Eltern haben eine "Kinderkirche" in St. Josef/Hain ins Leben gerufen, die allen offen steht. Klein und Groß stimmten auf die Karwoche ein.
Dicht gedrängt sitzen Kinder und ihre Eltern um den Altar der St. Josefskirche im Hain. Auch etliche Bankreihen sind besetzt. Kinderwagen statt Rollatoren in den Gängen: "Lasset die Kinder zu mir kommen!" Jesu Aufforderung hat sich auch an diesem Palmsonntag erfüllt. "Kinderkirche" ist angesagt, ein in Bamberger Pfarreien einmaliges Angebot, weil dieser Gottesdienst von Anfang bis Ende komplett für die Kleinen ist.
"Wir erreichen Leute, die sonst nicht in die Kirche gehen", freut sich das Vorbereitungsteam. Matthias Dietzel, Judith Müller-Reichert und Matthias Weismantel sind selbst Eltern von Kindern im Alter von einem Jahr bis acht Jahren. Und stehen wie so viele andere Mütter und Väter vor der Frage, wie sie ihren Nachwuchs religiös erziehen sollen angesichts herkömmlicher Messen, die sich vorwiegend an Erwachsenen ausrichten: "Wie sollen junge Leute da in die Kirche integriert werden?"
Immerhin hatten Kindergottesdienste in St. Josef bisher schon eine lange Tradition. Seit den 1970er Jahren gab es dieses spezielle Angebot, das sich großer Beliebtheit erfreute. Doch nachdem erst Pastoralreferentin Barbara Göb, danach Pastoralreferent Gregor Froschmayr als Hauptverantwortliche ihre Dienststelle wechselten, "schlief alles ein, das hat uns nicht gefallen",
blickt Matthias Dietzel zurück.
Die drei Eltern, die sich durch ihre Kinder im Kindergarten St. Josef kannten, ergriffen die Initiative. Die "Kinderkirche" sollte wieder aufleben. "Damit haben wir bei unserem Pfarrer offene Türen eingerannt",
erklären sie. Pfarrer Anton Heinz (St. Martin/St.Josef) sei froh über ihren Einsatz gewesen und habe jedwede logistische Unterstützung zugesagt.
Gleichwohl machten sich Matthias Dietzel, Judith Müller-Reichert und Matthias Weismantel in Eigenregie an die Arbeit. "Unsere Köpfe rauchten", lachen sie. Denn es sollte "ein Medium geschaffen werden, mit dem wir auch die Eltern erreichen". Alles steht also unter einem "theologischen Anspruch,
die Texte und Lieder müssen Hand und Fuß haben", betont Weismantel, der als Religionslehrer am Dientzenhofer-Gymnasium entsprechende Kenntnisse mitbringt.
Das Ergebnis aller Mühen spricht für sich: Seit der ersten "Kinderkirche" im Dezember 2017 wächst die Zahl der Besucher von Monat zu Monat. Außerdem hat sich ein ganzes "Heer von Freiwilligen" etabliert, das hinter und vor den Kulissen mitmacht. Die einen sorgen für die jeweiligen Ankündigungsplakate, andere für die Erinnerungsbuttons, für die Liedhefte, die musikalische Begleitung der Feiern und besonders auch für das anschließende "Kirchenbistro" im Gemeindezentrum. Unter Federführung von Monika Vonmetz sorgen Ehrenamtliche für einfache warme Gerichte und selbstgebackene Kuchen.
"Die Kinderkirche ist zu hundert Prozent eine Sache von Eltern und Ehrenamtlichen", betont das Vorbereitungsteam, finanziert durch Spenden und Sponsoren wie Bäcker und Metzger für das Kirchenbistro.
Das Team kann auch auf die Erzieherinnen des Kindergartens St. Josef bauen: Sie bereiten die Buben und Mädchen auf das jeweilige Thema der "Kinderkirche" vor, das sich am Kirchenjahr orientiert. Die Lieder und die Sprecherrollen werden eingeübt: "So fließt alles zusammen."
An diesem Palmsonntag macht sich die Schar in St. Josef mit Jesus auf den Weg zum Osterfest. Statt beim "Einzug nach Jerusalem" Hosianna zu rufen, klatschen, stampfen, hüpfen und tanzen die Kinder nach der Melodie, die Arnaud de Longevialle am Klavier und Irina Röder an der Querflöte vorspielen. Selbst Palmwedel fehlen nicht, die temperamentvoll von den Kleinen geschwungen werden. "Viele Menschen glaubten damals, dass Jesus ein König ist und jubelten ihm zu", lautet eine Erklärung.
Der kleine Eduardo lässt sich schrittweise als König einkleiden: mit Krone, Zepter, rotem Umhang und Schwert. Er reitet sogar auf einem (Stecken-)Pferd durch den Altarraum. Und dann kommt die Auflösung: "So ein König war Jesus nicht." Alle Utensilien werden wieder eingesammelt: "Jesus ist ein Mann mit einem guten Herzen. Er thront nicht über den Menschen. Er lebt mit ihnen. Er lässt sie immer wieder seine Liebe spüren."
Im Gebet klingen die düsteren Stunden des Karfreitags an, die österliche Hoffnung. Kinder sprechen Fürbitten, singen das Vaterunser, teilen den Friedensgruß. Auf dem Liedzettel lädt ein meditativer Impuls die Eltern zum Weiterdenken daheim ein.
"Die Kinderkirche ist ökumenisch offen für jede Familie in Bamberg", betonen die Initiatoren. Es sei keine "St. Josef only action", sondern ein Familienevent für alle am jeweils letzten Sonntag im Monat um 11 Uhr. Der nächste Termin ist also der 29. April.