Gelebte Völker-Verständigung
Autor: Ulrike Müller
Bad Brückenau, Sonntag, 26. August 2012
Die "Europäische Triangel" zwischen Bad Brückenau, Ancenis und Kirkham feiert noch bis heute in Frankreich runden Geburtstag. In mehrerer Hinsicht.
Hätte Brigitte Meyerdierks (CSU) das Wort Wasser nicht ganz so oft in den Mund genommen, wer weiß, die Festtagsgesellschaft wäre vielleicht trocken geblieben. Während die Bürgermeisterin die Heilquellen der Stadt rühmt, fallen die ersten Tropfen. Wenige Minuten später rennt alles, was zwei Beine hat, unter das schützende Dach der Stadthalle von Ancenis.
Der diesjährige Besuch im französischen Ancenis ist gleich in mehrerer Hinsicht bedeutsam: Seit 1981 pflegt Bad Brückenau eine freundschaftliche Beziehung mit der kleinen Stadt am Ufer der Loire. Die Feierlichkeiten zum 30-jährigen Bestehen der Partnerschaft mussten im vergangenen Jahr allerdings dem Stadtjubiläum weichen. An diesem Wochenende wurde die offizielle Zeremonie in Frankreich nachgeholt. Mit vor Ort ist eine Delegation aus Kirkham, das an der Westküste Englands liegt. Die drei Orte stehen seit Jahrzehnten in regem Austausch miteinander: Ancenis und Kirkham seit 1973, Ancenis und Bad Brückenau seit 1981 und Bad Brückenau und Kirkham seit 1995.
Gedenkfeier vor dem Rathaus
Doch bevor die Partnerstädte ihre langjährige Verbundenheit feiern, erklingt eine traurige Melodie auf dem Rathausplatz von Ancenis. Ein paar Trompeter spielen zum Gedenken an die Toten der beiden Weltkriege. Melina Häussler umklammert die Ecke einer Deutschlandfahne, ihre Mutter Tatjana hält die andere. Ihnen gegenüber stehen französische und britische Kriegsveteranen, die den blutigen Kampf zwischen Deutschen und Alliierten selbst erlebt und durchlitten haben. Mit weißen Handschuhen halten sie die Fahnen ihrer Länder, die in den blauen Himmel ragen. Es ist ein ehrwürdiges Bild.
Dann legt der Bürgermeister von Ancenis, Jean-Michel Tobie, einen Kranz am Kriegerdenkmal der Stadt nieder. Brigitte Meyerdierks und Peter Hardy, Bürgermeister von Kirham, begleiten ihn. Ein weißes Band mit goldener Schrift schmückt das Gesteck: Ancenis - Kirkham - Bad Brückenau ist darauf zu lesen. Zum Abschluss schallt die Europa-Hymne über den Platz. Die Georgi-Bläser und die Stadtkapelle Harmonie Municipale aus Ancenis spielen gemeinsam "Freude schöner Götterfunken". Melina und ihre Mutter falten das Deutschland-Tuch zusammen. "Dass es so offiziell werden würde, haben wir leider nicht gewusst", sagt Meyerdierks nach der Gedenkfeier etwas wehmütig. "Sonst hätten wir noch eine ordentliche Fahne organisiert."
Gemeinsames Schicksal Europa
Die Jubiläumsfeier selbst vollbringt das Kunstwerk, eine Menge an Reden kurz und präg nant über die Bühne zu bringen. Das Partnerschafts-Komitee aus Ancenis hat jede Rede im Vorfeld übersetzen lassen und in einem Heft abgedruckt. Nur Yves Daniel muss vor Ort übersetzt werden. Es sei ihm nachgesehen - immerhin ist der Abgeordnete der Nationalversammlung extra aus Paris angereist.
"Europa ist unser gemeinsames Schicksal", bringt Jean-Michel Tobie die aktuelle politische Situation auf den Punkt. Der Friede, der Europa eint, sei vielen selbstverständlich. "In Wirklichkeit bleibt er zerbrechlich", mahnt der Bürgermeister von Ancenis an. Brigitte Meyerdierks lobt den Dialog zwischen den Partnerstädten, der nur auf der Basis von Vertrauen und Respekt gelingen könne. Es ist ihr anzumerken, dass sie diese Erfahrung besonders der Jugend nahe bringen möchte, damit die Zusammenarbeit der Städte eine Zukunft hat.
Peter Hardy, Bürgermeister von Kirkham und kein Mann schwermütiger Worte, nutzt seine Rede vor allem dazu, darauf hinzuweisen, dass es in diesem Jahr ein Brite war, der die Tour de France gewonnen hat. Schon nach den ersten Worten hat er das Publikum für sich gewonnen. Britischer Humor eben.
In der Nacht auf Donnerstag hat sich die Bad Brückenauer Delegation auf den Weg nach West-Frankreich gemacht, am Freitagabend kam der Bus an. Heute macht sich die 50-köpfige Delegation dann wieder auf den Rückweg, Ankunft wird spät in der Nacht sein.