Es war um zwei Uhr in der Nacht, als eine betrunkene junge Frau beim Rakoczy-Fest in der Weingasse einer Gruppe aus drei jungen Männern im Vorbeigehen ein "Sieg heil" entgegen schleuderte. Eine junge Beamtin hörte dies aus einem Seitenhof und schritt ein. Es folgte eine Anzeige.
Wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen musste sich die 19-Jährige Auszubildende zur Hotelfachfrau jetzt vor dem Amtsgericht Bad Kissingen verantworten. Auch das Entbieten des Hitlergrußes stand nach der Vernehmung anderer Zeugen am damaligen Tatort in der vom Staatsanwalt verlesenen Anklageschrift. Doch das konnte die Polizistin als einzige geladene Zeugin aus eigener Anschauung nicht bestätigen.
Die Frau sei in Begleitung einer Freundin unterwegs gewesen und habe stark geschwankt, erinnerte sich die Polizistin im Zeugenstand. Ein bisschen habe die Ertappte gemeckert, als die Polizei sie zur Seite nahm. Ein Alkoholtest habe knapp zwei Promille ergeben. Allerdings sei die Täterin noch so fit gewesen, dass man sie Aufnahme der Personalien und einem Platzverweis weiter ziehen ließ.
Schon einmal vor Gericht
Recht gleichgültig wirkte die Angeklagte rund drei Monate nach dem Vorfall. "Ich weiß davon nichts mehr", spielte sie auf ihren Alkoholkonsum an. Das Pikante an ihrem Verhalten: Vor zwei Jahren hatte die junge Frau schon einmal wegen einer derartigen Entgleisung vor Gericht gestanden. Jetzt sah sie sich wieder genau jener Richterin gegenüber, die sie damals als 17-Jährige zum Schreiben eines Aufsatzes über die Schrecken des Dritten Reiches verdonnert hatte. "Das nehme ich Ihnen persönlich ein bisschen übel", kommentierte die Richterin den Umstand, dass diese Aufgabe offenbar keinen Lerneffekt hatte.