Emphase verwandelt sich in Klang

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Intensiver musikalischer Dialog: Chorleiter Karl Zepnik und das "Mendelssohn Vocalensemble" beim Gastspiel in Coburg. Foto: Jochen Berger
Intensiver musikalischer Dialog: Chorleiter Karl Zepnik und das "Mendelssohn Vocalensemble" beim Gastspiel in Coburg. Foto: Jochen Berger
 
 
 
 
 
 
 
 
 

So wird das Coburg-Gastspiel des "Mendelssohn Vocalensembles" zum faszinierenden künstlerischen Erlebnis.

Für Freunde anspruchsvoller Chormusik wird dieses Gastspiel in der Coburger Heilig-Kreuz-Kirche zum Glücksfalls. Und für den Coburger "Verein", der dieses Konzert präsentiert, wird der Nachmittag zum krönenden Abschluss seines Jubiläums-Wochenendes. Geistliche Werke der Romantik verspricht das "Mendelssohn Vocalensemble" unter seinem Leiter Karl Zepnik - und schenkt dem Publikum exzellentes Hörvergnügen.
Augen zu und genießen. Und zwischendurch die Frage: Wie groß müsste eigentlich ein Chor sein, der bei Bedarf ein solches Klangvolumen erzeugen kann wie dieses "Vocalensemble" mit seinen zwei Dutzend Stimmen? Schon der Anfang lässt aufhorchen: "Sommarpsalm" des schwedischen Komponisten Gustav Waldemar Ahlén.



Mit großer Intensität

Das "Vocalensemble" singt diesen Chorsatz in verteilter Aufstellung rings herum im Hauptschiff von Heilig Kreuz und beeindruckt sogleich mit bemerkenswert tragfähigem Klang. Zwei romantisch gefärbte Spiritualbearbeitungen von Roy Ringwald ("Precious Lord") und Moses Hogan ("Hear my Prayer") belegen die Fähigkeit des Ensembles, dynamisch fein differenziert zu singen.

Beeindruckend dann ein Block mit drei Motetten Anton Bruckners: "Ave Maria", "Locus iste" und "Christus factus est". Hier wird deutlich, worauf Zednik als Dirigent besonders achtet - auf weit ausschwingende, spannungsvoll geformte melodische Bögen. Mit fein differenzierter, bisweilen emphatisch gesteigerter, geradezu beschwörender Gestik entfaltet Zepnik Bruckners große melodische Linien mit packender Intensität.
Zepnik gestaltet im Ausdruck stets mit Nachdruck textbezogen, ohne freilich auf besonders plastische Artikulation des Textes vorrangig Wert zu legen.

Vielmehr setzt Zepnik bevorzugt auf effektvoll ausgereizte dynamische Kontraste vom zarten, fast unhörbaren Pianissimo bis zu einem extrem kraftvollen, durchdringenden Fortissimo, das die Lautstärke eines großen Oratorienchors scheinbar mühelos erreicht.


Begeisterter Beifall

Der Begriff "Vocalensemble" statt Kammerchor ist offenkundig mit Bedacht gewählt, balanciert dieser vokale Klangkörper doch immer wieder genau auf der Grenze zwischen fast solistischer Besetzung und schlankem Kammerchor. Beinahe zwangsläufig führt diese kleine Besetzung dazu, dass der Klang zwischen den Stimmgruppen, aber auch innerhalb der einzelnen Stimmgruppen nicht immer völlig homogen wirkt.

Sechs Motetten Felix Mendelssohn-Bartholdys ist der zweite Teil des rund einstündigen Programms vorbehalten. Mit ihren weichen und weit ausgreifenden melodischen Bögen, mit ihrer Ausdrucksfülle bieten sie dem "Mendelssohn Vocalensemble" die Gelegenheit, seine Stärken bestens zur Geltung zu bringen.

Reaktionsschnell und mit rückhaltlosem Einsatz verwandelt das Ensemble die sorgsam differenzierten gestalterischen Impulse seines Leiters in Klang. Kein Wunder, dass das Publikum am Ende des Konzerts in Heilig Kreuz begeistert ausdauernd applaudiert.


Zu den Interpreten


Das Mendelssohn Vokalensemble


wurde von Karl Zepnik als Auswahlensemble gegründet, um anspruchsvolle Chormusik auf hohem Niveau zu interpretieren. Der Erfolg zeigt sich u.a. an zahlreichen Preisen und Auszeichnungen bei Internationalen Chorfestivals und Wettbewerben. Das Repertoire des Chores umfasst weltliche und geistliche A-cappella-Werke von der Renaissance bis zur Gegenwart. Ein Schwerpunkt liegt im Bereich der Chormusik der Romantik sowie der Uraufführung zeitgenössischer Kompositionen.


Chorleiter Karl Zepnik

Zepnik ist ausgebildeter Dirigent, Sänger und Chorpädagoge und seit 2007 künstlerischer Leiter der Bayerischen Musikakademie Marktoberdorf.