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Die Frauen-Union, die Quote und das Männer-Problem


Autor: Simone Bastian

Coburg, Sonntag, 30. Dezember 2012

"Nein, wir sind kein Kaffeekränzchen!", sagen die drei Vertreterinnen der CSU-Frauenorganisation fast empört. Ein Gespräch um Frauen und Politik und darüber, warum Frauen mit der (Kommunal-)Politik eher fremdeln - und was die Männer damit zu tun haben.
Irm Titz, Mitbegründerin und Urgestein. Fotos: Simone Bastian


Birgit Weber stellt einen Teller mit Schokokugeln auf den Tisch im Besprechungszimmer der CSU-Geschäftsstelle. Symbolisch dafür, dass Frauen immer dafür sorgen, dass Dinge immer auch eine leichte, süße Seite haben? Die (noch) 48-Jährige ist sowohl Vorsitzende des CSU-Kreisverbands Coburg-Stadt als auch der Frauen-Union (FU). Die Frauenorganisation der CSU hat 2012 ihr 40-jähriges Bestehen in Coburg gefeiert - und Birgit Weber stellte fast im Alleingang einen Festball im Kongresshaus auf die Beine - gegen alle Skeptiker(innen), die meinten, das klappe doch nie.

Die Frauen-Union - zuständig fürs Gesellige? Das Bild steckt in den Köpfen, räumt Anna Boldt ein: "Frauen-Union war für mich auch eher Kaffeekränzchen." Doch seit der Gründung in Coburg vor 40 Jahren, sagt Irm Titz, haben sich die Damen bei ihren monatlichen Treffen auch immer mit politischen Themen befasst.

Zuletzt informierten sie in der Fußgängerzone mit einem Stand zum Thema "Alterssicherung für Frauen". Es gibt sogar in der CSU eine Frauenquote. "Wir sind schon ein bisschen renitent", sagt Birgit Weber kokett.

Es fehlen die Frauen

Die Quote - da offenbart sich der Generationenkonflikt: Irm Titz, ehemalige Stadträtin und Gründungsmitglied, ist dafür. Anna Boldt hofft, dass Frauen mit Qualität sich ohne Quote durchsetzen. Birgit Weber denkt inzwischen anders: "Ohne die Quote haben es Frauen schwerer. Mit der Quote werden sie platziert, und wenn sie dann zeigen, was sie können, ist es in Ordnung. Alle Parteien machen das. Und der Herr Seehofer hat ja nicht die Frauenquote aufs Tapet gebracht, weil er uns so toll findet. Dem sind die Wählerinnen wegmarschiert, die Frauen unter 40."

Auch die Coburger CSU hat sich für die nächsten Wahlen eine Quote verordnet, auf Anregung von Irm Titz: Von zehn Kandidaten auf der Stadtratsliste sollten vier Frauen sein. Doch die Kandidatinnensuche gestaltet sich schwierig, wie Birgit Weber einräumt: "Wir haben junge Frauen, die sich bei der Jungen Union und den Jungen Coburgern engagieren. Aber die nächste Generation fällt uns weg aufgrund von beruflicher Findung, Familiengründung und so weiter. Dann haben wir die Frauen ab 40, die ich nun versuche, ranzuholen. Aber sie sind politisch unerfahren und sich unsicher, ob sie sich für einen vorderen Listenplatz bewerben sollen. Wenn die Jungen Coburger eine eigene Liste haben, wird es schwierig, die Frauenplätze zu besetzen, weil wir das Kontingent gar nicht haben. Taffe Frauen sind so engagiert im Ehrenamt, dass sie oft ablehnen, noch ein Stadtratsmandat anzustreben. Männer machen sich das nie so schwer."

Abgesehen davon hatten es die Frauen bislang nicht leicht in der CSU. Irm Titz kann darüber viel erzählen. Wie sie darum kämpfen musste, bei der Kommunalwahl 1978 einen Listenplatz unter den ersten 20 zu erhalten. Dass Richard Dlouhy vor Birgit Weber der einzige CSU-Kreisvorsitzende gewesen sei, der Frauen gezielt gefördert habe. Und dass Frauen in der CSU auch ein dickes Fell brauchen: "Nun hab ich vier Geschwister, ich kann mich durchsetzen, und ich nehme machohafte Sprüche nicht so ernst. Wenn man da sensibel und empfindlich ist..." "Gegen die Männertruppe hat man als neue, als junge Frau keine Chance", sagt Anna Boldt.

Manche Männer ein Problem

Wobei Birgit Weber Wert auf die Feststellung legt, dass nicht die CSU als solche problematisch sei: "In Coburg liegt das an bestimmten Personen, die nicht es akzeptieren, dass jemand eine andere Meinung hat oder gar sagen, diese Meinung ist richtig." Diese Form der Konfliktunfähigkeit mache es vielen Frauen schwer, sich für eine Mitarbeit zu entscheiden - da mögen sie Birgit Weber noch so sympathisch finden.

Ein Trost: "Die SPD und die Grünen haben ja dasselbe Problem mit den Frauen zwischen 20 und 30", sagt Weber. Zweiter Trost: Die Frauen-Union legt zu: 51 Mitglieder zählt sie jetzt, "bei der Weihnachtsfeier sind wieder zwei dazu gekommen", erzählt Weber. Letztlich könne die Frauen-Union ja auch damit werben, nicht die CSU zu sein. Vor allem, sagt Weber, ziehen die Frauen ganz anders mit. Die nächste Aktion könnte im Fasching starten: Mit einer Bratwurstbude am Albertsplatz während des Gaudiwurms.


Die Frauen-Union


Tradition Ihre Wurzeln sieht die Frauen-Union (FU) in der bürgerlich-christlichen Freiheitsbewegung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründeten sich überall Frauenzirkel, die konfessionsübergreifend den Wiederaufbau Deutschlands mitgestalten wollten.

Gründung Unter dem Vorsitz von Christine Teusch kommt es 1946 in der britischen Besatzungszone zur ersten überregionalen Vereinigung dieser Frauenzirkel. Auch in der CSU gibt es sofort nach der Gründung eine "Frauenarbeitsgemeinschaft", die dafür sorgt, dass die Forderung nach rechtlicher und sozialer Gleichstellung der Geschlechter im Grundsatzprogramm der CSU steht. Die Gründung der landesweiten Frauen-Arbeitsgemeinschaft der CSU erfolgt am 29. August 1947. Der erste Zusammenschluss der regionalen CDU-Frauenausschüsse auf Bundesebene findet am 1. Mai 1948 statt. Am gleichen Tag gründet sich die "Frauenarbeitsgemeinschaft der CDU/CSU Deutschlands".

FU heute Landesvorsitzende der Frauen-Union in Bayern ist die Europa-Abgeordnete Angelika Niebler. Im Bereich der CDU führt die Bundestagsabgeordnete Martina Böhmer die FU. In Bayern zählt die FU rund 25.500 Mitglieder, in Oberfranken sind es rund 3000.

Quellen Die Homepages der Frauen-Union im Internet www.frauenunion.de; www.fu-bayern.de