Bamberg
Kultur

Franken trifft China in der Kunst

Bei einer Ausstellung in der Millionenstadt Kunming suchen fränkische und chinesische Künstler Gemeinsamkeiten und Unterschieden.
Schwingt nach China zurück: eines der Porzellandekore von Michaela Schwarzmann Foto: Michaela Schwarzmann
Schwingt nach China zurück: eines der Porzellandekore von Michaela Schwarzmann Foto: Michaela Schwarzmann

Längst sind sie wieder zu Hause, die Vertreter der fränkischen Bezirke des Berufsverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK), aber die Reise ins südchinesische Kunming wirkt noch nach. Und das darf sie auch, denn in Kunming startete für den Franken-BBK zuletzt eine Ausstellungsserie der Superlative.

Bis Januar 2019 wird in der sieben Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt der Provinz Yunnan an drei Ausstellungsorten die Ausstellung "Amplitude der Differenz" gezeigt. Im Frühjahr 2019 soll dieser "Ausschlag der Kunst" dann in Franken eintreffen und im Neuen Schloss der Eremitage Bayreuth, im Kunstmuseum Erlangen, im Museum Schloss Ratibor in Roth, im Kunsthaus Rennbahn 3 in Ansbach, in der Kunsthalle Schweinfurt und natürlich in der Villa Dessauer in Bamberg zu sehen sein.

25 Künstler aus Franken und elf Künstler aus der Provinz Yunnan suchen in der Ausstellung sowohl nach der Nähe der Kunstauffassungen in beiden Regionen als auch nach dem, was einander unterscheidbar macht. Knapp achttausend Entfernungskilometer sind das und zwei grundverschiedene politische Systeme. Und doch finden sich unterhalb dieser messbaren und faktischen Amplitudenausschläge viele sichtbare und sehenswerte Gemeinsamkeiten, Näherungspunkte und Wahlverwandtschaften.

Drei Jahre Vorlauf

Aus Bamberg und dem Landkreis sind zum Beispiel Michaela Schwarzmann, Peter Schoppel und Gerhard Schlötzer in dieser unbedingt bemerkenswerten Schau der Superlative vertreten. Drei Jahre reichen die Vorbereitungen für das Unterfangen zurück, erst dann konnte eine unabhängige Jury die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler treffen, die mit ihren Arbeiten exemplarisch für aktuelle Entwicklungen in Franken und im chinesischen Kunming beziehungsweise in der Provinz Yunnan stehen.

Dass die Beiträge von Schwarzmann, Schoppel und Schlötzer vor der Jury bestehen konnten, erklärt sich beinahe von selbst, wenn man sich das Set von handwerklicher Präzision, zwingender Idee und ästhetischer Wirkung, das hinter den Werkreihen der drei Künstlerinnen und Künstler steht, vergegenwärtigt.

Ein botanischer Irrtum

Michaela Schwarzmann zum Beispiel ist mit drei raffinierten und feinnervigen Triptychen vertreten. Einmal zeigt sie Porzellandekore, die wie die Serie "Zwiebelmuster" an die frühe Blaumalerei der sogenannten Ming-Dynastie (Mitte 14. bis Mitte 17. Jahrhundert) angelehnt sind. Das vermeintliche Zwiebelmuster aus China, so der Hintergrund zum alleine dekorativ schön genähten und gezeichneten Kunstwerk Schwarzmanns, beruhte in Europa auf einem Irrtum. Der in der historischen Malerei Chinas gerne zitierte Granatapfel wurde in Europa als Zwiebel interpretiert, weil man die später mit allerhand Symbolik aufgeladene Frucht, die den Weiderichgewächsen zugehört, hierzulande nicht kannte.

So faszinierend können also botanische Irrtümer sein. Und Schwarzmann lässt die Amplitude, den Ausschlag, den die chinesische Blaumalerei bis nach Europa genommen hat, nun nach China zurückschwingen. Nicht in feinem Meißener Porzellan, aber durch die Membran einer zarten Lineatur aus Fäden, Linien und Farbwegen.

Subtil politische Kunst

Peter Schoppel bringt in seinen ganz und gar unpolitisch wirkenden Radierungen, in denen er Konkretes und Vegetabiles zusammenführt, die Systemunterschiede zur Anschauung. Ordnung und Symmetrie um der Ordnung willen ringen mit dem vermeintlichen Chaos, das oft als Schreckgespenst beschworen wird, wenn ein Herrschaftssystem die Freiheit des Individuums nicht anerkennen will.

Gerhard Schlötzer scheint mit seinen großformatigen Graphit-Kalligraphien am nächsten an der klassischen Kunstauffassung Chinas dran zu sein. Aber auch er löst Ordnung in Unordnung auf, ins Chaos des Schönen. Vom lateinischen Alphabet und von Musiktiteln seiner Wahl inspiriert, löst er die Buchstaben in Gerade, Senkrechte, Diagonale und Segmentbögen auf. Mit diesen Teilen komponiert er ein neues Ganzes. Das ist kalligraphisch schön und doch zuerst ein Hoch auf individuelle Freiheit und freie Entfaltung der Person.