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Vorläufiges Ende des Hochzeitsparadieses


Autor: Ulrike Müller

Bad Brückenau, Dienstag, 11. Dezember 2012

Viele Jahre lang hat sich Bad Brückenau mit Trauungen rund um die Uhr einen Namen gemacht. Doch diese Zeiten sind vorbei. Zur Wiederbelebung des Erfolgsrezeptes gibt es unterschiedliche Ansichten.
Magisches Datum: Heute geben sich gleich drei Paare in Bad Brückenau das Ja-Wort. Gudrun Friedrich-Kleine von der Tourist-Info hat den Termin gleich mit leuchtender Farbe markiert. Fotos: Ulrike Müller


Heute geben sich in Bad Brückenau gleich drei Paare das Ja-Wort. Für Standesamtsleiter Hans-Joa chim Bauer ist das ein außergewöhnlicher Tag: "Ich durfte seit dem 8.8.1988 alle diese Schnapszahlen begleiten."

Bis zum heutigen Tage haben sich in Bad Brückenau heuer 58 Paare trauen lassen. Bauer schätzt, dass bis Ende des Jahres etwas über 60 Hochzeiten zu verzeichnen sind. "Für unsere Größe sind wir noch ganz gut dabei", stellt Bauer klar. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Zahlen mal höher waren, und zwar deutlich höher. Von 1991 bis 2001 gaben sich jährlich mehr als 100 Paare hier das Ja-Wort, im Jahr 1996 wurde mit 161 Trauungen der Höhepunkt erreicht.

Doch das "Hochzeitsparadies" ist längst Geschichte.

Hochzeitsboom in 1990er Jahren

Hintergrund: In den 1980er Jah ren machte sich Bad Brückenau als Hochzeitsparadies ei nen Namen. "Heiraten Sie doch, wann Sie wollen, heiraten Sie in Bad Brückenau" schrieb ein Hochzeitsplaner. Damals führte das Standesamt die Möglichkeit ein, Trauungen rund um die Uhr anzubieten. Allerdings mussten Paare, die außerhalb der Dienstzeit heiraten wollten, ein Paket kaufen, das sich aus Angeboten der heimischen Wirtschaft zu sammensetze. Damals war die Idee neu. Damals war das ein Knüller. Heute kräht kein Hahn mehr nach dem Hochzeitsparadies, weil an dere Städte diesen Service längst auch an bieten.

Offiziell wurde das Ende des Hochzeitsparadieses am 31. Ok tober 2011, als das Tui Reisecenter, das das Hochzeits-Paket vermarktet hatte, den Vertrag kündigte. "Es hat sich für uns einfach nicht mehr gerechnet", erklärt Mit-Inhaberin Elke Hüf ner die Gründe für das Ende der Kooperation. "Wenn's hoch kommt, hatten wir noch zehn Paare im Jahr. Das ist kein Ver gleich zu früher, als es locker 40 oder 50 waren." Für Hüf ner ist das Hochzeitsparadies damit gestorben: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wieder so wird, weil wir unser Al leinstellungsmerkmal verloren haben."

Hoffnungen ruhen auf dem Dorint

Einer, der dem vehement wi derspricht, ist Hans Rohrmüller (CSU). Als Bürgermeister hatte er das Hochzeitsparadies damals mitbegründet. "Auch wenn wir das Alleinstellungsmerkmal nicht mehr haben, können wir das Hochzeits paradies wieder hochfahren. Zum Bei spiel, in dem wir neue Zielgruppen et wa in Ostasien ansprechen." Im Februar hatte Rohrmüller ei nen Anlauf unternommen, das Konzept wiederzubeleben. Doch der Versuch scheiterte, "weil das Interesse nicht da war. Und zwar auf der Seite der Gewerbetreibenden", zeigt sich Rohrmüller sichtlich enttäuscht. Nun setzt er seine Hoffnungen auf das Dorint.

Doch Veranstaltungsleiter Matthias Grief bleibt zurück haltend. Sein Fazit: Kooperation ja, ein fertiges Angebots-Paket nein. "Meine Erfahrung ist, dass die Paare ihre Hochzeit selbst in dividuell gestalten möchten", sagt Grief. Zum Zugpferd einer Mar keting-Kampagne in Richtung Fernost möchte sich das Dorint nicht machen lassen. "Ob chinesische oder japanische Paare nicht eher nach Neuschwanstein gehen?", fragt sich Grief und gibt zu Bedenken, dass da neben der sprachlichen Bar riere auch rechtliche Fragen geklärt werden müssten.

Was wird nun mit dem Hochzeitsparadies? "Die Zahlen sind zwar zurückgegangen", sagt Standesamtsleiter Bauer, "doch das gilt nicht für die Qualität." Nach wie vor habe Bad Brückenau einen guten Ruf wenn's ums Heiraten gehe. Und das Dorint vermittelt Hochzeitspaare an die heimische Wirtschaft - mit und ohne paradiesisches Konzept.
Mit dem 12.12.2012 geht je denfalls die letzte "echte" Schnapszahl des Jahrhunderts vor über. Aber keine Sorge, in den nächsten 88 Jahren darf - und wird - trotzdem geheiratet.