Zwei Hirschaider forderten das Landratsamt zur Prüfung der Kommunalwahl auf. Die Kreisbehörde sieht noch keinen Grund zur Nachzählung oder Aufhebung.
Ging bei der Kommunalwahl im März dieses Jahres alles mit rechten Dingen zu? Diese Frage wird derzeit von der Kommunalaufsicht des Landratsamtes Bamberg geprüft, weil die Wahl angefochten worden ist. Das wurde jetzt durch einen Zufall bekannt: Marktgemeinderat Gerd Porzky und eine Hirschaiderin, die laut Porzky nicht öffentlich in Erscheinung treten möchte, trugen der Wahlaufsicht mit Schreiben vom 17. April eine Reihe von Beobachtungen vor, die geeignet sein konnten, das Wahlergebnis zu verfälschen.
Porzky sitzt in der ersten Reihe der Freien-Wähler-Fraktion, die in Georg Kestler den unterlegenen Gegenkandidaten des in der Stichwahl vom 30. März siegreichen CSU-Bewerbers Klaus Homann gestellt hat. Kestler steht nach Angaben von Porzky neutral zu der Anfechtung; sie gehe nicht auf dessen Initiative oder auf die FW zurück.
Die Wahlanfechtung war von allen Beteiligten gegenüber der Öffentlichkeit verheimlicht worden.
Auch das Landratsamt hatte keinen Grund gesehen, trotz des anhängigen Prüfungsverfahrens die Vereidigung des neuen Bürgermeisters am 12. Mai öffentlich in Frage zu stellen oder gar zu verhindern.
Zu Stellungnahme aufgefordert Weder bei der konstituierenden Sitzung des neuen Marktgemeinderates noch bei der einer folgenden Sitzungen wurde im öffentlichen Teil über die Wahlanfechtung gesprochen. Gerd Porzky bemühte sich sogar um die Stellvertretung Homanns, also um das Amt des Zweiten Bürgermeisters. Er begründete die Kandidatur unter anderem mit seiner bürgermeistertauglichen Statur (mit 13:12 siegte jedoch die ranke CSU-Kandidatin Elke Eberl).
Die Hirschaider wurden bis jetzt nicht einmal im gemeindlichen Amtsblatt auf das Nachspiel zur Kommunalwahl aufmerksam gemacht. Ganz zu verheimlichen war die Hängepartie ums Bürgermeisteramt letztlich doch nicht.
Derzeit ist die Verwaltung der Marktgemeinde erneut zu einer Stellungnahme aufgefordert. Danach wird die Kommunalaufsicht die abschließende Bewertung vornehmen und einen Bescheid erlassen. Dieser Bescheid kann mit einer Klage zum Verwaltungsgericht angegriffen werden. Ob sich Gerd Porzky und seine Mitstreiterin dazu aufraffen werden, ist ungewiss. Bislang wurde auch noch kein Rechtsanwalt eingeschaltet. Wegen des Vorwurfs einer Wahlfälschung drohen dem Markt Hirschaid allerdings auch noch staatsanwaltliche Ermittlungen.
Der munter wie ein Fisch amtierende neue Bürgermeister Klaus Homann ist bezüglich der Wahlanfechtung über jeden Zweifel erhaben: Er hatte zu Zeiten der Kommunalwahl im Rathaus keine Befugnisse. Auch aus der Aufklärung der Wahlanfechtung hält sich Homann heraus. Er achtet nur darauf, dass das Verfahren zügig vorankommt. Amtsvorgänger Andreas Schlund steht ebenfalls nicht im Fokus dieser Überprüfungen.
Alle Recherchen konzentrieren sich auf den erfahrenen Wahlleiter Georg Eichhorn, den Leiter des Bürgerbüros, und seine Mannschaft. Auch zwei Mitglieder der CSU, deren Eifer bei der Übermittlung von Briefwahlunterlagen aufgefallen war, mussten sich rechtfertigen.
Porzky geht es darum, dass dem Recht genüge getan wird. Dass er lieber seinen Fraktionskollegen Georg Kestler im Bürgermeisteramt sehen würde, ist bekannt. Eine große Hoffnung, dieses Ziel auf dem Weg der Wahlanfechtung zu erreichen, hat er nach den bisherigen Verlautbarungen aus dem Landratsamt nicht unbedingt.
