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Feuer unter dem Römershager Hallendach


Autor: Sebastian Schmitt

Römershag, Sonntag, 08. Januar 2017

Die SG Wildflecken und die SG Oberleichtersbach liefern sich einen Showdown, der sich gewaschen hat. Den Turniersieg holt sich zum ersten Mal der SC Motten.
Zur Sache ging es im Spiel der SG Wildflecken/Oberwildflecken (rote Trikots) gegen die SG Oberleichtersbach. Vollkommen unnötig kam es zu Tumulten und Rudelbildungen - ein unwürdiges Schauspiel. Foto: Sebastian Schmitt


Faustdicke Überraschungen hatte das diesjährige Dreikönigsturnier des SV Römershag parat. Beim Wettbewerb der ersten Mannschaften setzte sich diesmal nicht der hochfavorisierte und in der Halle extrem spielfreudige Kreisligist FC Bad Brückenau durch, sondern der SC Motten, der in einem spannenden, hart umkämpften, aber sehr fairen Finale die SG Oberleichtersbach/Modlos erst im Siebenmeter-Schießen mit 7:6 (2:2 n. V.) bezwang. Damit geht der Römershager Pokal zum ersten Mal überhaupt nach Motten.
Selbst eine fünfminütige Verlängerung, welche die SGO zeitweise sogar aufgrund einer Zeitstrafe in Unterzahl überstehen musste, brachte keine Entscheidung. Dass die "Möttner" niemand so wirklich auf der Rechnung hatte, liegt vor allem daran, dass der SC in der hessischen A-Liga Fulda/Rhön beheimatet ist. Dort allerdings eine überragende Saison spielt und auf einem überraschenden zweiten Platz überwintert, nachdem man aus 17 Spielen 36 Punkte geholt hatte und noch dazu eine der besten Offensivreihen der Liga stellt.


Siegerehrung mit Humor

Während die Mannschaft in hiesigen Gefilden eine große Unbekannte darstellt, ist der Mottener Trainer Jacek, genannt "Jerry", Wanke ein altbekanntes Gesicht. Schließlich hat der einstmals so torgefährliche und trickreiche Wanke schon für den FC Bad Brückenau die Kickstiefel geschnürt und später als Trainer der DJK Kothen humorige Fernsehauftritte bei einer TV-Show von Hans Sarpei gemeistert. Bei der Siegerehrung jedenfalls versprach das Mottener Team, im kommenden Jahr den Titel verteidigen zu wollen, und legte beim Siegerjubel eine gehörige Portion Humor ("Die Nummer eins der Welt sind wir") und eine beeindruckende Choreografie an den Tag. Spätestens 2018 werden die Einheimischen auch den SC von der bayerisch-hessischen Landesgrenze auf der Rechnung haben.
Eine weitere echte Überraschung war die Zwischenrunden-Partie zwischen der SG Wildflecken/Oberwildflecken und der SG Oberleichtersbach/Modlos. Eigentlich hat der B-Klassist vom Kreuzberg im regulären Rundenbetrieb schon länger nichts mehr mit dem A-Klassisten vom Dreistelz zu tun. Zudem waren die beiden Teams schon in der Vorrunde aufeinander getroffen, wobei sich Wildflecken knapp (1:0) behaupten konnte.


Wie in einer Wrestling-Show

Aber von Beginn an kochten zum Erstaunen des baffen Publikums nun die Emotionen hoch. Immer wieder musste das umkämpfte Match unterbrochen werden, immer wieder gerieten einzelne oder mehrere Spieler aneinander, immer wieder entstanden kleinere Rangeleien. Binnen weniger als zehn Minuten war die Atmosphäre so extrem vergiftet, dass es nun zu großen Tumulten, Rudelbildungen und regelrechten Ringkämpfen kam. Teilweise erinnerte das allzu muntere Treiben eher an Wrestlingshows US-amerikanischer Prägung als an Hallenfußball. Nur mit großer Mühe waren die hochemotionalen Streithähne auseinanderzubringen. Am Ende kamen die vollkommen unnötigen Raufereien so hitzig, zahlreich und urplötzlich wie aus heiterem Himmel daher, dass die Handgreiflichkeiten kaum noch zu überschauen, stoppen und einzugrenzen waren. Manche Akteure wollten sich regelrecht an die Gurgel, mehr als einmal wurden zumindest symbolisch Fäuste geballt, es wurde geschubst, gegrätscht, gerangelt.


