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Coburgerin macht Mut zum Hut


Autor: Simone Bastian

Coburg, Donnerstag, 03. Januar 2013

Früher war es üblich, dass die Coburger Damen Hüte trugen. Aber "heute bin ich mit Hut ein Exot", sagt Christa Haagen. Die Coburger kreiert Hüte - aber das ist nur eins ihrer vielen gestalterischen Hobbys.
Christa Haagen mit einer ihrer Kreationen. Foto: Simone Bastian


Christa Haagen ist eine von den rastlosen. "Ich hab schon alles gemacht", sagt sie, während sie die Tür zu ihrem Esszimmer öffnet. "Weihnachtsschmuck, Osterschmuck, bemaltes Leder..." Und jetzt Hüte. Zumindest noch in diesen Tagen. Denn dann beginnt ja wieder die Eiersaison - Ostern naht. Christa Haagen gestaltet Eier - bemalt sie oder setzt kleine Figuren hinein. "Ich muss auf fünf Ausstellungen!"

Also schnell her mit den Hüten, bevor die Eier kommen. "Meine Tante war Putzmacherin", erzählt sie, während sie aus dem Nebenzimmer große Kunststoffkisten holt. "Die ging nie ohne Hut und Handschuhe aus dem Haus. Das hat mich als kleines Mädchen sehr fasziniert, und das wollte ich auch, wenn ich einmal groß bin."

Die Coburgerin und ihr Hut: Früher ging keine ohne, aber inzwischen sind die Damen mit Hut in der Stadt kaum noch zu sehen. Mützen, Kappen, Kapuzen - aber Hüte? Christa Haagen ergatterte ihren Grundstock auf dem Flohmarkt: "Da wurde vor ein paar Jahren der Nachlass eines Hutmachers verkauft." 37 Stück kaufte sie damals. Die waren natürlich längst schon nicht mehr zeitgemäß. "Ich hab sie umgearbeitet und flacher gemacht", sagt sie und zieht ein Album hervor. Zahlreiche Bilder zeigen die Kopfbedeckungen vorher und nachher. Erst bieder und altmodisch, dann peppig und nicht mehr wiederzuerkennen: Da die Krempe abgeschnitten und schräg über die Wölbung wieder draufgenäht, dort durch zwei, drei geschickte Raffungen Höhe aus dem Hut genommen.


Fantasie scheint keine Grenzen zu kennen

Christa Haagen achtet darauf, nur Hüte aus reinem Wollfilz zu kaufen. Sie besorgt sich entweder Hutrohlinge, wie sie auch die professionellen Modisten von den Webereien beziehen. Oder sie kauft im Schlussverkauf einfache Hüte in den Textilabteilungen - umarbeiten kann sie alles. Der Wollfilz wird erst im warmen Seifenwasser eingeweicht und dann umgeformt. Bei Christa Haagen dienen dafür "Styroporkugeln, ein Keramikkopf und Schüsseln in verschiedenen Größen". Dann wird verziert: Mit der Hand näht Christa Haagen die Filzstreifen an oder arbeitet die Raffungen ein."Das ist beschwerlich, weil der Filz sehr stark ist und sehr dicht." Als Dekoration taugt alles: Schleifen, Bänder, Federn, Spitze, Häkeldeckchen, farbige Borte... Die Fantasie der 64-jährigen Coburgerin scheint keine Grenzen zu kennen.

So hat sie ganz nebenbei das "Coburger Dätschle" erfunden, das sie bei der Museumsnacht erstmals ausführte. Basis ist eine Baseballkappe ohne Schild. Verziert mit farbigen Borten und Stickerei wird daraus eine Kappe, die sich gut zur Tracht tragen lässt. Ausgangspunkt war eine ganz praktische Überlegung: "Bei den Trachtenumzügen fliegen den Leuten immer die Haare durcheinander." Zur klassischen Tracht gehört zwar meist ein Hut oder eine Haube, aber nicht zu den modernen Partydirndln. Manche Frauen behelfen sich mit Blumenkränzchen - da sei ihr Dätschle schon besser, findet Christa Haagen, während sie eins nach dem anderen aus der Schachtel zieht. "Damit müsste man aufs Oktoberfest fahren. Das ließe sich gut verkaufen!"


Die Liebe zum Kunsthandwerk kommt vom Vater

Denn selten sind es Coburgerinnen, die sich bei ihr einen Hut besorgen. Vielleicht achten sie auch einfach nicht auf das kleine Schaufenster am Münzmeisterhaus in der Ketschengasse, in dem Christa Haagen ihre Kreationen zeigt - zusammen mit dem Spruch "Will man chic sein, hat man Mut, geht man ab heute nur mit Hut". Etliche Touristen lassen sich neugierig machen und klingeln dann an dem Haus in der Neugasse, gleich nach dem Durchgang im Münzmeisterhaus. "Das älteste Steinhaus Coburgs", sagt Christa Haagen stolz. Ihr Vater kaufte es in den 60er Jahren. Vorher wohnte die Familie gegenüber, doch das Anwesen musste der Turnhalle fürs Gymnasium Casimirianum weichen. Vom Vater hat sie auch die Liebe zum Kunsthandwerk: Er war Glaser und Schreiner, ließ die Kinder schon mit basteln und schärfte ihren Blick für die schönen Dinge. "Wir sind ja ein künstlerisches Haus", sagt sie: Ihre Tochter und ihre Schwester hat sie mit ihrer Eiermalerei angesteckt, ihr Neffe betreibt in der alten Werkstatt eine Kunstglaserei.

Von "Kunst" will sie freilich nicht reden, was ihre eigenen Arbeiten angeht. "Kreativ", das sei sie. "Ich sehe ein Material, und dann weiß ich, was ich daraus mache." Das mögen Hutrohlinge aus Wollfilz sein oder Eier oder Wollfäden, die sie dann in Crazy-Patchwork-Technik vernäht. Aber alles ist Hobby: "Zum Geldverdienen ist das nicht geeignet."