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In Coburg geht´s ums Trinkwasser


Autor: Simone Bastian

Coburg, Mittwoch, 24. April 2013

Was passiert, wenn Städte und Gemeinden ihre Wasserversorgungen öffentlich ausschreiben müssen, wie es die EU vorsieht? Dann kommen Unternehmen wie Veolia Wasser ins Gespräch. Am Freitag diskutiert Geschäftsführungsmitglied Reinhold Hüls mit Coburgern über die Folgen der geplanten EU-Richtlinie.
Diese tanzenden Wasserfontänen sind zwar kein Trinkwasser, aber garantiert städtisch. Um die Auswirkung der geplanten EU-Richtlinie für die Vergabe von Trinkwasserkonzessionen geht es am Freitag bei der Podiumsdiskussion "Der Kampf ums Trinkwasser". Dabei kommt auch ein Vertreter des international tätigen Veolia-Konzerns zu Wort. Foto: Simone Bastian


Die EU-Kommission plant, eine Konzessionsvergaberichtlinie für die Trinkwasserversorgung zu erlassen. Das hat vor allem in Deutschland zu Protesten geführt. Denn Trinkwasser gehört hier zur kommunalen Daseinsvorsorge und sei ein "Menschenrecht", wie die Städtischen Werke Überlandwerke Coburg (SÜC) auf ihren Schaltkästen plakatieren.

Doch trotz aller Proteste gibt es schon etliche Kommunen, die ihre Wasserversorgung privatisiert haben, meist, indem sie ihre eigenen Wasserwerke in privatrechtliche Strukturen überführten. Vor allem nach der deutschen Wiedervereinigung suchten die Städte in den neuen Bundesländern in den 90er Jahren nach neuen Partnern. "Weil da riesiger Reformbedarf bestand", sagt Matthias Kolbeck, Pressesprecher von Veolia Wasser.

Die Kommunen im Osten mussten ihre Wassernetze und die Versorgungsanlagen der westdeutschen Norm anpassen. 1991 stieg Veolia in Sachsen ins deutsche Wassergeschäft ein (www.veoliawasser.de). In den alten Bundesländern fasste Veolia erst später Fuß. "Es gab dort auch keinen der Wende vergleichbaren Anlass, die funktionierenden Strukturen zu verändern", sagt Kolbeck. Neben kleinen kommunalen gibt es auch in Westdeutschland große Wasserversorger. Veolia ist an den Stadtwerken Braunschweig beteiligt.

Nun plant die EU eine Richtlinie, der zufolge die Kommunen ihre Trinkwasser-Konzessionen öffentlich ausschreiben müssen. SÜC-Geschäftsführer Götz-Ulrich Luttenberger sieht darin vor allem ein großes Missverständnis: Die Konzessionen beim Trinkwasser bedeuten lediglich ein Wegerecht - die Leitungen dürfen in den öffentlichen Straßen verlaufen. Die EU-Kommission verstehe aber unter "Konzession" das Recht, Wasser zu fördern und zu verkaufen.

Konzessionen seien nur eins von vielen in Deutschland, sagt Matthias Kolbeck. Für Veolia nicht das wichtigste. "Man muss dann auch die Netze und Anlagen übernehmen, und das ist nicht unser primäres Interesse." Das binde zu viel Kapital. Beim Einstieg in die Berliner Wasserwerke 1999 mussten die beteiligten Konzerne Veolia und RWE für das Netz bezahlen, aber das war eine der Vertragsbedingungen. Das Land Berlin erhoffte sich vom Verkauf eine kräftige Finanzspritze. Veolia und RWE hielten jeweils 24,95 Prozent der Anteile; die knappe Mehrheit (50,1 Prozent) lag weiterhin beim Land Berlin.

Inzwischen haben die Berliner per Volksentscheid beschlossen, dass die zugrundeliegenden Verträge veröffentlicht werden müssen. Der Einstieg der beiden Privatunternehmen wird dafür verantwortlich gemacht, dass in Berlin der Wasserpreis stieg. "Es werden jährlich 250 Millionen Euro in das Berliner Netz investiert", hält Kolbeck dagegen. Technisch stehe das Netz bestens da. Auch das Land Berlin habe dank der privaten Beteiligung besser verdient als vorher, heißt es auf der Veolia-Homepage.


Günstiger als Betreiber

Anstatt der kompletten Wasserversorgung übernimmt Veolia lieber Betriebsführerschaften. Kolbeck nennt Gera, wo ein Unternehmen der Gruppe für die Wasser- und Abwasserversorgung verantwortlich zeichnet. "Dort hatten wir mehrfach Gebührensenkungen, und unsere Betriebsführungskosten sind niedriger als vorher beim Eigenbetrieb." Dabei betreibe Veolia weder Umwelt- noch Sozialdumping, versichert der Pressesprecher. Der Konzern nutze einfach die verfügbaren Ein sparpotenziale. "Wenn wir Betriebsmittel einkaufen, bekommen wir vermutlich andere Rabatte als eine Kommune. Wir können Kläranlagen betreiben, die mehr Strom erzeugen als sie verbrauchen", zählt er auf.

"Wir haben weltweit Erfahrung und sind ganz gut darin, einzuschätzen, welche Potenziale für Effizienz wir in welchem Zeitraum nutzen können", sagt Kolbeck. Die Betreiberverträge werden meist über einen bestimmten Zeitraum geschlossen, und schon bisher habe sich Veolia Ausschreibungen stellen müssen. Die Pläne der EU-Kommission heißt Kolbeck insofern gut: "Eine Beteiligung an einem Stadtwerk, das die Konzession im Wasser hält, ist Geld wert. Diese Verträge laufen jahrzehntelang, und warum sollten die ohne Ausschreibung verlängert werden?" Im Übrigen könnten die Kommunen in den Ausschreibungen Bedingungen festlegen, die die Bewerber erfüllen müssen, sagt Kolbeck. "Wir sehen uns als Unternehmen, das Betreiber- und Dienstleister-Know-How anbietet. Wir beraten jetzt zum Beispiel für fünf Jahre das Wasserunternehmen der Stadt New York."


Diskussion in der Hochschule

"Der Kampf ums Trinkwasser" lautet der Titel der Podiumsdiskussion am Freitag, 26. April, 19 Uhr, in der Hochschule Coburg (Friedrich-Streib-Straße 2). Neben der EU-Abgeordneten Monika Hohlmeier (CSU) diskutieren SÜC-Geschäftsführer Götz-Ulrich Luttenberger, Reinhold Hüls von der Geschäftsführung Veolia Wasser, der Weitramsdorfer Bürgermeister Christian Gunsenheimer (Freie Wähler) und Heinz Köhler, Vorsitzender der Fernwasserversorgung Oberfranken.