Druckartikel: Die Orgel der Coburger Morizkirche zum Singen bringen

Die Orgel der Coburger Morizkirche zum Singen bringen


Autor: Jochen Berger

Coburg, Montag, 25. Februar 2013

Wie Deutschlands jüngste Orgelprofessorin das Coburger Publikum beeindruckt: Mareile Schmidt konzertiert in St. Moriz.
Mühelose Brillanz und sensibles Stilgefühl: Mareile Schmidt gastiert an der Coburger Schuke-Orgel. Foto: Jochen Berger


Frostige Temperaturen empfangen die Besucher in der Coburger Morizkirche. Und droben auf der Empore über dem Haupteingang wartet eine kalte Orgel mit kalten Tasten auf die Organistin Mareile Schmidt. Kein Heizstrahler in Sicht und auf der Notenablage ein anspruchsvolles deutsch-französisches Programm zwischen Barock und klassischer Moderne, zwischen Johann Sebastian Bach und Marcel Dupré.

Orgelspiel mit kalten Händen? "Kein Problem", sagt Mareile Schmidt und lächelt: "Die Finger werden beim Spielen schnell warm." Tatsächlich: Die Kälte ist schon nach wenigen Takten ihrer einleitenden Improvisation vergessen. So mühelos und selbstverständlich verwandelt sie den Choral "Herzliebster Jesu" in eine Partita im barocken Stil.

Dazu lässt sie die Choralmelodie in einigen Variationen durch die Stimmen wandern, umrankt von virtuosen Figurationen in der Begleitung.

Mit feinsten Nuancen

Mareile Schmidt, 2010 als jüngste Orgelprofessorin Deutschlands an die Bayreuther Hochschule berufen, verbindet in ihrem Musizieren virtuose Technik mit sensiblem Stilgefühl. Dabei führt sie ihre Virtuosität nie auftrumpfend vor, sondern setzt sie immer als ganz selbstverständlich anmutendes Mittel ein, das ihr jederzeit gestalterische Freiheit garantiert. Das Resultat sind Interpretationen, die technisch scheinbar mühelos klingen. Auch im dichten Geflecht lässt sie die Stimmen lebendig atmen wie in César Francks "Prélude, Fugue et Variation". Selten hört man dieses Werk so fließend und melodisch singend bis in die letzte Figuration hinein.
Schon hier demonstriert sie ganz nebenbei, über welchen Klangfarbenreichtum die dreimanualige Schuke-Orgel der Morizkirche verfügt. Ihre feinfühlig abgestufte Registerwahl wirkt beinahe wie eine orchestrale Instrumentierung. Das gilt dann auch bei Marcel Duprés "Lamento", das sie mit feinen farblichen Nuancen versieht und mit großer Intensität gestaltet. Dass zwischen Musik und Interpret ein mechanisches Instrument wie die Orgel steht, vergisst man bei ihrem Spiel völlig.

Zwischen Franck und Dupré erklingt Johann Sebastian Bachs großes a-Moll-Präludium mit Fuge (BWV 543), von Mareile Schmidt mit großem Atem und weiten Bögen musiziert. Selbst in der dichtesten Polyphonie verbindet sie Transparenz der Stimmführung mit fein differenzierter Artikulation und gesanglicher Phrasierung.

Brahms als Zugabe

Felix Mendelssohn-Bartholdys Präludium und Fuge d-Moll op. 37,3 musiziert sie dann mit großer Klangfülle und hymnisch im Gestus. Den Abschluss bildet eine weitere Improvisation über den Choral "Herzliebster Jesu" - zwei Skizzen zwischen gedeckten Klangfarben und energischer Akkordik.
Auch die Zugabe fügt sich dann ganz selbstverständlich ein in das klug komponierte Programm - die späte Choralbearbeitung über "Herzliebster Jesu" aus Opus 122 von Johannes Brahms. Das Publikum dankt mit begeistert ausdauerndem Beifall für ein außergewöhnliches Orgelkonzert.


Sie musizieren in der Coburger Morizkirche


Mareile Schmidt studierte in Köln Kirchenmusik, Orgel, Cembalo und Klavierpädagogik. Das Konzertexamen Orgel legte sie in der Klasse von Johannes Geffert ab. Sie erhielt Stipendien der Studienstiftung des Deutschen Volkes, des Deutschen Musikrats und spielte mehrfach für die Bundesauswahl Konzerte junger Künstler. Mareile Schmidt konzertierte unter anderem im Leipziger Gewandhaus, der Essener Philharmonie, in Minsk und in London. Im Februar 2010 spielte sie das gesamte Orgelwerk von Johann Sebastian Bach in zwölf Konzerten innerhalb eines Monats. Nach Lehraufträgen für Orgelimprovisation an den Musikhochschulen Köln und Stuttgart wurde sie 2010 im Alter von 27 Jahren als damals jüngste Orgelprofessorin Deutschlands auf eine Professur für Orgel an die Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayreuth berufen.

Ausblick Samstag, 9. März, 19.30 Uhr St. Moriz - Windsbacher Knabenchor
Karfreitag, 29. März, 15 Uhr, St. Moriz - "Mein Gott, warum hast du mich verlassen", Andacht zur Sterbestunde Christi: Kantorei St. Moriz, Leitung und Orgel: Peter Stenglein