Verwundert die Augen gerieben

Trotz dieses mehr als nur merk-/unwürdigen Schauspiels wurde das Match gnadenlos über die volle Distanz durchgezogen. Das hätte der Veranstalter dem Publikum allerdings gerne auch ersparen können. Vorbildcharakter jedenfalls legten die Akteure nicht unbedingt an den Tag. Die SGO setzte sich mit 2:1 gegen die Wildfleckener durch und landete letztlich im Finale. Angesichts derartiger Robustheit im Spiel rieben sich selbst die Schondraer und Bad Brückenauer Kicker verwundert die Augen, die sich genau ein Match zuvor zwar ebenfalls rein gar nichts schenkten, aber nun nach diesem lautstarken Tumult wie brave Musterschüler wirkten. Der Unmut über eine derartig kuriose Eskalation war in der Römershager Dreifachturnhalle förmlich zu spüren. Zwar war auch in einigen anderen Partien der Vor- und Zwischenrunde ordentlich Feuer unter dem Römershager Hallendach, aber eine solche Entgleisung verwunderte selbst die eingefleischten Fans doch sehr.


Vorzeitig abgereist

Die SG Wildflecken/Oberwildflecken reiste nach dem Match gegen Oberleichtersbach kommentarlos ab, obwohl sie eigentlich für die Finalspiele qualifiziert gewesen war. Das Spiel um Platz sieben wurde aus diesem Grund abgesagt. Bei der abschließenden traditionellen Preisverleihung in den späten Abendstunden trat ebenfalls kein Wildfleckener Spieler mehr den Weg in die Römershager Halle an. Nach kurzer Bedenkzeit nahm James, genannt "Jimmy", Galloway den Preis symbolisch entgegen, der jahrelang von Kindesbeinen an für den SV Wildflecken aktiv war und aktuell dem Bezirksligisten SV Riedenberg angehört.
In den Finalspielen nach dem eskalierten Match war zu beobachten gewesen, dass sich vor allem die erfahrenen Spieler um eine ausgesprochen freundschaftliche Atmosphäre bemühten, trotz aller sportlichen Rivalität. Dies gelang durchwegs hervorragend. Je länger das Turnier dauerte, desto stärker rückte nun wieder der Fairness-Gedanke in den Mittelpunkt. Die Akteure vermieden unnötige Provokationen und besannen sich aufs Kicken. Römershags Vorsitzender Erwin Miller zeigte sich nach dem extrem aufregenden Turniertag der ersten Mannschaften erleichtert, dass der hochemotionale Wettbewerb ohne ernsthafte Blessuren über die Bühne gegangen war. Sein Dank galt allen ehrenamtlichen Helfern und Unterstützern, die ein solches Mammutturnier an insgesamt vier Tagen erst möglich machen.


Die Bürgermeisterin lobt

Bad Brückenaus Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks konnte in diesem Jahr nicht wie gewohnt die Siegerehrung durchführen, weil sie in den Abendstunden des Dreikönigstages terminlich gebunden war. Aber sie schaute dennoch kurz beim Turnier vorbei. "Es ist wahnsinnig toll, was der SV Römershag da jedes Jahr auf die Beine stellt. Das verdient Respekt und Anerkennung. Der Zuschauerzuspruch in dieser wunderbaren Halle spricht für diese Veranstaltung", so Meyerdierks, die sich besonders darüber freute, dass es der SV ins kleine Finale gegen den FC Bad Brückenau geschafft hatte.


Ein fairer Verlierer

Dass letztlich sogar noch der dritte Platz für den Gastgeber rausspringen würde, war ebenfalls nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Die Bad Brückenauer nahmen die ziemlich überraschende Niederlage im Sinn-Stadt-Derby sportlich und zeigten sich als faire Verlierer. Der FC bleibt mit acht Turniersiegen aber Rekordhalter des Römershager Dreikönigsturniers. Streng genommen sind es sogar neun Titel, wenn man das Jahr 2014 dazuzählt, als allerdings aufgrund der Hallensanierung nur ein Jugendturnier durchgeführt worden ist. Interessanterweise hatten in den 80er und 90er Jahren, als der SV Römershag das Dreikönigsturnier allmählich etablierte, keineswegs die Lokalmatadoren das sportliche Sagen. Der FC Thulba und der FC 06 Bad Kissingen heimsten in den Anfangsjahren Titel ein. Auch die DJK Waldberg, der VfR Sulzthal und der SV Riedenberg gehörten einst zu den Stammgästen, als beim Budenzauber auch alle höherklassigen Teams ausnahmslos mit von der Partie waren.