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Fleischskandal: Alle wollen aufklären helfen


Autor: Simone Bastian

Coburg, Freitag, 21. Juni 2013

Wer K3-Fleisch als Lebensmittel in Verkehr bringt, begeht eine Straftat, sagt Dellert-Anwalt Horst Koller. Das Unternehmen hat Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Die Regierung prüft, die EU-Zulassung auszusetzen.
Der Coburger Schlachthof steht ab dem Wochenende zunächst still - laut Stadt für zunächst zwei Wochen, laut der Firma Dellert-Fleisch so lange, bis alles aufgeklärt ist. Dellert ist der größte Abnehmerbetrieb im Coburger Schlachthof. Foto: Volkmar Franke/www.hochbild-design.de


Aus den Geschäftsräumen der Firma Dellert sei in geringem Umfang K3-Fleisch an Metzgereien und Gastronomiebetriebe verkauft worden. So teilte es die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. "Mehr Informationen haben wir auch noch nicht", sagt Horst Koller. Der Anwalt aus Königswinter bei Bonn vertritt Dellert in dieser Angelegenheit, weil er, wie er sagt, ein Spezialist in Lebensmittelrecht sei.

Denn K3-Fleisch sei nicht unbedingt minderwertig, betont Koller. Zu K3 gehören eindeutig ungenießbare Dinge wie Hufe oder Horn. Aber auch anderes, durchaus essbares Fleisch kann als K3 deklariert werden, wenn es sich nicht verkaufen lässt, wie zum Beispiel Innereien. "Heutzutage werden sogar hochwertige Stücke zu K3 abdeklariert, weil man größere Gewinne damit machen kann.

In der Tierfutterbranche werden teilweise höhere Preise bezahlt als in der Lebensmittelbranche", sagt Koller: Klar sei aber auch: Was einmal K3 war, könne nicht mehr zum Lebensmittel hochdeklariert werden. Wer das tue, betont der Anwalt, begehe eine Straftat.

Aber erst mal müsse aufgeklärt werden, ob diese Straftat begangen wurde und von wem. "Ich setze auch auf die Unterstützung und Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft. Das muss aufgedeckt werden, was da los war." Deshalb begrüße es auch die Firma Dellert, dass der Coburger Schlachthof für zwei Wochen geschlossen wird.

Zweiwöchige Schließung

Das hat am Donnerstag der Coburger Oberbürgermeister Norbert Kastner (SPD) veranlasst, als die Pressemitteilung von der Staatsanwaltschaft kam. Kastner sprach von einer zweiwöchigen Schließung. Laut der Dellert-Stellungnahme bleibt der Schlachthof geschlossen, "bis die Ermittlungen abgeschlossen sind". Außerdem werde Dellert "die Konsequenzen ziehen", sollte sich der Verdacht bestätigen, dass im Namen der Firma K3-Fleisch als Lebensmittel verkauft wurde.

Konsequenzen will auch die Regierung von Oberfranken ziehen, nachdem die Staatsanwaltschaft ihren Ermittlungsstand veröffentlicht hat: "Die Regierung von Oberfranken nimmt diese Mitteilung zum Anlass, die Aussetzung der EU-Zulassung gegenüber der Firma Dellert zu prüfen", teilte am Freitag Corinna Börner, die Pressesprecherin der Regierung von Oberfranken, auf Anfrage mit.

Eine EU-Zulassung brauche im Prinzip jeder Metzgereibetrieb, der selbst schlachtet, erläutert Ralf Luther, der Obermeister der Fleischerinnung Coburg. Auch die Metzger, die nur Fleischteile zukaufen, brauchen eine EU-Zulassung, wenn sie ihre Ware auch über Filialen oder andere Einzelhändler vertreiben. In der Innung sind 18 der insgesamt 72 Metzgereibetriebe in Stadt und Landkreis Coburg zusammengeschlossen. Die Handwerkskammer listete zum Stichtag 31. Dezember 2012 neun Metzgereien in der Stadt und 63 im Landkreis auf.

Opfer oder Mittäter?

Dass - wie die Staatsanwaltschaft sagt - kleinere Metzgereien und Gaststätten die Abnehmer des umdeklarierten K3-Fleischs waren, treibt Luther um. Möglicherweise wurde ihnen das Fleisch untergeschoben, dann wären sie und ihre Kunden die Betrogenen. Aber vielleicht wussten sie es auch und betrogen mit. Sollte sich ein Innungsbetrieb als Mittäter erweisen, werde ihm das "F" entzogen, droht Luther. Dieses Symbol des Deutschen Fleischerverbands sei ein eigenes Markenzeichen; wer es führen wolle, gehe gewisse Verpflichtungen ein.

Die Innung habe der Staatsanwaltschaft, dem Ordnungsamt und der Lebensmittelüberwachung ihre Unterstützung angeboten, sagt Luther. So könne die Innung bei detaillierten Zerlegekalkulationen helfen. Denn eigentlich muss alles Fleisch, das den Schlachthof verlässt, sei es als Lebensmittel, Hundefutter oder Abfall, gewichtsmäßig erfasst sein. "Wie viel Bratenfleisch, Rouladen, Steakhüfte und Knochen stecken in einer Rinderkeule", benennt Luther die Fragestellung. Bei den Gewichtskontrollen im Schlachthof ist aber offenbar nie aufgefallen, dass K3-Fleisch fehlte.