Seit 25 Jahren wohnt der fränkische Autor Manfred Kern bereits in der Vestestadt. Jetzt hat der Schriftsteller seine erste Lesung in seiner Wahlheimat gestaltet. Im Mittelpunkt: sein neues Buch "Meine Oma".
Der Büchertisch im "Roten Salon" muss noch warten. Denn daneben, im "Caféchen" der Buchhandlung Riemann, liest derjenige, der diese Bücher geschrieben hat: Manfred Kern. Spätes Lese-Debüt für den Autor, der seit 25 Jahren in Coburg lebt und schreibt, seine Bücher aber noch nie in seiner Wahlheimat selbst vorgestellt hat.
Sein jüngstes Opus aber schmückt an diesem Abend in Dutzenden den Raum: "Meine Oma". Dazu ein hellblauer Zettel: "Herzlich willkommen zu unserer Autorenlesung mit Manfred Kern." Auch Riemann-Chefin Irmgard Clausen sagt Kern "Herzlich willkommen" und räumt auch gleich ein, sie selbst habe den Autor erst jetzt für sich entdeckt.
Jahr um Jahr schon hat Kern Buch um Buch vorgelegt - Gedichtbände und Erzählungen, Fiktion und Erinnertes. Noch nie aber hat Kern in eigener Sache in Coburg gelesen.
Eine Lesung in Schorkendorf vor zwei Jahren - näher war er der Vestestadt lesend bisher nicht gekommen. Nun also "Meine Oma", eine Familiengeschichte, die vom Ende des 19. Jahrhunderts bis fast in die Gegenwart führt - durch zwei Weltkriege hindurch, durch Gefangenschaft und Nachkriegszeit.
Bewegende Zeitreise Ein Glas Wasser auf einem schwarzen Klapptischchen und dazu ein Stapel bedruckten Papiers - die Reise durch Kerns Familiengeschichte kann beginnen. In geschickt ausgewählten Ausschnitten führt Kern lesend durch sein Buch, nimmt die Zuhörer mit auf eine bewegende Zeitreise voller Entbehrungen, voller Leid, aber auch voller Hoffnungen und Träume.
Kern erzählt, wie die vier Söhne seiner Großmutter in den Krieg ziehen müssen, wie einer so schwer verwundet wird, dass er sich davon nie mehr wirklich erholen wird, wie ein weiterer Sohn in der Schlacht um Stalingrad verschwindet, wie schließlich der jüngste Sohn, Kerns eigener Vater, spät aus französischer Kriegsgefangenschaft schließlich doch heimkehrt ins fränkische Wettringen.
Zuhörer lauschen gebannt Die Zuhörer, sie lassen sich in Bann ziehen, lauschen der bilderreich und anschaulich beschreibenden Sprache Manfred Kerns, die eine lange verschwiegene Zeit zum Sprechen bringt.
Mit Kerns bildkräftigen Worten riechen sie den Duft der Bratäpfel auf dem Kachelofen der Kerns, lesen einige der Briefe, die Kerns Vaters Emil aus französischer Kriegsgefangenschaft schrieb und entdecken - gebannt lauschend - manche Gemeinsamkeiten mit der eigenen Familiengeschichte.
Begeistertes Lob In seinem Buch spricht Kern davon, "als Schreiber nicht nur Medium für mich selber zu sein, sondern auch für die Vorfahren." Genau damit aber scheint Kern den Nerv seiner Zuhörer genau getroffen zu haben. Die detailreichen Nachfragen und begeistertes Lob aus Zuhörermund zeigen es.
Dann aber wird's endlich Zeit für den Büchertisch und für den geduldig Widmungen schreibenden Autor. Coburg, so will es scheinen, beginnt langsam, den Autor Manfred Kern für sich zu entdecken.
Applaus.
Aus dem Leben und Schaffen eines Schriftstellers Biografisches Manfred Kern, der in Rothenburg geboren wurde, auf einem Bauernhof in Wettringen bei Ansbach aufwuchs und zunächst als Buchhändler in Würzburg arbeitete, lebt seit vielen Jahren als freier Autor in Coburg.
Bibliografie Manfred Kern "Di woahre Gschichd vo meim zweide Leewe" (in fränkischer Mundart); "Offene Wunden - Ein Requiem"; "Die Verwunschenen" (sieben Erzählungen); "Verlasse bo mir - Mundardgedichde"; "Der Abgang"; - "Lerchen und grüne Kartoffeln" (Gedichte); "Heimatdmuseum"; "Blumen für Ida"
Buch-Tipp Manfred Kern: Meine Oma, Wiesenburg Verlag 2013, 201 Seiten, gebunden, 17,80 Euro