Andreas Seidenthal staunte nicht schlecht: In der Engelsfigur, die er aus einem Stück Eichenholz mit seiner Kettensäge schnitze, steckte ein Geschoss. "Vermutlich aus dem Zweiten Weltkrieg", überlegt Seidenthal.Das kleine Metallteil ist ganz rostig und schon etwas demoliert.

Doch das war es gar nicht, was den 36 Jahre alten Hobby-Künstler so verblüffte, denn das Geschoss hat seinen Engel "di rekt ins Herz getroffen." Im ersten Moment sei ihm das gar nicht aufgefallen, erzählt Sei denthal. Als die Kette der Säge auf das Geschoss traf, flogen die Funken. Erst später entdeckte er, wo das Metallteil steckte. "Sehr kurios."
Sohn Leon findet dafür nur ein Wort: "Hammer!" Für den Zehnjährigen und seinen Bruder ist es das Ereignis des Wochenendes. Der Vater fertigte die Fi gur für eine Bekannte an - wie er das schon oft gemacht hat. Dass so etwas Besonderes im In neren verborgen ist, hatte kei ner geahnt.

Das Holzstück, mit dem Seidenthal arbeitete, stammt aus der Nähe von Speicherz. "Das Stück steht vor mir, ich fange an ...", rekapituliert Seidenthal den Arbeitsprozess. Seidenthal hat unmöglich wissen können, dass ein Geschoss in dem Teil steckt. Und trotzdem stellt er den Holzblock genauso vor sich hin, wie er es eben getan hat. Er setzt mit der Säge genau an der Stelle an, wo er es für richtig hält. Entscheidet, wo vorne und wo hinten ist. "Und genau da, wo das Herz ist, steckte das Ding drin", wundert sich Seidenthal über diesen ungeheuren Zufall.
An eine höhere Macht mag der Straßenwärter da freilich nicht gleich glauben. Abergläubisch? "Eigentlich nicht", stellt Seidenthal klar. Trotzdem ist ihm die Geschichte noch lange nachgegangen. "Da macht man sich schon seine Gedanken."