Druckartikel: Bei "Me and My Girl" bebte das Landestheater

Bei "Me and My Girl" bebte das Landestheater


Autor: Jochen Berger

Coburg, Donnerstag, 08. November 2012

Die Sopranistin Kerstin Kluge erinnert sich an den riesigen Erfolg bei der Coburger Erstaufführung von "Me and My Girl" vor 20 Jahren. Im Gespräch erzählt sie, warum sie sich auf die Neuinszenierung ganz besonders freut. Premiere ist am 17. November im Landestheater Coburg.
Kerstin Kluge tanzt den Lambeth Walk aus Noel Gays "Me and My Girl". Die Neuinszenierung des Erfolgsmusicals feiert am 17. November Premiere am Landestheater.


"Wir sind sozusagen das Urgestein", sagt die Sopranistin Kerstin Kluge über sich und ihre Chorkollegen Adelbert Ross und Freimut Hammann. Gemeinsam standen sie auf der Bühne, als Noel Gays Musical "Me and My Girl" im Februar 1992 seine deutschsprachige Erstaufführung in Coburg erlebte, gemeinsam waren sie damals von der allerersten Probe an dabei. Jetzt kehrt das Stück zurück ans Landestheater. Und Kerstin Kluge ist wieder mit dabei - diesmal als Lady Battersby: "Damals waren wir junger alter Adel - und jetzt sind wir wirklich alter Adel, gediegener alter Adel."

Tageblatt: Was war Ihr erster Gedanke, als Sie erfahren haben, dass "Me and My Girl" zurückkehren wird auf die Coburger Bühne?
Kerstin Kluge: Im letzten Satz, der im Stück fällt, sagt Bill zu Sally: Wo zur Hölle, verdammt, bist du gewesen? Daran musste ich denken: Jetzt

wird's aber mal Zeit. Wir spielen so oft "Fledermaus", wir spielen so oft "Csárdásfürstin", "Lustige Witwe" und so weiter - aber "Me and My Girl" ist einfach so verschwunden. Ich freu' mich riesig, dass es jetzt wieder kommt.

Welche Erinnerungen haben Sie an die Coburger Erstaufführung 1992?
"Me and My Girl" war damals der absolute Hammer in Coburg. Es kamen ja auch viele tolle Musicals danach, auch unter der Regie von Hartmut Forche, die alle super gut angenommen wurden. Aber "Me and My Girl" war einfach ein Schlüsselerlebnis - für uns Darsteller und für das Publikum. Das war wirklich sensationell: Es gab keine Vorstellung, bei der das Publikum keine Zugabe gefordert hat. Der Lambeth Walk als Zugabe - das musste einfach sein.

Haben Sie "Me and My Girl" seitdem anderswo gesehen?
Nein, nirgendwo. Ich weiß nur über das Internet und die Fachzeitschriften, dass es auch an anderen Häusern gelaufen ist. Und ich habe immer gedacht: Schade eigentlich, das war so ein Knaller damals.

"Me and My Girl" hat damals mehr als 50 Vorstellungen in Coburg erlebt. Wie hält man bei einer derartig langen Aufführungsserie die Spannung hoch?
Das ergibt sich von allein. Ein Stück wächst ja mit den Aufführungen. Die Premiere ist oft nahe an der Vorstellung davon, wie es eigentlich sein soll. Als Darsteller steht man bei den späteren Aufführungen anders unter Strom. Die Spannung ist da, aber der Strom fließt ganz anders bei der Premiere als bei der fünften, sechsten Vorstellung. Da weiß man dann schon, dass es klappt. Man kann sich einfach frei spielen. Bei "Me and My Girl" hat wirklich jede Vorstellung Spaß gemacht. So etwas kann man einfach nicht vergessen.
Wie erleben Sie ein Stück, dass Sie in einer langen Aufführungsserie gespielt haben, bei einer Neuinszenierung? Werden da vielleicht alte Muster wach?
Auf jeden Fall - am meisten beim Lambeth Walk. Da muss man wirklich den Autopiloten ausschalten, denn der Lambeth Walk ist bei mir immer präsent gewesen - auch von den Bewegungen her. Ich hätte die Choreografie von damals aus dem Stand machen können.

Welche Übersetzung wird bei dieser Neuinszenierung zum Einsatz kommen?
Genau die Übersetzung, die Hartmut Forche und Mary Millane damals für Coburg geschrieben haben. Ich hoffe ja, das Hartmut Forche sich bei der Premiere blicken lässt. Letztes Jahr bei "Curtains" habe ich ihn zumindest kurz getroffen.

Was erhoffen Sie sich für diese Neuinszenierung?
Die Theaterlandschaft hat sich in den 20 Jahren, die seitdem vergangen sind, ja verändert - auch von der Erwartungshaltung des Publikums her. Aber ich glaube, dass diejenigen, die damals reingegangen sind, auch jetzt wieder reingehen werden. Es waren damals ja nicht nur Erwachsene in den Vorstellungen, sondern auch viele Erwachsene mit ihren Kindern, die inzwischen erwachsen sind. Die werden sich bestimmt daran erinnern und kommen hoffentlich wieder mit ihren eigenen Kindern.

Hilft die Erinnerung an frühere Inszenierung bei einer Neuproduktion?
Man muss sich davon lösen. Der Regisseur hat sein eigenes Konzept, seine eigenen Vorstellungen, wie es funktionieren soll. Wir wollen ja nicht kopieren, wir wollen das Stück wieder frisch auf die Bühne bringen. Die Zuschauer werden das Stück aber auf jeden Fall wiedererkennen - spätestens beim Lambeth Walk. Das Stück fetzt. Die Bühne war damals gerammelt voll mit Darstellern. Und sie wird jetzt auch wieder gerammelt voll sein. Aber das braucht es bei "Me and My Girl" einfach: Das Haus muss beben.

Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Jochen Berger.