Ein russlanddeutsch-deutsches Kosmetikstudio

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Jacqueline Krause (rechts) eröffnet ein neues Kosmetikstudio in Bad Brückenau. Mit im Team: Kosmetikerin Irina Steigerwald. Foto: Ulrike Müller
Jacqueline Krause (rechts) eröffnet ein neues Kosmetikstudio in Bad Brückenau. Mit im Team: Kosmetikerin Irina Steigerwald. Foto: Ulrike Müller

In den 1990er Jahren kamen hunderte Russlanddeutsche nach Bad Brückenau. Einige sind weitergezogen. Viele sind geblieben. So auch Irina Steigerwald, zweite Landessiegerin Kosmetik 2012.

Zweierlei eint die beiden jungen Frauen: ihre Liebe zum Nageldesign und der Frust darüber, "dass die Dinger einfach nicht gehalten haben." Diese Erfahrung machten Jacqueline Krause und Irina Steigerwald unabhängig von einander, aber mit dem gleichen Ergebnis: Fortan gestalteten die beiden Frauen ihre Kunstnägel einfach selbst.

"Irgendwann habe ich keine Lust mehr gehabt, das allein zu machen", berichtet Jacqueline Krause. "Da bin ich zu Irina gegangen." Die beiden haben sich so gut verstanden, dass sie jetzt ihr eigenes Kosmetikstudio eröffnen.
Irina Steigerwald ist Expertin auf ihrem Gebiet. Ihre Ausbildung zur staatliche geprüften Kosmetikerin absolvierte sie im "Schönheitsfleck" in Burkardroth. Im September 2012 wurde die 23-Jährige Kammersiegerin Kosmetik für Unterfranken. Einen Monat darauf holte sie Platz zwei beim Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks für Bayern.
"Drei Punkte haben mir zur Landessiegerin gefehlt", erzählt die ehrgeizige junge Frau. Trotzdem eine beeindruckende Leistung.

Als Kind gehänselt

Ihren Ehrgeiz hat Irina Steigerwald schon als Kind entwickelt. Als sie acht Jahre alt war, siedelte sie mit ihrer Familie von Kasachstan nach Deutschland über. "Der Anfang war wahnsinnig schwer", erinnert sie sich. "In der Schule wurde ich oft gehänselt." Das lag vor allem daran, dass sie kaum Deutsch konnte - ein Schicksal, das sie mit ihrer Mutter teilt. Die sprach nämlich als Kind kein Russisch, und als im zweiten Weltkrieg die Wolga-Deutschen aus ihren Gebieten in Russland vertrieben wurden, kam ihre Mutter wie viele andere nach Kasachstan. Dort musste sie in eine russischsprachige Schule gehen - und verstand kein Wort.

Mit jedem Schuljahr, das Irina Steigerwald in Bad Brückenau durchlief, wurde sie besser. Schließlich machte sie mit einem Notendurchschnitt von 1,1 an der Mittelschule ihren qualifizierten Hauptschulabschluss als Jahrgangsbeste. Ob sie sich inzwischen integriert fühlt? Steigerwald wiegt den Kopf. "Das hängt davon ab, wem ich gegenüber stehe", sagt sie. "Wenn die Leute meinen Nachnamen hören, ist alles in Ordnung. Aber wenn ich dann meinen Vornamen sage, merke ich, wie sich die Situation verändert. Die denken dann: Aha, Russe", beschreibt sie ihre Erfahrungen. Gleich danach fügt sie aber hinzu: "Gott sei Dank, gilt das nicht für alle."

Bei den Jugendlichen sei das schon einfacher. "Die meisten sind damit aufgewachsen, dass es hier viele Russlanddeutsche gibt." Aus der Welt ist das Thema Diskriminierung für sie deshalb aber trotzdem nicht: "Mit Vorurteilen kämpft man als Russlanddeutsche sein ganzes Leben."

Für Jacqueline Krause spielt Steigerwalds russlanddeutsche Herkunft keine Rolle. Die 28-Jährige möchte das Studio als zweites finanzielles Standbein neben dem Bistro "La Familia" aufbauen. Der berufliche Neustart ist für beide eine Nagelprobe. Aufgeregt? "Ja, klar", kommt es wie aus einem Munde.