Sie retten Leben. Manchmal. Und bilden Jugendliche aus. Seit Jahrzehnten. Nun übernimmt der Nachwuchs das Zepter.
Constanze schnappt nach Luft. Dann verschwindet ihr Kopf wieder unter Wasser. Sie strampelt. Luft. Luft! Starke Arme von hinten. Mit routinierten Bewegungen nimmt Stephan Ritter die junge Frau in den Fesselschleppgriff und bringt sie sicher ans Ufer.
Das "Ufer" ist allerdings kein grüner Grasstreifen und das Wasser ist auch kein Badesee. Stattdessen liegt Constanze auf einer roten Übungs-Matte am Beckenrand in der Sinnflut. "Ich bin sehr, sehr gern im Wasser", sagt die 18-Jährige aus Oberbach begeistert, die schon als Grundschülerin bei der Wasserwacht war. So wie (der) Ritter sie eben "gerettet" hat, könnte sie das auch: Ertrinkende aus dem Wasser holen und Erste Hilfe leisten: Das lernen alle Jugendlichen, die bei der Wasserwacht mitmachen.
Generationswechsel in Vorstand Ritter ist neuer Vorsitzender beim Brückenauer Ortsverband der Wasserwacht. Er hat das Zepter mit Stefan Scheller getauscht, der 20 Jahre lang an der Spitze des Vereins stand: Schon als die Gruppe zur Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) gehörte, war er vier Jahre lang Vorsitzender. 1997 schloss sich der Verein aus organisatorischen Gründen dann der Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuzes an. "Bevor ich Vorsitzender geworden bin, gab es einen Generationskonflikt", erinnert sich Scheller. Jung und Alt seien auseinander gedriftet. Spannungen traten auf. Scheller wollte das anders machen. Und tat es auch.
Seit Jahren arbeiten im Vorstand alt gediente Mitglieder und der Nachwuchs zusammen. Stephan Ritter zum Beispiel ist 37 Jahre alt und schon lange Schellers Stellvertreter. Nun haben die beiden ihre Posten getauscht. Auch der Technische Leiter der Wasserwacht, Rainer Schüler aus Riedenberg, wollte etwas kürzer treten. Er gab sein Amt an den 22-jährigen Jochen Bienmüller aus Geroda weiter. "Der kommt direkt aus unserer Nachwuchs-Arbeit", erzählt Scheller nicht ganz ohne Stolz.
Jugendarbeit hat Priorität Am Beckenrand sitzt Falk Hannemann, Vorsitzender der Kreiswasserwacht, gemütlich in einem Stuhl. Vor ihm zieht ein Jugendlicher seine Bahnen im Becken. Akribisch schreibt Hannemann mit: Der Junge legt gerade sein silbernes Rettungsschwimmabzeichen ab. Weiter hinten in der Sinnflut lümmeln Kinder auf orange-farbenen Liegestühlen. Ein Seil geht von Hand zu Hand. Knotenkunde. Trainer Sebastian Statt erklärt, wie das Seil gelegt werden muss, damit der Knoten hält. Mit konzentriertem Blick macht der zwölfjährige Robin Schneider die Bewegungen nach. Genau das ist es, was dem alten und dem neuen Vorsitzeden so wichtig ist: Das Training für die Jugendlichen weiter aufzubauen und dafür zu sorgen, dass Jugendleiter wie Constanze und Sebastian nachkommen. Beide - Scheller und Ritter - haben selbst als Jugendliche von der Wasserwacht profitiert.
Heutzutage sei es allzu oft der Gemeinschaftsgeist, der untergeht, beklagt Scheller. "Anderen zu helfen ist nicht mehr so ausgeprägt." Deshalb spielt der soziale Aspekt der Vereinsarbeit für sie eine besondere Rolle. Schließlich gilt nicht nur im Wasser: Gewusst wie ist schon halb gerettet.