Bürgerengagement

Turmuhr zeigt die richtige Zeit

Nach rund 120 Jahren drehen sich die Zeiger der Uhr am historischen Stadttor erstmals wieder. Spenden und viel ehrenamtliche Arbeit haben das ermöglicht.
Mit den Zeigern in der Hand geht es nach oben. Uhrmachermeister Harald Götz  (links) und Thomas Froning von der Münnerstädter Feuerwehr.  Foto: Thomas Malz
Mit den Zeigern in der Hand geht es nach oben. Uhrmachermeister Harald Götz (links) und Thomas Froning von der Münnerstädter Feuerwehr. Foto: Thomas Malz
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Generationen von Münnerstädter blickten vergeblich auf die anno 1778 eingebaute Uhr zum Oberen Tor. "Wir wissen es nicht genau, aber um 1890 ist die alte Uhr stillgelegt worden, sagt Wolfram Graeber, der Vorsitzende des Vereins "Freunde des Oberen Tores". Rund 120 Jahre tat die Uhr nicht, was sie eigentlich sollte: Den Münnerstädtern die Uhrzeit anzeigen. Nach einer Rettungsaktion des Turms durch die Stadt erneuerten 2003 ein paar Enthusiasten das alte Ziffernblatt. "Das war die Geburtsstunde unseres Vereins", erinnerte der Vorsitzende am Donnerstagabend bei einer kleinen Feier. Kurz zuvor waren die Zeiger angebracht worden, womit die alte Uhr endgültig wieder funktionstüchtig ist.
Joachim Labastille ist begeistert. Der Elektrotechniker ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass das alte Uhrwerk aus der Stadtpfarrkirche wieder wie am Schnürchen läuft. "Er hat sogar neben dem Uhrwerk geschlafen, um zu überprüfen, ob es richtig funktioniert", lobt Wolfram Graeber. Joachim Labastille erklärt derweil die Funktionsweise der rund 50 Jahre alten Mechanik. Der Elektromotor dient lediglich dazu, das sich langsam senkende Gewicht nach jeder Minute wieder nach oben zu ziehen. Bei einem Stromausfall bleibt die Uhr zwar erst einmal stehen, das Gewicht senkt sich aber immer weiter. Kehrt der Strom zurück, wird automatisch die richtige Zeit angezeigt. 27 Stunden lang kann der Strom laut Bedienungsanweisung wegbleiben. Das hat Joachim Labastille auch getestet: Es stimmt.
Inzwischen sind Thomas Froning und Michael Winkler mit der Drehleiter der Freiwilligen Feuerwehr angerückt. Zusammen mit Uhrmachermeister Harald Götz aus Sondheim/Rhön steigt Thomas Froning in den Korb. Kurze Zeit später sind sie an der Uhr angelangt. Wolfram Graeber hat sich an einem Fenster ein Stockwerk unter der Uhr positioniert. Ein paar Handgriffe später sind die vergoldeten Zeiger aus Aluminium fest mit dem Uhrwerk verbunden. Nach 120 Jahren hat der Turm eine funktionierende Uhr.
Und das soll natürlich gefeiert werden. Wolfram Graeber und seine Mitstreiter vom Verein haben alle Helfer eingeladen und alle Spender. Der Vorsitzende erinnert an die Geburtsstunde des Vereins, nennt alle Helfer der einzelnen Schritte, die Sponsoren und hebt vor allem Erika Schmitt und Norbert Reiter hervor, die die Zeiger finanziert haben. Auch Bürgermeister Helmut Blank (CSU) wird mit Lob überhäuft. Er sei der erste Bürgermeister nach dem zweiten Weltkrieg mit Herzblut für die Altstadt.
Dann geht es zum gemütlichen Teil, bei dem die Zeit eine untergeordnete Rolle spielt.

1778 Das noch erhaltene Original-Ziffernblatt trägt die Jahreszahl 1778. Die Uhr hat etwa bis 1890 funktioniert. Dann wurde das Uhrwerk entfernt.

Oktober 2003 Roland Gopp, Wolfram Graeber, Bärbel Will, Josef Wilz und Arno Zimmermann bauen das Ziffernblatt originalgetreu nach. Das war die Geburtsstunde des Türmervereins (Gründung 30. Oktober 2003)

Herbst 2008 Dieter Petsch weist auf ein ausgemustertes Uhrwerk in der Stadtpfarrkirche hin. Die Pfarrei schenkt dem Turmverein die Mechanik. Noch im Herbst wird das Uhrwerk abgebaut und in die Spitalmühle gebracht. (Helfer: Meinrat Götz, Dieter Petsch, Christoph Gehring und Norbert Düring).

6. Dezember 2011 Das Uhrwerk wird zu Elektromechaniker Joachim Labastille gebracht (Michael Winkler, Dieter Petsch, Andreas Petsch, Norbert Düring).

10. Februar 2012 Nachdem Joachim Labastille die Mechanik und Elektrik repariert hat, wird das Uhrwerk ins Obere Tor gebracht, erst einmal über dem Torbogen (Norbert Düring, Michael Winkler, Hubert Rink, Dieter Petsch, Andreas Petsch, Joachim Labastille und Wolfram Graeber)

17. Februar Es erscheint ein Artikel über die Uhr mit Spendenaufruf in der Münnerstädter Zeitung. Am Vormittag melden sich Erika Schmitt und Norbert Reiter. Sie übernehmen die Kosten für die Zeiger und Nebenkosten (je 1000 Euro).

24. März Die Firma Buhl aus Strahlungen spendet eine Bodenplatte als Fundament für das Uhrwerk. Die Platte wird von Michael Winkler und Joachim Labastille eingebaut.

26. Juli Das zweieinhalb Zentner schwere Uhrenunterteil wird mittels Kran bis in die zweite Etage gezogen und eine Treppe nach oben geschleppt (Eva Labastille, Joachim Labastille, Christian Schmitt, Norbert Düring, Wolfram Graeber).

27. Juli Elektrischer Anschluss (Joachim Labastille).

31. Juli bis 23. August Die Firma Remog fertigt Spezialteile zum Antrieb der Zeiger (Spende). Die alten Zeiger werden demontiert (Hubert Rink, Joachim Labastille, Wolfram Graeber). Wolfram Graeber richtet den Uhrenkasten her. Am 15, August funktioniert die Uhr ohne Zeiger, Diese folgen am 23. August. tm