Der Coburger "Verein" feiert
Autor: Jochen Berger
Coburg, Dienstag, 30. April 2013
Wie der Coburger "Verein" zum Podium international renommierter Künstler wurde.
Wer heute vom Coburger "Verein" spricht, denkt zuerst an anspruchsvolle Konzerte mit einem breiten stilistischen Spektrum - von gediegener Kammermusik bis zum unterhaltsamen Potpourri. Die künstlerische Vielfalt, die heute das Veranstaltungsprofil prägt, spiegelt auch das Programm zum Jubiläumswochenende wider, mit dem der "Verein" sein 140-jähriges Bestehen feiert. Der Bogen spannt sich von der Tango-Kunst eines Astor Piazzolla bis zum A-cappella-Gesang mit Werken von Mendelssohn, Bruckner und anderen.
Mit diesem Jubiläumsprogramm will der "Verein" anknüpfen an viele erfolgreiche Konzerte, die in den knapp eineinhalb Jahrhunderten seit der Gründung zahlreiche international renommierte Künstler nach Coburg geführt hat.
Von Kempff bis Arrau
Beim Blick in die Festschrift tauchen viele bekannte Namen auf - von den Pianisten Wilhelm Backhaus, Wilhelm Kempff und Claudio Arrau bis zum Meistercellisten Enrico Mainardi. Auch gefeierte Opernstars vergangener Tage wie Franz Völker oder Emmi Leisner finden sich in der Chronik.
Dabei ließe sich die Reihe der illustren Gäste mühelos bis in die Gegenwart fortsetzen. Wichtige Akzente setzte beispielsweise in den 80 Jahren der damalige Musikvorstand Knut Franke. Der international tätige Musikwissenschaftler, bestens vernetzt in der weltweiten Pianistenszene, bescherte dem Coburger Publikum spektakuläre Beethoven- und Schubert-Zyklen mit gefeierten Solisten.
Abwechslungsreiche Mischung
Uwe Friedrich, seit 1994 Musikvorstand und seit 2010 in Personalunion auch Vorsitzender, hat längst seine eigene Handschrift als Programmplaner sichtbar werden lassen. Friedrich setzt auch eine abwechslungsreiche Mischung aus klassischer Kammermusik und Crossover-Abenden, gezielte Ausflüge in den Bereich der vermeintlichen U-Musik inklusive. Das Publikum dankt ihm diese Vielfalt mit zahlreichem Besuch, wie die Entwicklung gerade in den letzten Jahren beweist.
Und nicht zuletzt hat sich der "Verein" immer wieder auch als Podium für junge Talente profiliert, wie zum Beispiel vor gut einem Jahr, als der inzwischen in Frankfurt studierende Pianist Leonhard Dering das Publikum bei seinem Debüt im "Verein" mit einem anspruchsvollen klassisch-romantischen Programm beeindruckte.
Tänzchen, Teebälle und Musik
Wer in den Annalen blättert, wird rasch feststellen, dass sich der Coburger "Verein" keineswegs von Anfang an vornehmlich als Konzertveranstalter verstand.
Denn bei seiner Gründung 1873 stellte der "Verein" Geselligkeit und Vergnügen in den Mittelpunkt. Das zeigt schon der Umstand, dass der "Verein" nach mehrjähriger Vorbereitungs- und Finanzierungsphase noch vor seiner offiziellen Gründung 1873 mit dem Bau eines eigenen Gesellschaftshauses begann. Dieses Gesellschaftshaus am Ernstplatz spiegelt in seiner wechselvollen Geschichte bis zu seiner Zerstörung kurz vor Kriegsende rund sieben Jahrzehnte Coburger Stadtgeschichte wider.
Besonders in den Wintermonaten entwickelte der "Verein" hier ein abwechslungsreiches Programm. "In dichter Folge - manchmal in jeder Woche - gab es Konzerte mit anschließendem Tänzchen, Teebälle, Maskenball, Gesangsabende, Konzerte der Militärkapelle, Festessen mit Tanz", heißt es dazu in der reich bebilderten Festschrift.
Schon wenige Jahre nach der Eröffnung wurde das Gesellschaftshaus durch einen Brand in Teilen zerstört, allerdings bereits fünf Monate später nach dem raschen Wiederaufbau erneut eingeweiht.
Fünfeinhalb Jahrzehnte später war es dann aber unwiderruflich vorbei mit dem regen Vereinsleben im Gesellschaftshaus. Das Gebäude musste im Jahr 1934 für damals 60 000 Reichsmark an die Adolf-Hitler-Haus-Genossenschaft verkauft werden.
Diese Funktion und die Nazi-Symbole am Gebäude ließen das Haus zum Objekt für Bombenangriffe werden. Kurz vor Kriegsende wurde das Haus durch einen Fliegerangriff am 8. April 1945 zerstört.
Freitag, 3. Mai, 20 Uhr "Fracanapa New Tango Quintet" - HUK-Foyer Bertelsdorfer Höhe (Werke von Astor Piazzolla, Leo poldo Federico, Matias Gonzalez)
Sonntag, 5. Mai, 10.30 Uhr Jubiläumsfestakt - Streichquartett "Streichzart" aus Würzburg (Werke von Richard Wagner, Giuseppe Verdi, Gerhard Deutschmann und Hartmut Hein). - Nür für Ehrengäste, Mitglieder und Freunde des "Vereins".
Sonntag, 5. Mai, 17 Uhr Mendelssohn Vocalensemble, Leitung: Karl Zepnik (Werke von Felix Mendelssohn, Anton Bruckner, Arnold Schönberg und anderen).
Festschrift mit zahlreichen Abbildungen, 68 Seiten, broschiert,ab 2. Mai bei der Buchhandlung Riemann und bei Roßteutscher erhältlich (Preis: fünf Euro). Sie informiert über die historische Entwicklung von der Gründung 1873 bis in die Gegenwart. ct