Georg Hünseler: Leben als poetische Weltreise
Autor: Jochen Berger
Coburg, Dienstag, 28. Mai 2013
So nimmt der Schauspieler und Autor Georg Hünseler seine Coburger Zuhörer mit auf eine dichterische Entdeckungstour.
Das Leben ist eine Reise. Manchmal führt sie zu wunderbaren Aussichtspunkten und manchmal in eine Sackgasse. Dem, der diese Reise mit offenen Augen, mit offenem Herzen unternimmt, schenkt sie in glücklichen Momenten lebendige, erhellende Begegnungen.
Das Leben ist eine Reise durch die Welt - für Georg Hünseler eine Weltreise in vielen Etappen. Genauer: eine poetische Weltreise.
Von Tibet bis Tahiti
Wie viel Leben passt in einige Dutzend Gedichte? Wie viele Erfahrungen, Gedanken, Eindrücke? "Weiter Wege Letzteres" hat der Schauspieler und Autor seine Reiseimpressionen genannt, mit denen er das Publikum in der Coburger Reithalle mitnimmt auf diese Lebensreise. Costa Rica und Vancouver, Montenegro und Südafrika, Tibet und Tahiti, Madagaskar und Venezuela - viele Jahre ist Hünseler immer wieder zu Reisen aufgebrochen, hat den Globus in alle Himmelsrichtungen erkundet. Mitgebracht hat er davon nicht nur Fotos, sondern immer wieder auch Gedichte, die Erlebtes, Gesehenes und Gedachtes in Poesie verwandeln.
"Es geht alles ein bisschen langsamer"
Hünseler, der fast zwei Jahrzehnte am Landestheater engagiert war und in diversen Gastrollen dem Theater bis heute verbunden geblieben ist, huldigt in seinen Gedichten einem klassisch anmutenden Ideal von Poesie. 83 Jahre alt ist Hünseler vor wenigen Wochen geworden, braucht inzwischen einen Stock beim Gang auf die Bühne. "Es geht alles ein bisschen langsamer", sagt Hünseler. Doch die wahre Stütze beim Gang durch das Leben ist ihm noch heute die Liebe zur Sprache, die Kraft der dichterisch geformten Sprache.
Dichterisches Tagebuch
Der Abend in der Reithalle wird zum dichterischen Tagebuch seiner Reisen, zur Einladung, ihn auf diesen erinnerten, in Versen festgehaltenen Reisen zuhörend zu begleiten. "Weiter Wege Letzteres" - mit diesem Titel knüpft Hünseler an die Titel zweier vorangegangener ähnlicher Abende an gleicher Stelle an ("Weiter Wege Heimgebrachtes" 2004 und "Weiter Wege Weiteres" 2007). Immer wieder mischen sich Abschiedsgedanken in diese Reiseerinnerungen, ohne sich darin freilich larmoyant zu verlieren.
Der Reisende ist hin und her gerissen zwischen der Vorfreude auf Neues und dem Schmerz des Abschieds: "Sieh doch, wie schön, / wie beseligt das Licht / der Sonne Abschied nimmt."
Auf der Suche nach Schönheit
Die Freude an der Schönheit der Sprache - das ist die Melodie von Georg Hünseleres Leben. "Auf weiten Wegen" hat Hünseler ein gut 180 Seiten umfassende Bändchen genannt, in dem Impressionen in Gedichten aus sieben Jahrzehnten versammelt sind. Der früheste Beitrag stammt vom knapp vierzehnjährigen Georg Hünseler, im April 1944 veröffentlicht im "Bochumer Anzeiger". In der Pause und am Ende findet dieses lyrische Extrakt eines poetischen Globetrotters viele Interessenten.
Berührende Gedichte
Der Blick des Weltreisenden Hünseler ist nie der Blick des eiligen Touristen. Er sammelt nicht vordergründig malerische Abendstimmungen oder Ansichten makelloser Strände. In der Begegnung mit Menschen und Natur sucht er vielmehr immer nach Schönheit und Erkenntnis. Wer unbedingt will, mag diese Haltung altmodisch nennen. Berührend sind Hünselers Gedichte in jedem Fall.
Aus dem Leben eines Schauspielers und Schriftstellers
Georg Hünseler wurde 1930 in Bochum geboren, wo er auch aufwuchs und früh mit dem Schreiben von Gedichten und Theaterstücken begann. Als 16-Jähriger hatte er bereits drei Stücke fertig. Hünseler absolvierte die Folkwangschule, hatte sein erstes Engagement in Castrop Rauxel, arbeitete für den Kölner Rundfunk und dichtete immer weiter - auch, nachdem er 1974 nach Coburg ans Landestheater gekommen war. Hier lernte ihn das Publikum in zahllosen Rollen kennen und schätzen - im einstigen Theater am Hexenturm ("Papa, Charly hat gesagt") ebenso wie später in der Reithalle (mit dem Solo "Die Sternstunde des Josef Bieder") oder immer wieder im Großen Haus in wichtigen Rollen ("Hauptmann von Köpenick"). Auch nach seinem offiziellen Abschied von der Coburger Bühne im Jahr 1993 ist Hünseler immer wieder als Gast im Landestheater zu erleben.
Rezitationen So begeisterte er in dieser Spielzeit als geflügelter Amor in Susanne Lietzows Shakespeare-Inszenierung "Viel Lärm um Nichts". Daneben stellte sich Hünseler wiederholt mit großem Erfolg als Autor wie als Rezitator mit eigenen Abenden vor.