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Diskussionsabend bei Designtagen: Brauchen wir noch Architekten?


Autor: Jochen Berger

Coburg, Donnerstag, 23. Mai 2013

Zwischen teurer Protzerei und langweiliger Dutzendware ist die Architektur irgendwo im Niemandsland des Mittelmaßes gelandet. Das zumindest meint Holger Reiners. Seine bewusst provokant formulierten Thesen stellt er bei den Coburger Designtagen zur Diskussion.
Urbaner Ort: der Coburger Theaterplatz, vom Dach des Landestheaters aus gesehen. Vor der Umgestaltung gab es reichlich kontrovers geführte Diskussionen. Foto: Jochen Berger


Beim Thema Architektur wird Holger Reiners zum leidenschaftlichen Provokateur. "Brauchen wir noch Architekten?" hat der als Autor und freiberuflicher Planer tätige Reiners sein neues Buch betitelt.
Und wer sich in Coburg an endlose und oft fruchtlose Diskussion über beinahe jedes Stadtentwicklungsprojekt und die damit verbundenen Bauten erinnert, ist sehr versucht, ihm auf seine polemische Frage mit einem frustrierten "Nein" zu antworten.

Diskussionsabend in der "Holzbox"

Dass diese provokant formulierte Frage zu ungerechten Antworten oder Schlussfolgerungen verleiten kann, weiß Reiners natürlich auch.
Spannende Diskussionen lassen sich deshalb erhoffen, wenn Reiners sein Buch im Rahmen der Coburger Designtage vorstellen wird, die in diesem Jahr zwischen dem 28. Mai und dem 2. Juni ihre 25. Auflage erleben werden.


Das Designforum Oberfranken und die Buchhandlung Riemann präsentieren Reiners bei freiem Eintritt mit einem Autorenvortrag am Donnerstag, 30. Mai (19 Uhr), in der "Holzbox" auf dem ehemaligen SÜC-Gelände am Schillerplatz.

"Geschossflächenbrei"
Dabei möchte Reiners mit seiner provozierenden Frage freilich nicht vordergründig polemisieren, sondern vielmehr zu einem "freundschaftlich kritischen Umgang mit Architekten und Architektur" anregen. Angesichts öder Vororte in vielen Städten, angesichts klotzigen "Geschossflächenbreis" fordert er die Architekten auf, ihre Entwürfe sehr viel intensiver und häufiger der Diskussion auszusetzen.


"Logenbruderschaften der Selbstgefälligkeit"

Harsch kritisiert Reiners die Rolle der Architektenkammern, die er als "Logenbruderschaften der Selbstgefälligkeit" brandmarkt. Zwischen teurer Protzerei und architektonischer Dutzendware fragt er sich, ob die einst reiche deutsche Baukultur vom architektonischen Mittelmaß erdrückt und damit zu "Opfern der Baumarkt-Dilettanten" werde.


Damit ist Reiners bei seiner zentralen Frage - der Frage, ob Architekten "noch einen wirklich relevanten Beitrag zum Baugeschehen leisten". Seine Meinung ist unmissverständlich: "In jedem Fall spielen Architekten bei Planung und Realisierung im Individualbau kaum noch eine prägende Rolle."


Engagiert beschäftigt er sich mit den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen architektonischer Versäumnisse: "Müssen Sozialwohnungen immer so aussehen, dass sie schon bei der Planung am Bildschirm den ästhetischen Abstand zum frei finanzierten Wohnungsbau erkennen lassen?" Der Band will keine Stilkunde guter zeitgenössischer Architektur sein, sondern ein Angebot zur Diskussion. Reiners stellt Thesen auf, provoziert immer wieder bewusst und bleibt doch zwangsläufig ein wenig pauschal in der Argumentation.


Die konkreten Beispiele fehlen, Illustrationen beispielsweise, die als positive wie negative Beispiele seine Einschätzungen veranschaulichen könnten.


Autorenvortrag und Diskussion in der "Holzbox" auf dem ehemaligen SÜC-Gelände

Holger Reiners ist freiberuflicher Planer in Hamburg und Autor zahlreicher Bücher zu den Themen Architektur, Einfamilienhausbau und Wohnen. Er ist Gastdozent an der Architekturfakultät in Kaiserslautern. Seit 1998 stiftet er den Architektur-Preis zur Förderung zukunftsorientierter Einfamilienhaus-Architektur mit baukünstlerischem Anspruch.

Buch-Tipp Holger Reiners: "Brauchen wir noch Architekten?", Deutsche Verlags-Anstalt, 176 Seiten, gebunden; 17,99 Euro.
Termin Donnerstag, 30. Mai, 19 Uhr: Autorenvortrag und Diskussion mit Holger Reiners: "Brauchen wir noch Architekten?", "Holzbox", ehemaliges SÜC-Gelände, Schillerplatz 1, Coburg (Veranstalter: Coburger Designforum Oberfranken
Eintritt frei)
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