Druckartikel: "Elchtest" am Landestheater Coburg

"Elchtest" am Landestheater Coburg


Autor: Jochen Berger

Coburg, Mittwoch, 28. November 2012

Tobias Materna (Regie) und Till Kuhnert (Ausstattung) bringen am Landestheater Coburg Jaan Tättes "Elchtest" auf die Bühne der Reithalle und entdecken in der Kunst das Leben.
Regisseur Tobias Materna (links) und Ausstatter Till Kuhnert bei der technischen Einrichtung für die Coburger Erstaufführung von Jaan Tättes "Elchtest" in der Reithalle. Foto: Jochen Berger


Coburg — Die Coburger Erstaufführung von Jaan Tättes "Elchtest" ist die dritte gemeinsame Arbeit von Regisseur Tobias Materna und Ausstatter Till Kuhnert am Landestheater. Das Stück feiert am Samstag Premiere auf der Studiobühne in der Reithalle.

Tageblatt: Sie haben vor knapp einem Jahr Schillers "Maria Stu art" in Coburg auf die Bühne gebracht. Was haben Sie seitdem gemacht?
Tobias Materna: Zunächst habe ich im Allgäu ein Schulprojekt gemacht - "Clockwork Orange" auf einem alten Fabrikgelände. Das war wirklich sehr interessant mit Schülern zu arbeiten, die total motiviert waren und sich natürlich gefreut haben, weil sie in dieser Zeit nicht in die Schule mussten. In Bregenz habe ich dann "Die Grönholm-Methode" gemacht - ein sehr spannendes Stück.

Und schließlich in Wiesbaden ein neues Stück von John von Düffel "Alle 16 Jahre im Sommer".

Wie lässt sich in zwei, drei Sätzen "Elchtest" beschreiben?
Tobias Materna: Das ist schwierig. Im Kern geht es um die Frage: Was machen wir aus unserem Leben. Es handelt von einem sehr erfolgreichen Geschäftsmann Anfang 40, der sich in all seinem Erfolg plötzlich fragt: Bin ich das wirklich? Und der dann beschließt, in die Natur zu gehen. Die Menschen dort halten ihn zunächst für eine Art Guru. Als er dann aber sein Geld verschenkt, kommt schlagartig niemand mehr zu ihm. Der Schluss bleibt offen - das ist mir auch wichtig, damit die Zuschauer die Chance bekommen, sich zu fragen, wo stehe ich selber denn?

Wie alt sind Sie eigentlich?
Tobias Materna: Da muss ich nachrechnen. 42 - nein, Moment mal, 41.

Sie sind also in dem Alter wie die Hauptfigur dieses Stücks. Wann steigen Sie aus?
Tobias Materna: Im Grunde steige ich eigentlich permanent aus, nur nicht ganz so radikal. Seit ich vor einigen Jahren aus dem festen Engagement gegangen bin und freiberuflich arbeite, steige ich eigentlich jedes Mal aus, wenn eine Produktion fertig ist und Premiere gefeiert hat. Das ist ja das Tolle in unserem Beruf, dass sich nicht immer alles endlos wiederholt. Ich finde es wahnsinnig wichtig, mal inne zu halten, zurück zu schauen. Das ist ja das Schöne in meinem Alter. Man hat schon etwas geschafft, aber auch noch ein gutes Stück vor sich. Darum geht es auch in diesem Stück.

Inne zu halten - gelingt Ihnen persönlich das?
Tobias Materna: Mir gelingt das tatsächlich - eben durch die Art, wie ich meinen Beruf lebe als freischaffender Regisseur, der nicht fest an einem einzigen Haus arbeitet.

Wie sieht das Coburger Ausstattungskonzert aus?
Till Kuhnert: In "Elchtest" geht es um den ständigen Wechsel zwischen Innen- und Außenraum. Ich habe dafür bewusst eine abstrakte Lösung gesucht, bei der man nie ganz genau weiß, wo man eigentlich ist, drinnen oder draußen. Wir zeigen zwei Räume in einem einzigen Raum.

Und wie verwandelt sich der Raum?
Till Kuhnert: Die Verwandlung geht nur durch das Licht. In der Reithalle wäre das auch gar nicht anders möglich, weil technische Umbauten auf offener Bühne schlecht geht.
Tobias Materna: Mir geht es um den fließenden Wechsel der Ebenen und Zeiträume.

Wie wichtig ist Ihnen bei allem Wechsel trotzdem der Faktor Kontinuität? Mit Ihrem Ausstatter Till Kuhnert gestalten Sie jetzt in Coburg bereits ihre dritte gemeinsame Produktion.
Tobias Materna: Natürlich ist es gut, wenn man weiß, wie der andere tickt, was der andere will. Das erleichtert die Arbeit. Till Kuhnert und ich arbeiten schon seit vielen Jahren zusammen. Durchschnittlich machen wir pro Jahr eine gemeinsame Produktion. Gleichzeitig achte ich aber schon darauf, dass ich immer wieder auch mit neuen Leuten arbeite, um immer wieder auch neue Sichtweisen kennen zu lernen.

Sie haben als Ausstatter fast pa rallel zu Elchtest auch den "Lebkuchenmann" betreut, der soeben Premiere gefeiert hat. Wie stressig war das für Sie?
Till Kuhnert: Stressiger als ich eigentlich gedacht habe. Ich hatte das früher noch nie gemacht - zwei Premieren innerhalb von einer Woche.

Nach drei Produktionen am Landestheater: Wie gut kennen Sie Coburg inzwischen?
Tobias Materna: Zumindest die Innenstadt kenne ich inzwischen ziemlich gut, weil ich viel zu Fuß unterwegs bin. Ich genieße es, kein Auto zu brauchen, Spaziergänge im Hofgarten zu machen. Aber was ich - anders als Till Kuhnert vor zwei Jahren bei der Probenarbeit zu "Sein oder Nichtsein- noch nicht geschafft habe: Schlitten zu fahren im Veilchental. Außerdem hatte ich eigentlich vor, ein bisschen die Gegend zu erkunden. Aber das hab' ich wieder nicht geschafft.

Sehen Sie sich die eigenen Premieren immer an oder halten Sie das vor Stress nicht aus und kommen erst zum Schlussapplaus?
Till Kuhnert: Früher bin ich nie in meine Premieren gegangen. Jetzt schließe ich mich eigentlich immer den jeweiligen Regisseuren an.
Tobias Materna: Ich halte es nicht aus, still im Zuschauerraum zu sitzen. Gleichzeitig fände ich es sehr komisch, mich am Schluss zu verbeugen und nicht zu wissen, wie's gelaufen ist. Deswegen suche ich immer einen Platz, wo ich's mitbekomme, ohne unbedingt im Zuschauerraum zu sitzen.

Wo werden Sie in der Reithalle die Premiere verfolgen?
Das weiß ich jetzt noch gar nicht. Vielleicht in der Beleuchterkabine.

Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Jochen Berger.