Am Sonntag begingen über 200 Sänger ein außergewöhnliches Jubiläum. Bischof Otto II. hatte im Jahr 1192 in Bamberg ein Domkantorat gegründet.
Domorganist Markus Willinger zog alle Register. Die Orgel brauste, jubelte, überschüttete die Zuhörer förmlich mit vollen Pfeifentönen. Wer Willingers Improvisationen zum Abschluss des Pontifikalgottesdienstes mit Erzbischof Ludwig Schick identifizieren konnte, musste einfach dankbar lächeln: "Viel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen..." - das bekannte Geburtstagsständchen galt den im Ostchor des Domes versammelten Sängern und Sängerinnen. Der Bamberger Domchor ist stolze 825 Jahre alt geworden! Anlass genug für die über zweihundert kleinen Buben und großen Männer, junge Mädchen und reiferen Frauen, ihr gesangliches Können am Hochfest Christkönig ganz besonders einzusetzen.
"Kleines Jubiläum"
"Sie singen zur Ehre Gottes und zu unserer Freude und zu unserem Heil!" hatte Erzbischof Schick die Messbesucher auf das "kleine Jubiläum" des Domchores hingewiesen. Und mit seiner Untertreibung "klein" aber genau das mit anderen Worten gesagt, was Domkapellmeister Werner Pees im Gespräch mit unserer Zeitung so ausdrückte: "Wir haben kein Recht, uns als Chor in der Messe feiern zu lassen, wir feiern Christkönig!" So wurde dieser letzte Sonntag im Kirchenjahr ein wahrlich festlicher im Dom. Die drei Chöre der Kathedrale - Domchor, Domkantorei und Mädchenkantorei - sangen unter dem Dirigat von Werner Pees die "Missa fidem cantebus" von Christian Heiß. Bläser der Bamberger Symphoniker stimmten in das lateinische Glaubenszeugnis ein.
Bevor es zu einer derart perfekten Intonation kommt, muss geprobt und noch einmal geprobt werden. Domkapellmeister Werner Pees und seine Assistentin Franziska Bauer sind froh, dass ihre überwiegend jungen Sänger und Sängerinnen so kontinuierlich die Chorproben absolvieren: "Wir können uns glücklich preisen über den Ist-Stand", betont Pees. Und obwohl die gesellschaftlichen Umbrüche, die wachsende Distanz zur Kirche, die schon für Kinder vollen Terminkalender eine Mitwirkung im Domchor nicht mehr selbstverständlich machen, "bin ich nicht bang um die Zukunft der Kirchenmusik im Dom, die wird immer Bestand haben", zeigt der Domkapellmeister Zuversicht. Zumal seinen Worten nach "Qualität langfristig Futter gibt für das Glaubensleben und die Spiritualität".
Präsenz das ganze Jahr
Pees und Bauer würdigen auch die Eltern der Buben und Mädchen, die ihre Ferien- und Feiertagsplanung von den Auftrittszeiten der entsprechenden Gottesdienste machen. Weihnachten, Ostern, Pfingsten - allein schon diese Hochfeste erfordern Präsenz. Dazu kommen während des ganzen Jahres die musikalische Gestaltung verschiedener gottesdienstlicher Formen, Konzerte, Aufnahmen für CDs und etliches mehr. Höhepunkte im Sängerleben sind die Chorreisen ins benachbarte Ausland. "Ausbrecher" im positiven Sinne war 2017 die Mädchenkantorei: Ihre Reise führte sie nach Kanada.
Überhaupt die Mädchenkantorei: Fast 800 Jahre lang bestand der von Bischof Otto II. im Jahr 1192 als Domkantorat gegründete Domchor nur aus Knaben und Männern. Erst 1989 gelang es Werner Pees - damals Leiter des Amtes für Kirchenmusik im Erzbistum Bamberg - gegen die Widerstände einiger Domherren eine Mädchenkantorei zu gründen: "Die Domkapitulare hatten Angst, dass die Mädchen die Jungs aus dem Dom vertreiben!" muss Pees heute noch schmunzeln.
Inzwischen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Sängerinnen die erzbischöflichen Pontifikalämter begleiten: "Die Mädchenkantorei ist etabliert", so Pees. Ebenso "normal" ist es geworden, dass ein Laie und nicht ein Kleriker den Domchor leitet. Der Vorgänger von Werner Pees als Domkapellmeister war Wolfgang Wünsch, der erste Laie im Amt und Nachfolger des charismatischen "Capello" Paul Joseph Metschnabl. Heutige gestandene Männer des Domchores haben Metschnabl noch als Buben erlebt.
Am Sonntag, 3. Dezember, laden die Domchöre um 17 Uhr zum Adventssingen in den Dom ein. "Wir singen Advents- und keine Weihnachtslieder am ersten Advent", erklärt Pees nachdrücklich.
Wie auch die Werkstatt Neues Geistliches Lied, wie die domMusik am Mittleren Kaulberg ansässig, kommen die verschiedenen Chöre des Doms mit ihrem Wirken, so mein Eindruck, viel zu selten in der Medienlandschaft vor. Daher bin ich über den vorliegenden Bericht natürlich sehr erfreut.
Eines ihrer wichtigsten Anliegen ist natürlich, mittels der Musik christliche Werte zu vermitteln, für den Glauben zu werben und Gott zu preisen - Mädchenkantorei, Domchor und Domkantorei in eher traditioneller, doch mitnichten altbacken verstaubter Weise, das Neue Geistliche Lied auf moderne, manchmal fetzige Art. So sprechen sie verschiedene Menschen an. Nicht wenige aber sind auf beiden Seiten aktiv.
Ihr Wirken geht aber viel weiter: Die Mitwirkenden erfahren eine hochwertige musikalische Ausbildung, erleben Musik nicht nur repitativ, sondern leben sie kreativ, leben Gemeinschaft und tragen ihr Wissen und Können in die Heimatgemeinden und an andere Orte.
Wer domMusik und Neues Geistliches Lied - vielleicht sogar mehrmals - gehört und genossen hat, weiß, wovon ich schreibe. Und deshalb verdienen die Mädchen und Jungen, die Frauen und Männer viel mehr Aufmerksamkeit, mehr Berichterstattung, ja, mehr Werbung.
Nicht zuletzt: Die Verbreitung der Frohbotschaft (Evangelium) mittels zu Herzen gehender Musik ist ein wirksames Mittel, den um sich greifenden Haßbotschaften entgegenzutreten.