Sechs Zweifel am Verfahren Mit einem acht Seiten langen Schreiben an das Landratsamt Bamberg wurde die Bürgermeisterwahl in Hirschaid aufgrund von "unberechtigter Zurückweisung von Wählern, Wahlbeeinflussung und Wählertäuschung" angefochten.
Es geht um sechs Sachverhalte.
Wir zitieren und informieren auszugsweise aus dem unserer Redaktion vorliegenden Schreiben:
1. Die Antragstellerin selbst und ihre Schwester waren als Briefwähler im Register verzeichnet. Als sie ihre Stimme dann aber doch in die Urne ihres Wahllokales werfen wollten, wurden sie von den Wahlhelfern abgewiesen - in unzulässiger Weise, wie sich dann herausstellte. Aus diesem Vorfall schließen die Antragsteller eine "mangelnde Unterweisung" der Wahlhelfer. Sie sehen die Gefahr, dass mehr Wahlberechtigte von der Stimmabgabe ausgeschlossen wurden.
2. Die Antragstellerin führt an, dass ihrer kompletten Familie zur Stichwahl die Briefwahlunterlagen zugestellt worden seien, obwohl sie diese gar nicht angefordert hätte. Sie vermutet mehrere solcher Fälle und sieht darin eine Eigenmächtigkeit im Wahlvorstand, die zu einer Benachteiligung des FW-Bewerbers Kestler habe führen können.
3.
Angefochten wird die Wahl auch mit Hinweis auf Aktivitäten zweier CSU-Kommunalpolitiker. Sie sollen - mit Unterstützung in der Gemeindeverwaltung - Bewohnern von Altenheimen oder Besuchern von Seniorenclubs bei der Stimmabgabe behilflich gewesen sein. Dabei ist gesetzlich geregelt, dass ein einzelner maximal vier Bevollmächtigungen zur Briefwahl haben darf.
4. Wahlbetrug vermuten die Antragsteller gar aufgrund der Beobachtung eines Wahlhelfers, dass auf neun gültig bewerteten Stimmzetteln "Georg Kestler durchgestrichen und Klaus Homann als gültig angekreuzt war". Diese Verbesserung habe der Wahlhelfer auffällig gefunden, weil sie mit demselben Stift vorgenommen worden seien. Dieser Vorfall kann unter Umständen den Staatsanwalt auf den Plan rufen.
Keine Urne 5.
Fragwürdig erscheint den Antragstellern, dass in nicht erwähnenswerter Entfernung von der Schule im Altenheim eines privaten Trägers ein eigenes Wahllokal eingerichtet worden war. Dabei seien einige Bestimmungen zum Schutz der geheimen Stimmabgabe verletzt worden. Außerdem sei hier bekannt geworden, dass das "Mitglied einer Volkspartei" beliebig viele Bevollmächtigungen für Briefwahlunterlagen abholen konnte.
6. Die Antragstellerin beobachtete schließlich bei der Abgabe ihrer Briefwahl im Rathaus, dass es dort keine Urne gab. Sie habe die Briefwahlunterlagen "offen und für jeden zugänglich auf einen Schreibtisch im Einwohnermeldeamt legen müssen". Somit habe die Gefahr von Manipulationen bestanden.
In einem Zwischenbescheid vom 21.
Mai hatte Regierungsdirektorin Birgit Ramming-Scholz vom Landratsamt Bamberg den Antragstellern mitgeteilt, dass "die vorgebrachten Vorwürfe nicht dazu geeignet sind, die Wahl für ungültig zu erklären oder eine Nachzählung anzuordnen". Die der Kreisbehörde vorliegenden Unterlagen gäben keinen Anhaltspunkt für eine Manipulation der Bürgermeister-Stichwahl am 30. März.
Den im Fokus stehenden Wahlleiter Georg Eichhorn konnte der FT noch nicht um eine Stellungnahme bitten: Der Leiter des Bürgerbüros ist in Urlaub, wirklich rein zufällig.