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Coburger Bachchor begeistert mit Bach und Sven Götz


Autor: Jochen Berger

Coburg, Montag, 15. April 2013

Wie kann ein Komponist der Gegenwart neben Johann Sebastian Bach bestehen? Bei der Uraufführung der Messe "Dona Nobis Pacem" von Sven Götz gibt das Coburger Publikum eine klare Antwort.
Mit großem Nachdruck: Der Coburger Bachchor singt Bachs "Magnificat" und die Uraufführung der "Friedens-Messe" von Sven Götz". Fotos: Jochen Berger


Viel gewagt und großen, ja begeisterten Applaus geerntet - so lässt sich das in vielerlei Hinsicht ungewöhnliche nachösterliche Konzert des Coburger Bachchors beschreiben. Viel gewagt? Die Komponisten-Kombination Johann Sebastian Bach und Sven Götz darf auf jeden Fall das Etikett ungewöhnlich für sich in Anspruch nehmen. Bachs "Magnificat" kombiniert Kirchenmusikdirektor Peter Stenglein an diesem Abend in der Morizkirche mit einer Uraufführung - der "Friedens-Messe" des Coburger Komponisten Sven Götz, der zugleich langjähriges Mitglied des Bachchores ist.

Im Zeichen der Friedenstaube

Eine Friedenstaube schwebt über diesem Abend.

Sie ziert das Programmheft des Bachchors, sie schmückt zudem Partitur und Klavierauszug der "Friedens-Messe". Sie passt aber durchaus auch zu Bachs "Magnificat", das Maria, die Mutter des Friedensbringers Jesu, in den Mittelpunkt stellt.

Lange stand Bachs "Magnificat" nicht auf dem Programm des Coburger Bachchores - zuletzt im Jahr 1979. Das mag gewiss auch an der Kürze des Werkes liegen, das bei Konzertaufführungen deshalb immer eine passende Ergänzung verlangt. Die bekommt sie an diesem Abend in Form der etwa einstündigen "Friedens-Messe". Dabei enthält Bachs Partitur in ihren zwölf, zumeist kurzen Sätzen musikalische Kostbarkeiten, die immer wieder an die h-Moll-Messe denken lassen.

Brillante Akzente

Für Chor und Orchester birgt dieses "Magnificat" D-Dur mit seiner Brillanz, aber auch mit seiner kammermusikalischen Transparenz in Arien und Duetten anspruchsvolle Aufgaben. Am Dirigentenpult gelingt es Coburgs Kirchenmusikdirektor rasch, Chor, Orchester und Solisten zu harmonischem Musizieren zu vereinen. Das Orchester überwiegend aus Mitgliedern des Philharmonischen Orchesters des Landestheaters beweist mit schlanker Artikulation und reaktionsschnellem Spiel seine Stilsicherheit bei Bach.

Der Bachchor, gründlich einstudiert und stets engagiert singend, setzt Stengleins gestalterische Impulse konzentriert in Klang um. Für das Solistenquartett hat Stenglein mit Nina Romy Dörfler (Sopran), Michaela Maucher (Alt), Karsten Münster (Tenor) und Martin Trepl (Bass) vier schlanke und dennoch tragfähige Stimmen verpflichtet, die an diesem Abend solistisch wie in wechselnden Ensembles überzeugend und klanglich ausgewogen agieren. Dabei sind die Anforderungen in beiden Werken ganz unterschiedlicher Art. Während im "Magnificat" Koloraturgeläufigkeit gefordert ist, verlangt die ebenfalls in zwölf Sätzen angelegte "Friedens-Messe" volle Konzentration auch im Wechselspiel mit dem Chor.

Viele Klangfarben

Die Reaktion der Zuhörer bei der Uraufführung beweist es: Mit seiner "Friedens-Messe" ist Sven Götz ein wirkungsvolles Werk gelungen. Einen "Klangkomponisten" nennt sich Sven Götz selbst. Er schreibt Musik, die aus dem Klang heraus geboren scheint, eine Musik, der es nicht um polyfone Kunststücke oder raffinierte Formgebung geht. Seine Musik geht in weiten Teilen schnell ins Ort, auch wenn sie manchmal ungewohnte melodische Wendungen enthält.

Die Musik dieser Messe bietet abwechslungsreiche Klangfarben und hat keine Angst vor sehr kontrastreicher stilistischer Vielfalt. Dennoch wird diese Vielfalt nicht zur Beliebigkeit, weil es Götz gelingt, durch bewusste Wiederholungen und Rückbezüge Zusammenhänge herzustellen. Dadurch gewinnt das gut einstündige Werk formale Kontur und Struktur.

Vor allem aber gelingt es Sven Götz immer wieder, Textaussage und Ausdrucksgestus der Musik zu verbinden. Das gilt nicht nur für das einleitende "Dona nobis Pacem" mit den flehenden Friedens-Rufen des Chores ("Pace"), sondern beispielsweise auch für das geradezu beschwingte "Gloria" oder das hymnisch gesteigerte Credo.
Souveräner Dirigent

Das Werk birgt für die Interpreten manche Herausforderungen in Rhythmik und Stimmführung, aber auch bei diversen Übergängen. Zudem verlangt die stilistische Vielfalt der Tonsprache zwischen sakralem Gestus, barockisierenden Formeln und beinahe filmmusikalischen Anklängen gutes Gespür für den passenden Tonfall.

Der Bachchor setzt sich unverkennbar mit großem Nachdruck für diese Uraufführung ein, singt ausdrucksvoll und stets konzentriert und hat damit großen Anteil am Gelingen. Am Dirigentenpult ist Peter Stenglein besonders gefordert, wenn es darum geht, heikle rhythmische Übergänge zu koordinieren und zugleich große dynamische Kontraste gleichermaßen auszureizen wie insgesamt in Balance zu halten. Stenglein bewältigt diese Aufgabe umsichtig und mit fein differenzierter Gestaltungskraft, unterstützt vom konzentriert agierenden Orchester.

Der Schlussapplaus steigert sich zu begeisterten Ovationen, in deren Mittelpunkt Peter Stenglein bewusst den Komponisten Sven Götz stellt. Für Götz ist der Abend mit dem Schlussapplaus aber noch längst nicht beendet. Auf ihn wartet vielmehr noch eine ausgedehnte Gratulationscour mit Glückwünschen aus allen Richtungen.


Musik in der Coburger Morizkirche


Sven Götz wurde 1961 in Coburg geboren, besuchte das Gymnasium Albertinum (Abitur 1981) und wirkt seit 1978 im Coburger Bachchor mit. Kompositionen: Requiem d- Moll für Soli, Chor und Orgel (1992), "Der Stern am Himmel", Weihnachtsgemälde (Uraufführung 1998), "Missa brevis" für zweistimmigen Chor und Orgel.

Ausblick Die Reihe "Musik zur Marktzeit" beginnt am 18. Mai in der Morizkirche. Jeweils Samstag (11 Uhr) finden bis Ende August halbstündige Matineen Matineen statt. Der Eintritt ist frei. Das traditionelle Orgelkonzert zum Pfingstsonntag (19. Mai, 18 Uhr) gestaltet Gerhard Weinberger (Werke von Bach und Reger).