Seit Schulzeiten verfolgt Roland Fister der Gedanke, Oscar Wildes Roman zu vertonen. Am Landestheater Coburg wird dieser Traum endlich Bühnenwirklichkeit.
Wird der 8. Juni 2013 zum historischen Datum für das Landestheater? Immerhin darf sich Coburgs Musentempel dann bei einer Musiktheater-Premiere im großen Haus zum ersten Mal nach vielen Jahren wieder mit dem Etikett Uraufführung schmücken. Denn am 8. Juni wird Roland Fisters "Dorian Gray" erstmals über die Bühne gehen - inszeniert von Coburgs Intendant Bodo Busse, der sich damit in seiner dritten Spielzeit erstmals auch als Regisseur vorstellen wird.
Fister, langjähriger 2. Kapellmeister und Studienleiter am Landestheater, präsentiert sich dabei nicht nur als Komponist, sondern auch als Autor. Schließlich hat er Oscar Wildes Roman über das ausschweifende Leben eines Schönlings eigenhändig in ein Textbuch verwandelt.
"Musical Opera" nennt er sein Werk im Untertitel.
Wie fühlt es sich an, endlich die gedruckten Noten in der Hand zu halten?Roland Fister: Es fühlt sich natürlich gut an - vor allem mit dem professionellen Layout der Titelseite, das mir unser Ausstatter Michael Heinrich entworfen hat.
Die Aufführungsvertrag ist unterschrieben, die Probenarbeit wird im April beginnen, viele Details für Werbung, Inszenierung sind noch zu klären: Wie geht's Ihnen?Eigentlich ganz entspannt - komischerweise. Auch wenn ich natürlich weiß, dass sich das bald ändern wird. Im Moment geht es noch darum, möglichst viel anzuleiern. Denn natürlich möchte ich, dass die Produktion möglichst gut gelingt, dass möglichst viele Besucher ins Theater kommen und "Dorian Gray" möglichst oft gespielt wird.
Mein Traum ist natürlich, dass das nicht die klassische musikalische Eintags-Fliege wird, die nach der Uraufführung nirgendwo nachgespielt wird.
Sie bezeichnen "Dorian Gray" im Untertitel als "Musical Opera". Wie sind Sie auf diese Bezeichnung gekommen?Den Begriff gab es vorher ja eigentlich noch gar nicht. Wir haben lange hin und her überlegt. Letztlich glaube ich, trifft es den Charakter des Stücks ganz gut. Wobei der Zusatz nicht so zu verstehen ist, als wollten wir uns damit selbst adeln. Ich stehe natürlich zum Genre Musical.
Wann haben Sie eigentlich mit der Komposition begonnen?Ganz genau kann ich das gar nicht sagen. Im Grunde hatte ich die Idee schon zu Schulzeiten. Im Leistungskurs Englisch haben wir Oscar Wildes Roman "Picture of Dorian Gray" gelesen. Und ich hab' gedacht, das schreit doch danach, vertont zu werden.
Als ich dann in Coburg angefangen habe, habe ich gedacht, jetzt ergibt sich vielleicht die Gelegenheit, mit professionellen Sängern mal erproben zu können, wie dieser Stoff auf der Bühne wirken könnte.
Und sind Sie dann tatsächlich dazu gekommen?In den ersten Jahren nicht. Sechs Seiten Klavierauszug - mehr ist zunächst nicht herausgekommen und ich habe den Stoff zur Seite gelegt. Vor fünf, sechs Jahren habe ich dann aber wieder angefangen und schließlich gedacht: So schlecht ist das vielleicht doch nicht.
Gab es da schon konkrete Versuche, eine Aufführung anzustreben?Ich habe mich damals ganz bewusst nicht selbst unter Druck gesetzt, habe zunächst nur zum eigenen Spaß komponiert. Die eigentliche Komposition war dann vor rund zwei Jahren fertig.
Als sich dann abgezeichnet hat, dass "Dorian Gray" in der Saison 2012/2013 auf den Spielplan kommen wird, habe ich genug Zeit gehabt, das Stück ganz gemütlich zu orchestrieren.
Wie sieht die Orchesterbesetzung aus?Im Grunde die klassische Orchesterbesetzung, wie man sie üblicherweise an einem Drei-Sparten-Theater findet. Als besonderen Akzent habe ich mir eigentlich nur ein Saxofon gegönnt, um die Figur des Lord Henry zu charakterisieren.
Haben Sie schon andere Werke komponiert?Für die Öffentlichkeit noch nicht. In unserer Familie gibt es allerdings die Tradition, zu diversen Feierlichkeiten eigene Stücke zu komponieren. Das ist dann meist an mir hängengeblieben.
Zum Saisonauftakt haben Sie als Appetitanreger den Prolog präsentiert und das Publikum begeistert.
Aus der Sicht des Interpreten: Wie dirigiert sich das Werk?Es ist schon schwierig - leider. Rhythmisch habe ich da doch einige Fußangeln hineinkomponiert.
Der Komponist Roland Fister begann nach einem abgeschlossenen Schlagzeugstudium mit einem Dirigierstudium bei Peter Gülke, das er 2000 mit Diplom abschloss. Diverse Meisterkurse ergänzten die Ausbildung. Fister arbeitete als Assistent von Thomas Hengelbrock und Yakov Kreizberg. Im Jahr 2001 wurde Fister als Kapellmeister ans Landestheater engagiert.
Premieren-Tipp "Dorian Gray" - "Musical Opera", Text und Musik von Roland Fister, 8.
Juni, Landestheater Coburg; Inszenierung: Bodo Busse; Bühnenbild und Kostüme: Michael Heinrich
Roman-Vorlage Oscar Wildes Roman "Das Bildnis des Dorian Gray" (The Picture of Dorian Gray) wurde 1890 erstmals veröffentlicht. Die Hauptfigur ist der reiche Schönling Dorian Gray, der ein Porträt besitzt, das an seiner Stelle altert. Die Spuren seines lasterhaften Lebens graben sich ein in dieses Gemälde, während Dorian selbst jung und makellos schön bleibt. Das Werk lieferte die Vorlage für zahlreiche Ballett-Choreografienund erlebte zudem schon eine Reihe von Bühnenfassungen und Verfilmungen.