Landkreis Bad Kissingen: Berufsverbot für die Liebe

Dr. Philipp Tropf war gerne Priester. Er arbeitete von 2014 bis 2016 in Schondra und Oberleichtersbach als Pastoralpraktikant, Diakon und Kaplan. Zeitweilig war er auch in Riedenberg, Oberbach und Wildflecken tätig. Ein Gespräch mit ihm über das Buch und die Gründe, warum sich die katholische Kirche nicht verändert.
Herr Tropf, Sie sprechen im Buch von schlechten Ausbildungsbedingungen, schildern wie Sie finanziell allein gelassen wurden, teils sogar zur Aufnahme eines Kredits gedrängt wurden. Wie haben Sie die Zeit in Schondra und Oberleichtersbach empfunden?
Philipp Tropf: Ausgesprochen ambivalent. Ich mag die Herzlichkeit der Menschen in der Rhön. Bei mir hat es sofort gefunkt, von Anfang an war es eine unvergleichliche Liebesgeschichte zu den Menschen, ich wollte mitten unter ihnen sein. Es gibt keinen Verein, zu dem ich nicht einen Bezug hatte. Ich war bei der Feuerwehr, beim Fußball, bei der örtlichen Jägervereinigung. Wir haben Romreisen gemacht. Die Zeit in der Rhön war eine ganz wunderbare Zeit. Das heißt aber nicht, dass das andere, was ich im Buch beschrieben habe, nicht stattgefunden hat. Es gibt auch nicht ganz so erfreuliche Erinnerungen, die bei mir abgespeichert sind.Eine Ihrer Praktikumsstellen beschreiben Sie mit drastischen Worten. Den dortigen Pfarrer schildern Sie im Buch als verschlossen, verklemmt und kontaktscheu.
Was ist für Sie die Kernaussage des Buches?
Was meinen Sie damit?
Zölibat, Frauenweihe, Kindesmissbrauch... Warum kann ein Papst sich nicht von den Äußerungen seiner Vorgänger lösen?
Wir müssen unterscheiden zwischen einem demokratisch aufgestellten Gesetz und einem Dogma. Ein Gesetz kann durch Parlamente aufgestellt und wieder verändert werden. Ein Dogma meint "Glaubenswahrheiten", die zeitlos gültig sind.Warum ist das Unfehlbarkeitsdogma dabei entscheidend?
Auf Drängen des Ersten Vatikanischen Konzils ist 1870 das Unfehlbarkeitsdogma unter Papst Pius IX entstanden. Der Kirche drohte die Gefahr, an Macht zu verlieren. Die Aufklärung war auf ihrem Höhepunkt, das moderne Wissen wurde den Menschen zugänglich gemacht.Es gab einen Eid, den alle katholischen Würdenträger ablegen mussten, dass sie gegen den Liberalismus sind, gegen die Demokratie. Zu jener Zeit dachte man seitens der Kirche, man schafft hier etwas Tolles. Das Dogma sollte die Unanfechtbarkeit der Kirche festigen. In Wirklichkeit war es ein absoluter Genickbruch. Sobald ein Papst an einem Dogma rüttelt, wird er sofort exkommuniziert.
Sie beschreiben, dass Sie sich lang damit beschäftigt haben, bevor sie die Liebe zu Bettina bekannt machten. Welche Gedanken haben Sie während des Entscheidungsprozesses begleitet?
Das ist eine sehr diskrete, private Angelegenheit. Dabei würden wir es gerne belassen. Für mich gelten bestimmte ethische Grundsätze : Authentizität, Aufrichtigkeit und Nächstenliebe. Irgendwann gab es den Moment, da war klar, dass es nicht mehr anders geht. Das war keine einfach Entscheidung, auch für meine Frau nicht.Nachdem Sie sich offenbart hatten, dass Sie Bettina lieben und mit ihr leben wollen, schildern Sie im Buch, dass Sie innerhalb von 24 Stunden suspendiert waren, auf den Tag genau keine Bezüge und ein sofortiges Berufsverbot erhielten. Es folgten stundenlange Anhörungen, Pressekampagnen ...
Man muss unterscheiden zwischen dem ersten Termin beim Diözesanadministrator Ulrich Boom und dem dann folgenden Laisierungsverfahren. Ich habe Herrn Boom dargelegt, dass ich in Zukunft mit der Frau, die ich liebe, zusammenleben möchte. Da antwortete er mir, dass er da nun keinen Handlungsspielraum mehr hätte und belegte mich mit sofortigen Berufsverbot. Im Folgenden gab es aber eine Pressemitteilung seitens der Diözese, in der es hieß, ich sei auf eigenen Wunsch aus dem priesterlichen Dienst ausgeschieden. Das entspricht so nicht der Wahrheit: Denn ich war gern Priester gewesen!
Das Gespräch führte Charlotte Wittnebel-Schmitz.
Bettina und Philipp Tropf: "Todesursache: Unfehlbarkeit. Eine Kirche nimmt Abschied von dieser Welt", Bephitro Verlag, Taschenbuch, 160 Seiten, Preis: 14,99 Euro
Zu den Beteiligten
Nachgefragt Die Saale-Zeitung bat die Diözese um Stellungnahme zum Buch. Pressesprecher Bernhard Schweßinger schrieb daraufhin: "Die Diözese kommentiert die Inhalte des Buches nicht."
Zu den Autoren Philipp Tropf, 1977 geboren, studierte nach dem Besuch einer Schauspielschule Theologie, Philosophie und Psychologie. Tropf hat 2009 im Fach Kirchengeschichte promoviert. 2010 gründete er eine Beratungsgesellschaft. 2016 empfing er in Würzburg die Priesterweihe und arbeitete als Kaplan in der Rhön und im Spessart. Ende 2017 erhielt Philipp Tropf durch die Amtskirche Berufsverbot, nachdem er sich öffentlich zu seiner Frau Bettina bekannt hatte.
Bettina ist Mutter von zwei erwachsenen Töchtern. Sie ist seit 30 Jahren bei einem internationalen Konzern tätig.