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Coburger Schlachthof: Furcht um den guten Ruf


Autor: Simone Bastian

Coburg, Montag, 10. Juni 2013

Eine Kuttelei ist vorläufig geschlossen. Die Stadt gibt keine weiteren Auskünfte, der Staatsanwalt ermittelt. Und bei den Unternehmen im Schlachthofgelände liegen Nerven blank.
Der Coburger Schlachthof: Die Produktionsbereiche sind streng gesichert und normalerweise unzugänglich. Laut dem Magazin "Quer" wurde hier aber in krimineller Weise als ungenießbar deklariertes Fleisch geschönt und weiterverkauft. Foto: Oliver Schmidt


Normaler Betrieb habe am Montag geherrscht, sagen Schlachthofmitarbeiter. Doch in der Stadtverwaltung ließ der Gammelfleischskandal die Köpfe rauchen. Denn die Filmrecherchen des Bayerischen Rundfunks hatten zum Ergebnis, dass noch in der Nacht zum Donnerstag ein Ein-Mann-Betrieb auf dem Schlachthofgelände kontrolliert wurde. Am Freitagnachmittag nochmals, diesmal auch von Mitarbeitern des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Seitdem sei der fraglichen Kuttelei der Betrieb "vorübergehend untersagt", berichtete gestern Michael Selzer, der Pressesprecher der Stadt Coburg.

Warum? "Aufgrund der bei den Kontrollen getroffenen Feststellungen." Mehr sagte Selzer nicht, mit Hinweis darauf, dass weitere Auskünfte die Staatsanwaltschaft erteile. Leitender Oberstaatsanwalt Anton Lohneis war am Montagnachmittag jedoch nicht mehr zu erreichen.



Keine Informationen - das geht auch den anderen Firmen und Betreibern im Schlachthofgelände gehörig an die Nerven. "Ich verstehe gar nicht, wie die an die Ware rangekommen sind", seufzt zum Beispiel Elke Dellert. Denn der Bereich, wo der Container mit dem K3-Fleisch steht, sei "ein kleiner Hochsicherheitstrakt", wie ein anderer Beschäftigter auf dem Schlachthofareal erzählt. "Nur die Veterinäre hatten einen Schlüssel." Die Veterinäre sind allesamt bei der Stadt angestellt. Abgesehen davon müssen laut Auskunft aus Großfleischereien die Container so beschaffen sein, dass Fleisch zwar hineingeworfen werden kann, aber nicht mehr herausgeholt. Hinzu kommt, dass das K3-Fleisch auch eingefärbt wird, um es kenntlich zu machen.


Fleisch unklarer Herkunft kann sich kein Metzger leisten

Die Auflagen für die fleischverarbeitenden Betriebe sind streng. Für jedes Stück Fleisch muss die Herkunft dokumentiert werden. Das verlangt nicht nur das Gesetz, das verlangen auch die Abnehmer. "Wir haben Mc-Donald's-Standard", erläutert Elke Dellert. "Innerhalb von zehn Minuten müssen wir anhand einer Schlachtnummer oder Ohrmarke nachweisen können, wo das Tier her ist." Auch die Metzgereien, die das Fleisch kaufen, müssen über die Herkunftsnachweise verfügen. Fleisch unklarer Herkunft kann sich theoretisch also gar kein Metzger leisten. Elke Dellert fürchtet, dass der Skandal auch auf die übrigen Unternehmen im Schlachthof zurückschlägt.

Dellert ist zwar der größte Schlachthof-Nutzer, doch es gibt auch noch kleine Metzgereien, die ihr Vieh in Coburg schlachten lassen, um es dann selbst zu zerlegen und das Fleisch zu verarbeiten. Bisher habe die Stadt ihren Schlachthof als Teil der Daseinsvorsorge betrachtet, erläutert Michael Selzer: Ein lokaler Schlachthof verhindert, dass das Vieh weit transportiert werden muss und diene so auch dem Tier- und Verbraucherschutz. Die 41 städtischen Mitarbeiter töten die Tiere und teilen sie in Hälften. Ab dann übernehmen Verarbeitungsbetriebe wie Dellert. Eine Kuttelei hat in diesem Verwertungsprozess die Aufgabe, die Rinderpansen zu reinigen und die Därme abzutrennen.

Für dieses Jahr wurde mit 28.000 Rinderschlachtungen sowie 41.000 Schweineschlachtungen kalkuliert. Die städtischen Veterinäre sind zuständig für die Fleischbeschau. "Wenn wir den Schlachthof nicht mehr haben, wüsste ich nicht, was die Amtstierärzte noch tun sollen", sagt Selzer.