvolle Choreografie

Für die schwungvolle Choreografie zeichnet ein Gast aus Wien verantwortlich: Christian Zmek, der zudem als Darsteller des spielsüchtigen Bill Calhoun punktet. Mit Jan Reimitz liefert sich Zmek auf offener Bühne ein virtuoses Stepp-Tanz-Duell.

Rundum gelungene Neuinszenierung

Nicht nur dafür gibt es kräftigen Szenenbeifall. Am Ende quittiert das Premierenpublikum diese rundum gelungene Neuinszenierung auf der fast ausverkauften Waldbühne mit verdientermaßen heftigem Premierenbeifall.


Das weitere Programm der "Coburger Sommeroperette"

Termine Cole Porter "Kiss Me, Kate" - Waldbühne Heldritt; Termine: 14., 15., 16. August, 19.30 Uhr, 17. August, 14 und 19.30 Uhr, 18. August, 18 Uhr, 21., 22. August, 19.30 Uhr, 23. August, 14 und 19.30 Uhr, 25. August, 18 Uhr

Matinee "Kol(l)ossal" mit Claus J. Frankl, 18. August, 11 Uhr, Waldbühne Heldritt

Altstadt-Serenade mit dem Royal Salon-Ensemble (Leitung: Gyula Mezei), Dienstag, 20. August, 20.30 Uhr, Schlossplatz Bad Rodach

Kartenvorverkauf unter 0 95 64/40 88 (Montag, Dienstag und Freitag 10 bis 12 Uhr sowie Donnerstag 10 bis 12 und 16 bis 19 Uhr); Vorverkauf auch bei Tourismus Coburg, Herrngasse 4 (Tel. 0 95 61/89 80 43 - Informationen im Internet:www.coburger-sommeroperette.de). - Restkarten an der Abendkasse.