Das Publikum liebt ihn als Charakterkomiker. Warum Claus J. Frankl am Sonntag eine Matinee mit Musik von Walter und Willi Kollo präsentiert, verrät er im Gespräch mit unserer Redaktion.
Als Signor Baptista begeistert Claus J. Frankl derzeit in "Kiss Me, Kate" die Besucher auf der Waldbühne Heldritt. Das Coburger Publikum kennt ihn noch aus seiner Zeit als Dramaturg und Tenor-Buffo am Landestheater.
Was war der Auslöser für diese Kollo-Matinee? Wie lässt sich das Konzept beschreiben?Walter Kollos Operette "Wie einst im Mai" wurde vor 100 Jahren uraufgeführt. Ursprünglich hatten Marguerite Kollo (
die Tochter Willi Kollos, Anmerkung d. Red.) und ich deshalb gehofft, dieses Werk an einem Theater als Neuinszenierung unterzubringen. Das ist uns leider nicht gelungen. Stattdessen machen wir jetzt diese Matinee. Zugleich erinnern wir damit an den 25. Todestag von Willi Kollo.
Wie sieht das Konzept aus?Das Programm lebt von Berlin-Nostalgie.
Wir schlagen einen großen musikalischen Bogen von der traditionellen Berliner Operette bis hin zu Filmschlagern aus den 60er Jahren.
Die Gattung Operette wird immer wieder gerne totgesagt. Wie tot oder lebendig ist sie denn aus Ihrer Sicht?Die Operette lebt ja von der Nostalgie. Wenn es irgendwann niemanden mehr gibt, der mit diesen Melodien etwas verbindet wird es schwierig. Ich habe nicht die ganz große Hoffnung, dass die Gattung überlebt. Nur die besten fünf bis sieben Werke werden überleben - darunter ganz sicher "Die Fledermaus" und "Die lustige Witwe". Aber viele andere wird man bald nicht mehr erleben. Vieles davon muss man auch wirklich nicht mehr spielen.
Was reizt Sie heute noch an der Familie Kollo?Die Kompositionen von Walter und Willi Kollo heben sich deutlich ab vom Niveau ihrer Zeit. Und bei Willi Kollo liebe ich auch den Sprachwitz sehr.
Die Texte sind wirklich umwerfend. Zudem hat Willi Kollo politisch wirklich völlig unbeschadet die Nazi-Zeit überstanden - er hatte Auftrittsverbot wegen seiner Texte. Marguerite Kollo wird bei unserer Matinee einen Auszug aus den Memoiren ihres Vaters Willi Kollo lesen. Er beschreibt humorvoll und mit Augenzwinkern, aber er wird nie zynisch.
Nach Stationen in Coburg, Berlin und Kaiserslautern arbeiten Sie seit 1997 freiberuflich. Warum?Ich hatte damals vom Theater wirklich die Nase voll, bin dann nach Japan gegangen, habe dort einige Monate
(von Januar bis August 1998, Anmerkung d. Red.) an einer Fremdsprachen-Universität Deutsch unterrichtet. Nach einigen Monaten habe ich dann aber großes Heimweh bekommen. Ich habe auch das Klima in Japan im Sommer nicht gut vertragen. Als ich nach Deutschland zurückgekommen bin, habe ich nochmal ganz von vorne angefangen.
Seitdem lebe ich freiberuflich. Ich bin irgendwie nicht recht für Festengagements geschaffen. Meine Zeit damals von 1988 bis 1993 in Coburg war wirklich die längste Zeit in einem festen Engagement.
Regisseur, Moderator, Darsteller: In welcher Rolle sehen Sie sich selbst am liebsten?Heute nur noch als Darsteller und Moderator. Die Regie habe ich aufgegeben. Ich mache keine Inszenierungen mehr. Dafür habe ich keinen Ehrgeiz mehr.
