Priester im Erzbistum Bamberg proben Aufstand

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Symbolfoto: Nicolas Armer, dpa
Symbolfoto: Nicolas Armer, dpa

Der Veränderungsprozess, in dem die Strukturen der Kirche gewandelten Bedingungen angepasst werden sollen, ruft knapp zwanzig Geistliche auf den Plan.

Prälat Theo Kellerer hat mit seinen 82 Jahren den Traum von einer erneuerten Kirche noch längst nicht aufgegeben. Im Gegenteil. Der langjährige Bamberger Domkapitular und ehemalige Nürnberger Stadtdekan steckt mit seinen Visionen sogar Mitbrüder an: knapp zwanzig Priester im Unruhestand, die seit Jahrzehnten Dienst im Erzbistum Bamberg oder in Orden leisten.


Protest gegen überbordende Strukturfragen

"Wir sind die Konzilsgeneration", erklärt Prälat Kellerer unserer Zeitung. Also allesamt Priester, die sich den frischen Wind des Zweiten Vatikanischen Konzils um die Nasen haben wehen lassen. Und die jetzt ihrer Sehnsucht nach einem Sturmbrausen in den Kirchengemäuern Ausdruck geben. Mit ihrem öffentlich gemachten Papier "Träume für die Kirche von heute und für morgen" proben die älteren Herren den friedlichen Aufstand: "Wir werden durch dieses Papier die Kirche nicht aus den Angeln heben und retten, aber wir müssen unsere Stimme erheben!", betont Initiator Kellerer. Protestieren gegen überbordende Strukturfragen, anstatt das Gottesvolk zu einem lebendigen, persönlichen Christusglauben zu führen. Träumen von einer Kirche, die dezentral und subsidiär Lösungen für Probleme pastoraler Nöte finden und verwirklichen darf wie etwa die Zulassung wieder verheirateter Geschiedener und konfessionsverschiedener Ehepaare zu den Sakramenten.


Arme Kirche für die Armen

Revolutionär klingt der Wunsch, den Pfarrgemeinden eigene rechtliche Selbständigkeit und Leitungsverantwortung bis in den pastoralen Bereich hinein zu gewähren. Nur zu gut bekannt sind Träume der aufständigen Geistlichen wie die Zulassung von Verheirateten zur Priesterweihe oder die Diakons- und andere Weihen für die Frau. "Wir vertrauen mit Papst Franziskus darauf, dass sich die Kirche lieber verbeult, weil sie sich zu den Menschen auf den Straßen der Welt zubewegt, als dass sie nur bemüht ist, ihre Struktur und Macht aus höfischen, vergangenen Zeiten zu bewahren", heißt es auch in dem Papier, in dem von einer notwendigen "dienenden Kirche" die Rede ist, die sich der Bergpredigt verpflichtet fühlt und für die Armen eine arme Kirche wird.


Erzbischof dankt

Alles in allem ist das offene Schreiben dieser Priester eigentlich harter Tobak. Unverdaulich in einer Phase im Erzbistum Bamberg, in der neue territoriale Strukturen gefunden und die Verwaltung neu geordnet werden sollen. Dieser Veränderungsprozess unter dem Motto "Erzbistum mitgestalten" sei, so Prälat Kellerer, der Auslöser für das Traum-Papier gewesen. Für freundlich gemeinte Nadelspitzen, für die sich Erzbischof Ludwig Schick ausdrücklich bedankt!

"Mit Interesse habe ich die Überlegungen zur Kenntnisgenommen", sagt Schick. Die "grundsätzlichen Gedanken sind auch in dem Prozess zur Umstrukturierung und Erneuerung unseres Erzbistums hilfreich, sie werden in ihm bei verschiedenen Begegnungen und Diskussionen ins Gespräch einfließen", so der Erzbischof weiter.Tatsächlich befindet sich der Veränderungsprozess derzeit in der sogenannten Findungsperiode, die bis zum 31. Januar 2019 dauern soll. Dann folgt bis September 2019 die "Formalisierungsperiode", bis Oktober 2022 die"Umsetzungsbegleitungsperiode".

Was hinter diesen Wortungetümen steckt, formulierte Erzbischof Schick in seinem Hirtenwort zum Strukturprozess im September 2017 so: "Die Kirche soll im Dorf bleiben, aber zugleich muss jeder über den eigenen Kirchturm hinausschauen." Eine schlichte Formel, die die bevorstehenden, durchaus auch schmerzlichen Veränderungen auf den Punkt bringt.


Angst vor großen Entfernungen

Günter Heß, der Vorsitzende des Diözesanrates im Erzbistum, griff in einem Beitrag für das Online-Portal katholisch.de diese erzbischöfliche Kirchturm-Formel auf: "Über den eigenen Kirchturm hinausschauen - das darf aber kein Fernblick sein", konterte der oberste Laienvertreter. Auf dem Land hätten die Menschen Angst vor den großen Entfernungen, wenn der nächste Pfarrer 30, 40 Kilometer weit weg sei. Und in der Stadt hätten die Menschen Angst vor der anonymen Atmosphäre einer Großpfarrei, vermutet Heß.

In der Stadt Bamberg grummelt es in der katholischen Szene eher unter der Hand. Die Pfarrer tagen hinter verschlossenen Türen, aus ihren Pastoralkonferenzen dringt nur ein verhaltenes Säuseln: "Auf unserer Dekanatsebene ist es ein demokratischer Prozess", verkündet Dekan Günter Höfer immerhin. In Laienkreisen herrscht vor allem Unverständnis über die Anordnung des Erzbischöflichen Ordinariates, dass es mitten im Veränderungsprozess am 25. Februar 2018 Pfarrgemeinderatswahlen nach der bisher gültigen Wahlordnung geben muss. Im Traum-Papier der Priester um Prälat Kellerer heißt es passend: "... für uns alle stellt sich die Aufgabe, eine Kirche zu werden, die Ohren hat zu hören,was der Geist den Gemeinden sagt"....