Veronika Richler ist Sozialpädagogin bei der Caritas und betreut seit Februar rund 150 Flüchtlinge im Landkreis. Auch in Burkardroth ist sie regelmäßig unterwegs. Eine Herausforderung für die 22-Jährige.
Oleg Rautenberg hat einen wichtigen Termin. In Schweinfurt. Doch wie kommt er dahin? Der 44-Jährige wohnt in Waldfenster und ist auf öffentliche Verkehrsmittel, Bus und Bahn, angewiesen. Veronika Richler klappt ihren Laptop auf und sucht im Internet eine passende Verbindung heraus. "Dein Zug geht halb zwölf ab dem Bahnhof Bad Kissingen", sagt sie. Oleg nickt zufrieden und bedankt sich.
"Es wäre schön, wenn ich immer so einfach helfen könnte", sagt die 22-Jährige.
Veronika Richler arbeitet als Sozialpädagogin bei der Caritas. Seit Februar ist sie mit ihrem Studium fertig. Seither betreut sie rund 150 Flüchtlinge im Landkreis Bad Kissingen.
Jeden Donnerstag kommt sie nach Waldfenster zur Pension Arnold. Hier lebt Oleg Rautenberg mit seinem Sohn. "Ich bin aus der Ukraine", erzählt er. Vor drei, vier Monaten ist er von dort geflohen.
"Ich sollte Kriegsdienst leisten", erklärt er.
So gut es eben geht
Nun versucht der Flüchtling, in Deutschland Fuß zu fassen. Veronika Richler hilft ihm dabei, zurechtzukommen, so gut es eben geht. "Wir reden sehr viel darüber, was er arbeiten kann", erzählt sie. In der Ukraine war Rautenberg als Heilpraktiker tätig. In Deutschland ist das aber nicht so einfach möglich.
"Hier braucht man Papiere", sagt er. Also sucht der Ukrainer nach einer Alternative. Ähnlich geht es den anderen Flüchtlingen in Waldfenster. Sie stammen ebenfalls aus der Ukraine und aus dem Kosovo.
Letztere haben wie alle anderen Balkanflüchtlinge nur wenig Chancen, in Deutschland zu bleiben. "Das muss man den Familien von Anfang an ehrlich sagen", so die Sozialpädagogin. Auch wenn es schwer falle.
Etliche Ausreisen, sogenannte Abschiebungen, hat die junge Frau schon miterlebt. Die gehen ihr schon nahe, besonders, wenn Kinder beteiligt sind.
"Vielen Menschen wird bereits im Kosovo Hoffnung gemacht, dass sich die Flucht nach Deutschland lohne. Man erzählt ihnen, dass sie hier zum Arbeiten gebraucht werden", weiß Veronika Pichler.
Zeit, über die einzelnen Schicksale der ihr Anvertrauten nachzudenken, hat sie aber nicht.
Ihr Arbeitstag ist vollgepackt - mit Beratungen, Gesprächen, Behördengängen und neuen Schicksalen. Die junge Frau steckt das alles erstaunlich gut weg. "Und wenn ich mal etwas nicht weiß, dann sage ich es ehrlich", erzählt sie.
Dennoch gibt es Momente, die sie belasten, wie etwa die Geschichten traumatisierter Flüchtlinge. Denn die bekommt sie trotz sprachlicher Barrieren schon mit.
Deshalb versucht Veronika Richler auch von Anfang an, manchmal mit Händen und Füßen, mit den Asylsuchenden zu kommunizieren. "Es kommt direkter an, als wenn ein Dolmetscher übersetzt", sagt sie.
Frauen bleiben oft Opfer
Nach ihrer Einschätzung sind etwa zwei Drittel der Asylsuchenden in Deutschland männlich und ein Drittel weiblich.
Die Frauen fliehen nicht nur aus den Kriegsgebieten in Syrien oder Somalia, sondern auch vor ihren gewalttätigen Ehemännern oder davor, wie sie in ihrem Heimatland behandelt werden. "Häufig sind sie Opfer vor, während und nach der Flucht", sagt Veronika Richler und nennt etliche Beispiele von Frauen aus Albanien, Nigeria oder syrischen Mädchen, die ihre Körper verkaufen, um durchzukommen.
Umso wichtiger ist es, dass sie zu ihnen Vertrauen aufbauen kann.
Schließlich muss die Sozialpädagogin mit ihnen Anträge stellen, eine erste Orientierung geben und auch Arztbesuche organisieren.
"Als ärztliche Versorgung erhalten Flüchtlinge zunächst nur Schmerz- und Notfallbehandlungen. Spezielle Therapien und Operationen oder etwa Füllungen und Kronen für ihre Zähne, wie erzählt wird, bekommen sie nicht einfach so", sagt die Betreuerin.
Diese Leistungen müssen erst beim Gesundheits- und Sozialamt beantragt werden. Und das kann dauern.
Dennoch bewertet Veronika Richler die Zusammenarbeit mit den Behörden als gut. Mittlerweile sei die Zahl der Mitarbeiter dort deutlich erhöht worden. Und dennoch könnten sie nicht immer sofort das enorme Arbeitspensum bewältigen.
Trotz all der Widrigkeiten, Probleme und Umstände macht sie ihren Job gerne.
"Das Schöne an meiner Arbeit ist, zu sehen, wie die Flüchtlinge hier wirklich ankommen", sagt Veronika Richler. Um so wichtiger sei es, dass die Asylsuchenden zusätzlich von Ehrenamtlichen betreut, unterstützt und angenommen werden. "Das klappt im Landkreis überall, Danke", so ihr Fazit. In fast jeder Gemeinde haben sich Helferkreise gebildet, die nicht nur Möbel, Kleidung und Essen, sondern auch Deutschkurse organisieren.
"Denn davon gibt es viel zu wenig", sagt die Sozialpädagogin.
Oleg Rautenberg aus der Ukraine hatte Glück. Er konnte über den Waldfensterer Helferkreis deutsch lernen. Inzwischen kann sich der Flüchtling schon sehr gut verständlich machen. "Nur schreiben klappt noch nicht gut", sagt er.