Windkraft in der Rhön? Die Debatte geht weiter...
Autor: Ulrike Müller
Bad Kissingen, Montag, 27. Mai 2013
Die Diskussion um Windräder in der Rhön bleibt zäh. Auf einer Fach-Tagung holte sich Thomas Schoenwald vom Landratsamt den Rat von Experten ein. Von drei Alternativen scheint sich ein klarer Favorit abzuzeichnen.
An ihr scheiden sich die Geister. Windkraft. Dort, wo Windräder gebaut werden, gibt es nicht selten Bürgerproteste. Und dort, wo Windkraft nicht erlaubt ist, reißen sich die Leute förmlich darum.
Während im östlichen Teil des Landkreises Bad Kissingen Windräder gebaut werden, ist der westliche Teil fast gänzlich von der Windkraft ausgeschlossen. Noch. Denn seit Jahren bemühen sich die Gemeinden der Brückenauer Rhön-Allianz darum, auch hierzulande an der Energiewende teilzuhaben. Das ist nur nicht so einfach. Denn der Altlandkreis liegt im Naturpark Bayerische Rhön.
Nun gibt es gleich mehrere Möglichkeiten, auch in Landschaftsschutzgebieten (LSG) Windräder zu bauen (siehe Info-Kasten). Immerhin, Einigkeit herrscht zumindest in einem Punkt: Niemand will die Rhön verspargeln und willkürlich Flächen aus dem LSG herausnehmen, frei nach dem Schweizer-Käse-Prinzip. Bleiben noch zwei weitere Varianten, und hier kommt Thomas Schoenwald ins Spiel.
Eine Zonierung ist sehr komplex
Schoenwald ist Jurist am Landratsamt Bad Kissingen und kennt sich in den rechtlichen Fragen rund ums Thema Windkraft aus. Im Februar besuchte er eine verwaltungsinterne Fach-Tagung in Augsburg, die das Bayerische Landesamt für Umwelt organisiert hatte. Denn auch in anderen LSGen drängen die Bürger darauf, Windräder errichten zu dürfen. Deshalb wurde in einem Modell-Projekt nach Lösungen gesucht. Die Antwort heißt Zonierung.
Bei der Zonierung wird ein LSG in verschiedene Zonen unterteilt, die unterschiedlich schutzwürdig sind. Im Altmühltal beispielsweise, einem der Modell-Gebiete, steht die Tallage unter besonderem Schutz. In einigen Randbereichen, die man vom Tal aus nicht sehen kann, dürfen nun in Zukunft durchaus Windräder stehen. Nicht so in der Rhön.
"Man kann diese Modell-Projekte nicht 1:1 auf uns anwenden", sagt Schoenwald nach der Tagung. Denn die Rhön ist als "Land der offenen Fernen" geschützt. Da ein Fleckchen zu finden, wo ein Windrad keine Sichtachse stört, ist schwierig.
Und noch etwas macht eine Zonierung kompliziert: Der Naturpark Bayerische Rhön kann nur als Ganzes betrachtet werden. Da sich das LSG aber über zwei Landkreise erstreckt, wäre nicht mehr der Kreistag zuständig, sondern der Bezirk Unterfranken. Außerdem ist das Verfahren kostspielig, da ein Ingenieurbüro die Zonierung nach objektiven Kriterien ausarbeiten muss. Ob am Ende die Wunsch-Standorte der Gemeinden in der entsprechenden Zone liegen, ist mehr als fraglich.
Roßbacher Forst bleibt Thema
Aus diesen Gründen favorisiert Schoenwald eine dritte Möglichkeit, die in Sachen Windkraft schon länger im Gespräch ist. Es gibt konkrete Überlegungen, im Roßbacher Forst einen Windpark in Betrieb zu nehmen, in dem bis zu 18 Anlagen stehen könnten. Noch ist das juristisch ausgeschlossen, denn auch der Roßbacher Forst liegt im LSG. Außerdem gibt es bisher keine gesicherten Erkenntnisse zu Windstärke und Artenschutz.
Doch Landrat Thomas Bold (CSU) könnte sich vorstellen, den Forst aus dem LSG heraus zu nehmen und so das Groß-Projekt zu ermöglichen, an dem laut Landratsamt auch Bürger beteiligt werden sollen. "Der Roßbacher Forst ist der vielversprechendste Ansatz von allen", sagt Schoenwald und begründet: "Der Wald ist eher untypisch für die Rhön, er erinnert eher an den Spessart." Da eine Einschränkung zu machen, sei objektiv begründbar und läge zudem in der Zuständigkeit des Landkreises.
Robert Römmelt (SPD), der Bürgermeister von Riedenberg und Sprecher der Rhön-Allianz in Sachen Windkraft, ist davon gar nicht begeistert. "Ich bleibe dabei: Wir haben die besseren Standorte. Und wir haben auch den besseren Wind."
Römmelt sitzt auch im Ausschuss für Wirtschaft und Umwelt des Kreistages. Dort wird das Projekt im Roßbacher Forst am 6. Juni vorgestellt. Doch selbst wenn die Kreisräte grünes Licht geben: "Es ist noch ein ganz weiter Weg", sagt Schoenwald voraus.
Drei mögliche Lösungs-Wege:
Schweizer-Käse-Prinzip Die erste Möglichkeit, Landschaftsschutzgebiete für Windkraft zu öffnen, besteht darin, einzelne Flächen herauszunehmen. Damit könnten die Wunsch-Standorte der Rhön-Allianz-Ge meinden umgesetzt werden. Allerdings birgt die "Durchlöcherung" die Gefahr, das andere Interessenten wie gewinnorientierte Investoren diese Standorte als willkürlich brandmarken und dieselben Rechte für sich beanspruchen.
Begrenzung am Rande Eine andere Möglichkeit ist, das Landschaftsschutzgebiet begründet einzugrenzen. Durch eine geringfügige Änderung der Grenzen - zum Beispiel am Rand - werden die Schutzbestimmungen nicht aufgeweicht. Eine denkbare Lösung wäre, den Roßbacher Forst aus dem Naturpark Bayerische Rhön auszugliedern und dort ein Projekt zu schaffen. Allerdings müssen Windstärke und Na turschutz beachtet werden.
Zonierung Das Bayerische Umweltministerium hat ein Konzept ausgeklügelt, mit dessen Hilfe Landschaftsschutzgebiete in verschiedene Schutzzonen unterteilt werden können. Je nach Zone sind Windräder erlaubt oder eben nicht. Für den Naturpark Bayerische Rhön müsste der Bezirk Unterfranken die Zonierung in Auftrag geben. Fraglich ist, ob die Ergebnisse mit den Wünschen der Gemeinden übereinstimmen. Außerdem ist das kostspielig.