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Auch ohne NPD: Hirschaid stand zur Wehr bereit


Autor: Werner Baier

Hirschaid, Sonntag, 14. Dezember 2014

Zwar zeigte sich niemand von der NPD. Der Bürgermeister und die Gemeinderäte, der Landrat und die Polizei machten klar, dass sie sich den Rechten auf dem Rathausplatz entgegengestellt hätten.
Hirschaider Marktgemeinderäte im Gespräch mit Passanten, flankiert von Streifenwagen und Polizeibeamten. Foto: Werner <Baier


"Hirschaid wehrt sich" sollte das Motto einer Veranstaltung lauten, die der NPD-Kreisverband Bamberg-Forchheim am Samstagvormittag auf dem Hirschaider Rathausplatz halten wollte. Hirschaid wehrte sich dann tatsächlich, allerdings ganz anders als es sich die Neo-Nazi gedacht hatten: Der übliche Marktstand auf dem Rathausplatz und eine seit Wochen von der Verwaltung der Marktgemeinde genehmigte Benefizaktion standen ganz offiziell und unverrückbar einer ausländerfeindlichen Kundgebung im Wege. Die NPD zog deshalb den Antrag für den Hirschaider Termin gegenüber dem Landratsamt Bamberg, das die Demo verboten hatte, noch am Freitagnachmittag zurück.

Zum anderen schoben Bürgermeister Klaus Homann (CSU) und etliche Marktgemeinderäte am Samstagmorgen vor dem Rathaus Wache: Auf dass hier bloß keine Rechtsradikalen ihre Parolen verkünden! Längst stellen sich nicht nur die Hirschaider Verantwortlichen vor die im Ortsteil

Friesen untergebrachten Asylbewerber. Auf breite bürgerliche Zustimmung ist ebenso das Heim zur Betreuung von derzeit zehn minderjährigen unbetreuten Flüchtlingen aus Asien und Afrika gestoßen, das in einem Gebäudeensemble an der Bamberger Straße betrieben wird.

Mittlerweile wurde unter der Leitung von Udo Wüst (FW) ein Arbeitskreis eingerichtet, der Brücken zwischen den Einheimischen und den vor Krieg, Elend und Verfolgung geflohenen Ausländern schlagen sowie Kontakte vertiefen soll. Der Jugendbeauftragte des Marktgemeinderates, Horst Auer (SPD) kommt geflissentlich seinem Auftrag nach, die in Hirschaid gestrandeten jugendlichen Flüchtlinge zu integrieren. In diesem ausländerfreundlichen Klima, das nur durch eine von Hassparolen dominierte Website getrübt wird, ist kein Platz für Schreihälse vom rechten Rand der Politik. Das signalisierte die Vertretung des Marktgemeinderates am Samstagvormittag auf dem Rathausplatz unmissverständlich. Gerne gesellten sich Passanten dazu und machten Mut, Hirschaid vor einem Auftritt der NPD zu bewahren.

Kalb: neue Aufgabe für Kommunen

Selbst Landrat Johann Kalb schaute vorsichtshalber vorbei und fand Hirschaid gerüstet gegen eine eventuelle wilde Aktion der NPD. Eine neue Aufgabe komme auf die Kommunen zu, erklärte Kalb. Man müsse sich im Gefolge der politischen Auseinandersetzung plötzlich intensiv mit dem Demonstrationsrecht beschäftigen.
Denn die Rechten seien organisiert und wüssten, auf diesem Sektor zielgerichtet zu agieren. Allerdings würden sie im ganzen Landkreis auf Gegenwehr stoßen. Sie könnte im Nu organisiert werden, verriet Kalb. Stundenlang präsent war eine Abordnung der Bereitschaftspolizei, um für Recht und Ordnung zu sorgen. Allein: Die Beamten bekamen keine ihnen bekannten Angehörigen der rechten Szene zu Gesicht. Statt sich mit den Ausländerfeinden auseinanderzusetzen, delektierten sich die Ordnungshüter an den leckeren Produkten der nahen Bäckerei Göller oder sie versuchten - wie viele, die mehr oder weniger zufällig vorbei kamen - ihr Glück bei einer Tombola zugunsten eines bedauernswerten Säuglings. Mina heißt das jetzt halbjährige Mädchen, das im August durch einem Autounfall etwa zwei Drittel seines Gehirns verlor.

Ein Freundeskreis hat sich gebildet und trägt mit verschiedenen Aktionen dazu bei, dass Mina die bestmögliche Hilfe zuteilwird. Tröstlich zu sehen, wie angesichts solcher Schicksalsschläge und der Not in der Welt die Menschen hierzulande zusammenrücken. Störenfriede braucht es keine.

Trotz des Verbots der Kundgebung traute in Aschbach niemand dem Frieden