Es ist ein Klassiker, Hymne des Rhönklubs und ein Stück Heimat für viele. Heute ist der letzte Tag, an dem noch gilt: Das Rhönlied wird heuer 100 Jahre alt.
Es knallt, dass es einem durch Mark und Bein fährt. "Haha", lacht der Wurzelsepp hinter seiner Schnupftabak-Maschine hervor. Filzhut, grauer Vollbart, das Gesicht gerötet. "Damit haste nicht gerechnet, was?"
In der Tat. Ich bin ja schon froh, dass ich überhaupt hergefunden habe. Nachts, mitten durch den Wald, zum Würzburger Haus hinauf. Allein die Spuren im Schnee sagen, da muss noch was kommen. Also weiter. Die Mission: Das Rhönlied. Live und unplugged, also ohne technischen Verstärker. Die Rhöner Hochsitzmusikanten geben ein improvisiertes Konzert nach Feierabend, kurz vor Heiligabend.
Ein lebendiges Maskottchen
Oben die rauchige Gaststube. Warm immerhin, eng. Aber was für eine Stimmung! Der Wurzelsepp, der eigentlich Franz Galler heißt und aus der Steiermark stammt, kriegt nicht genug von der Knallerei, die Hochsitzmusikanten nicht genug vom Spielen und die Gäste nicht genug Alkohol. "Wir haben ein lebendiges Maskottchen", klärt mich Christian Hüfner auf. "Der Wurzelsepp ist immer dabei."
Ach ja, der Wurzelsepp. Mit der Begeisterung eines Kindes "spielt" der auf einem alten Waschbrett, lässt sich gar nicht mehr bremsen. Christian Hüfner, Manfred Markert und Leo Zirkelbach wiederum lassen sich nicht beirren. Sie spielen, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Mit Schifferklavier, Steirischer, Kontrabass und Gitarre, je nach Bedarf. Hauptsach' es rockt. "Üben tun wir net", soviel ist klar. Höchstens "sich warmspielen".
Das Kreuzberglied ist bekannter
"Das Kreuzberglied woll'n die Leut' aber öfter hör'n", erzählt Zirkelbach. "Wahrscheinlich kommt das durchs Kreuzbergbier." Irgendetwas muss da dran sein, denn Elmar Klug hat ähnliche Erfahrungen gemacht. "Die meisten Gästen verwechseln das Rhönlied mit dem Kreuzberglied", berichtet der Veranstaltungsleiter der Staatlichen Kurverwaltung. Ihm selbst passiert das freilich nicht. Er kennt das Rhönlied. Auch alle vier Strophen? "Ich würd' sie hinbekommen", sagt Elmar Klug - und gibt gleich ein Ständchen durchs Telefon.
Die Rhöner Hochsitzmusikanten sind textsicher. Ohne Frage. Das läuft wie geschmiert und die Gäste sind begeistert. Gastwirt Robert Voll schaut hinter seiner Theke hervor, brummt mit. Der Wurzelsepp schnappt sich die älteste Frau im Raum - die jüngste hatte sich ja geweigert - und wirbelt mit ihr über den derben Holzfußboden. Getanzt wird!
Ganz am Ende holen die Hochsitzmusikanten dann doch noch ihr Textheft heraus. Sie spielen das Rennsteiglied - auf Wunsch einer einzelnen Dame. Dankeschön!