Warum haben Sie das aufgegeben?Ganz ehrlich: Ich war nie so erfolgreich, wie ich mir das gewünscht hätte. Es gibt so viele gute Regisseure, da muss ich das nicht auch noch machen. Es tut mir auch nicht leid. Seitdem geht es mir auf jeden Fall besser. Ich will zwar nicht ganz ausschließen, dass es noch eine Alterskarriere in dieser Hinsicht gibt. Aber ich bin als Regisseur doch sehr altmodisch - und das ist im Moment nicht so gefragt.
Ansonsten spiele ich einfach sehr gerne - wie jetzt den Baptista in "Kiss Me, Kate". Das macht wirklich Spaß.
Wie fühlt man sich auf der Operetten- und Musicalbühne, wenn man auf das komische Fach abonniert ist und andere Kollegen den jugendlichen Liebhaber spielen dürfen?Ich bewundere jeden der das kann. Aber Neid? Wirklich nicht. Ich liebe diese skurrilen Typen.
Der altersbedingte Fachwechsel vom Tenor-Buffo zum Charakterkomiker: Stimmt das melancholisch?Eigentlich nicht. Ich hab' nur ein Problem - ich krieg' einfach keine Falten und die Stimme ist auch noch so hell wie früher. Vielleicht müsste ich regelmäßig Whiskey trinken und dicke Zigarren rauchen...
Sie sind der "Coburger Sommeroperette" seit Jahren verbunden.
Wie oft waren Sie schon dabei?Mit längeren Abständen tatsächlich erst viermal - "Lustige Witwe", "Gräfin Mariza", "Wiener Blut" und in diesem Jahr in "Kiss Me, Kate"
Wie sehen Ihre nächsten Pläne aus?Am Theater in Regensburg spiele ich in "Frau Luna" den Theophil - ab 26. Oktober sind insgesamt 25 Vorstellungen geplant. Der Theophil ist eine Traumrolle für mich. Sie glauben nicht, wie lange ich dieser Rolle schon hinterher renne.
Das sind die Interpreten auf der Waldbühne Matinee "Kol(l)ossal" - musikalische Erinnerungen an die Berliner Operettenfamilie Kollo, Präsentiert von Claus J. Frankl, Sonntag, 18. August, 11 Uhr, Waldbühne Heldritt.
Interpreten Adelheid Brandstetter (Sopran), Sylvia Luise Denk (Diseuse), Jan Reimitz (Bariton), Claus J. Frankl (Moderation, Gesang), Instrumental-Quartett "Barfly" aus Bayreuth (Klavier; Klarinette Saxofon, Flöte; E-Bass; Schlagzeug). Als Ehrengast liest Marguerite Kollo aus den Memoiren ihres Vaters Willi Kollo.
Claus J. Frankl, 1962 in Bayreuth geboren, studierte Musiktheater-Regie an der Folkwanghochschule Essen (1980 bis 1983). Seine Stimme ließ er von 1985 bis 1987 am Meistersinger-Konservatorium Nürnberg ausbilden. Festengagements führten ihn ans Landestheater Coburg (1988 bis 1993), ans Metropol-Theater Berlin (1993 bis 1995) und ans Pfalztheater Kaiserslautern (1995 bis 1997). Seit 1997 arbeitet Frankl freiberuflich.
Walter Elimar Kollo wurde als Walter Elimar Kollodzieyski 1878 in Neidenburg in Ostpreußen geboren.
Ursprünglich sollte der Kaufmannssohn den Beruf seines Vaters ergreifen, studierte dann aber an den Konservatorin Sondershausen und Königsberg Musik. Neben Jean Gilbert und Paul Lincke gilt Walter Kollo als Begründer der Berliner Operette. Er ist der Vater des Komponisten und Textdichters Willi Kollo (1904 bis 1988) und Großvater von Marguerite Kollo und des Opernsängers René Kollo. Walter Kollo starb 1940 in Berlin.
Kartenvorverkauf Telefonische Bestellung in Bad Rodach unter 0 95 64/40 88 (Donnerstag 10 bis 12 und 16 bis 19 Uhr, Freitag, 10 bis 12 Uhr). Karten auch beim Tourismus Coburg, Herrngasse 4 (Telefon 0 95 61/89 80 43 -
www.coburger-sommeroperette.de)