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Das Dilemma der Windkraft in der Rhön


Autor: Ulrike Müller

Bad Brückenau, Montag, 25. März 2013

Robert Römmelt kämpft seit Jahrzehnten für Windräder in der Rhön. Doch die dürfen einfach nicht kommen. Und das liegt nicht etwa daran, dass hier kein Wind wehen würde...
Schon Robert Römmelts Großvater Anton Römmelt war in Sachen erneuerbare Energien unterwegs. Er baute im Jahr 1914 ein Wasserkraftwerk auf seinem Grundstück, das bis heute funktioniert. Foto: Ulrike Müller


Der Strom für die nackte Glühbirne, die ihr warmes Licht an die Holzwände in Robert Römmelts Küche wirft, kommt von nebenan: In seiner Scheune direkt neben der Sinn laufen zwei Wasserkraftwerke Tag und Nacht. Das erste hat Römmelts Großvater Anton vor 99 Jahren in Betrieb genommen. Bis 1960 versorgte er das ganze Dorf mit Strom. Die zweite Anlage baute Römmelt selbst - nach einem Besuch im Atomreaktor in Tschernobyl. "Eine Katastrophe. Aber richtig", sagt er heute über diese Erfahrung, die ihn zum Kämpfer für erneuerbare Energien machte, wie es nur wenige im Altlandkreis gibt.

Robert Römmelt will auch Windenergie in die Rhön holen. Der Bürgermeister von Riedenberg (SPD) hat sich zusammen mit seinen Amtskollegen der Brückenauer Rhönallianz - dem Zusammenschluss der acht Gemeinden des Altlandkreises - dafür stark gemacht, dass die Kommunen einzelne Windräder aufstellen dürfen (siehe Grafik). Es gibt nur ein Problem. Aber das hat es in sich.

14 Landschaftsschutzgebiete (LSG) gibt es im Landkreis Bad Kissingen. Das größte ist der Naturpark Bayerische Rhön, der fast den gesamten westlichen Teil des Landkreises umfasst. Im LSG aber ist Windkraft - noch - tabu. "Von einer schönen Landschaft kann ich nicht essen und nicht trinken", kritisiert Römmelt die Schutzbestimmungen. Doch die gibt es ja nicht ohne Grund.

Drei Lösungen - und keine passt

Um doch noch Windräder in der Rhön bauen zu können, gibt es drei Möglichkeiten. Die erste ist, das LSG nach den Wünschen der Gemeinde aufzuheben. Das Ergebnis wäre ein willkürlich durchlöchertes LSG. Private Investoren könnten vor Gericht einklagen, dass auch für ihre Projekte Ausnahmen gemacht werden. "Dann will irgendwann einer sein Windrad auf den Kreuzberg stellen oder direkt vors Schloss Neuschwanstein", schildert Thomas Schoenwald, Jurist am Landratsamt Bad Kissingen, das Dilemma.

Die zweite Möglichkeit wäre, das Landschaftsschutzgebiet Bayerische Rhön zu beschneiden. Die Grenzen könnten so verändert werden, dass Standorte an den Randgebieten - wie etwa der Roßbacher Forst - außerhalb der Schutzgebiete liegen. Das ist die Lösung, die Landrat Thomas Bold bisher bevorzugt. Die Bürgermeister der Rhönallianz sind allerdings wenig begeistert von dem Projekt.

Zauberwort Zonierung

Die dritte Lösung klingt am Erfolg versprechendsten. Das Zauberwort heißt Zonierung. Weil andere Regionen in Bayern dasselbe Problem haben wie die Rhöner, hat das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit ein Modellprojekt im Naturpark Altmühltal gestartet. Dabei wurde das LSG in drei Zonen eingeteilt. Der Großteil gilt weiterhin als unbedingt schützenswert. Hier dürfen keine Windräder gebaut werden. In einer zweiten Zone ist Windkraft nur im Einzelfall möglich. Die dritte Zone wird für Windkraft geöffnet, weil die Anlagen auf diesen Flächen mit den Zielen des LSGes vereinbar sind. Ganz einfach gesagt: Einer aussterbenden Blume macht es nichts aus, wenn über ihr ein Windrad dreht. Einem Rotmilan aber schon.

Genau hier liegt der Knackpunkt. Denn in der Rhön ist die Gebietskulisse geschützt. Wenn der Blick über das "Land der Offenen Fernen" schweift, soll er nicht an 200 Meter hohen Windrädern hängen bleiben. Außerdem muss die Zonierung von einem Planungsbüro erarbeitet werden. Das ist teuer - und ergebnisoffen. Kein Mensch weiß, ob die Wunsch-Standorte der Gemeinde am Ende in der "richtigen" Zone liegen.

Robert Römmelt weiß das alles, aber aufgeben will er nicht. "Windkraft ist ein Baustein der zukünftigen Energieversorgung." Daran müsse auch die Rhön Anteil haben. Punkt.