Egon Griebel erhielt die Bundesverdienstmedaille
Autor: Simone Bastian
Coburg, Montag, 28. Januar 2013
Für seine Verdienste und sein unermüdliches Engagement für die Belange Amputierter erhielt Egon Griebel am Montag die Bundesverdienstmedaille. Der 65-Jährige, der im Alter von 22 Jahren beide Beine bei einem Unfall verlor, sei nicht "trotz, sondern wegen seiner eigenen Betroffenheit aktiv", würdigte ihn Coburgs Oberbürgermeister Norbert Kastner (SPD).
"Mir wär's lieber, hier wären noch 20 andere und ich könnte mich ganz hinten hinsetzen." Egon Griebel arbeitet lieber im Hintergrund, wie er selbst sagt. Am Montag aber musste er in der Regimentsstube im Rathaus in die erste Reihe. Der 65-Jährige hat die Bundesverdienstmedaille erhalten, die vom Bundespräsidenten verliehen wird. Gewürdigt wurde damit Griebels jahrzehntelanges Engagement für amputierte Menschen: Vor 43 Jahren, mit 22, hat er beim Rangieren eines Zuges beide Beine verloren. Sieben Waggons hatten ihn überrollt. Danach hat er sich selbst buchstäblich auf neue Füße gestellt und hilft seither anderen, das ebenfalls zu tun.
Meist beginnt das damit, dass Egon Griebel Betroffene im Krankenhaus besucht. Wegen Diabetes oder Krebs werden immer wieder Gliedmaßen amputiert. Arbeitsunfälle wie seiner sind seltener geworden, erzählt Griebel.
Selbsthilfegruppe mitbegründet
Er hat im Jahr 2000 die Selbsthilfegruppe der Arm- und Beinamputierten Bayern mitbegründet. Bei zahlreichen anderen Selbsthilfegruppen in ganz Deutschland sowie in Österreich stand er Pate. Außerdem war er an der Gründung des Bundesverbands beteiligt. "Du hinterlässt deutschlandweit Deine positiven Spuren", sagte Oberbürgermeister Norbert Kastner (SPD), der die Bundesverdienstmedaille an Griebel aushändigte.
Aber Egon Griebel berät nicht nur Betroffene, sondern auch Helfer, zum Beispiel die Orthopädietechniker. Seine Messeauftritte führen ihn schon bis in die USA. Er stellt sich als lebendes Modell für die Ausbildung von Pflegekräften zur Verfügung, er testet Prothesen an sich selbst. "Derzeit hab ich elektrische", scherzt er. "Damit werde ich gar nicht mehr müde." Diese Prothesen, die nachts an der Steckdose aufgeladen werden müssen, erkennen den Untergrund und auch, ob es bergauf oder bergab geht.
Ein lebendes Beispiel und Vorbild
"Du bist für Betroffene und Angehörige ein lebendes Beispiel und absolutes Vorbild!", sagte Norbert Kastner. "Aber Du brauchst auch Mitstreiter." Die hat Egon Griebel in der Selbsthilfegruppe, in der Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen und vor allem seiner Familie gefunden: Seine Frau Inge, die es mitträgt, dass er daheim sein Büro hat und fast rund um die Uhr erreichbar ist, die fünf Kinder, die zehn Enkel, die zwei Urenkel. Ohne die Söhne Rainer und Matthias Müller könnte er sich ohnehin nicht so engagieren, denn die fahren ihn zu seinen Terminen außerhalb von Coburg. Selbst Auto fahren kann er nicht mehr.
Aber das hält ihn nicht auf. Einmal in der Woche ist er im Sonneberger Klinikum, wo diabetesbedingte Amputationen vorgenommen werden. Donnerstags um 9 Uhr ist Stammtisch für die Selbsthilfegruppen im Klinikum. Wenn es sein muss, fährt er auch nach Bad Staffelstein und Neuhaus am Rennweg, um Betroffene zu beraten. Für seine Sache ging er auch schon ins Fernsehen und gab Radiointerviews. Außerdem organisiert er für seine Gruppe jährlich Reisen. 2012 ging es nach England - unter anderem in eine Prothesenfabrik.
"Du bist für die hiesige Soziallandschaft ein ganz wichtiger Mann! Du machst auch Mut!", betonte Jürgen Heike, Landtagsabgeordneter der CSU. Er hatte Griebel für die Bundesverdienstmedaille vorgeschlagen ("es war mir eine Ehre"). Die Sozialmedaille des Freistaats Bayern hat Egon Griebel schon 2005 erhalten.