Der Auftritt von Hardin & York in Bamberg war eine reine Nostalgieveranstaltung. Instrumentale Virtuosität und charmante Präsentation machten das Konzert dennoch vergnüglich.
Lang, lang muss man zurückgehen in der Popmusik-Historie, bis man die Wurzeln der beiden Herren erreicht hat, die da quietschvergnügt auf der Maxplatz-Bühne standen bzw. saßen - denn das Stehen und Gehen fällt ihnen zunehmend schwer, witzelte Pete York, der sich und seinen Partner Eddie Hardin gern als alte Männer stilisiert.
Pure Koketterie natürlich, denn am Instrument, Schlagzeug York, Keyboard Hardin, sind die beiden putzmunter. Freilich sind sie Veteranen aus der Zeit, als Popmusik noch nicht einmal Rock, sondern Beat hieß und sie mit der "Spencer Davis Group" Welthits landeten.
In Ehren ergraut
Knapp 40 Jahre ist das jetzt her, und die beiden machen vor, wie man in Ehren ergraut und auch nicht der Rockstar-Hybris samt Drogen und Alkohol erliegt.
Für ihr Bamberger Konzert hatte sich die einst "kleinste Big Band der Welt", so ihr Slogan nach der Trennung von Spencer Davis um 1968 herum, dann doch verstärkt. Steff Porzel ist gelegentlich mit Davis unterwegs, eigentlich Schlagzeuger, kann aber auch Gitarre und trefflich singen und ist: Bamberger. Bassist Gary Twiggs, auch er ein alter Kämpfer, war in Bamberg schon mit Roger Chapman zu hören, und fürs jugendliche Element sorgte Perkussionistin Sabine aus München.
Die Voraussetzungen für einen schönen Abend bei herrlichem Wetter und bestens gefülltem Platz waren also gegeben, und die Band tat ihren Job redlich. Musikalische Offenbarungen durfte man nicht erwarten und bekam sie auch nicht geboten. Einige tausend Zuhörer, fast alle auch schon gesetzteren Alters, strömen ja nicht herbei, um differenziert Musik zu hören, sondern um eine Gaudi zu haben und in Erinnerungen zu schwelgen. Was ja legitim ist.
So war also das Programm hübsch eingerahmt in die alten Spencer-Davis-Heuler "Keep On Running" und "Gimme Some Lovin'", und beim Gitarrenschüler-Allzeithit "House Of The Risin' Sun" schrie sich Porzel die Seele aus dem Leib. Was machte es da schon, dass einige Stücke an Tanzboden erinnerten, als man seinerzeit in den Geschlechter-Nahkampf ging, dass "Jailhouse Rock" und "Somebody Help Me" klangen wie von einer mittelmäßigen Cover-Band.
Orgel-Schlagzeug-Duelle
Dafür entschädigten die dann tatsächlich kleinste Big Band mit Orgel-Schlagzeug-Duellen, den besten Teilen des Abends. Die gute alte Hammond-Orgel ist ja auf Keyboard-Format geschrumpft und wird von aktuellen Bands kaum noch verwendet. Wer erinnert sich noch an Bands wie Nice, Procol Harum, Beggars Opera?
Eddie Hardin (64) erinnert sich. Und dann Pete York. Vor einigen Tagen ist der Mann 71 geworden. Unglaublich, wie er sein nicht allzu großes Drumset traktiert. Einem York-Solo könnte man stundenlang zuhören. Ökonomisch, mit einer richtigen Dramaturgie, keine stumpfe Kraftmeierei wie bei so vielen Rock-Drummern. Man merkt, wie eingehend er Jazz-Schlagzeuger wie Buddy Rich oder Gene Krupa studiert hat. Dazu kann er auch noch charmant-witzig moderieren, mit echt britischem Understatement. Das sollten einige in Bamberg lernen!
John Lee Hookers "Dimples" und "I'm A Man" der Spencer Davis Group dürfen nicht fehlen, und man fühlt sich wie auf dem Schulball anno 1974. Die Zuhörer waren begeistert. Sie warteten auch nicht darauf, dass einer der alten Musiker auf der Bühne starb, wie York scherzte. Nein, diese Alten bleiben uns hoffentlich noch lange erhalten.