Letzter Wille mit viel Tiefgang
Autor: Rolf Pralle
Bad Brückenau, Donnerstag, 02. März 2017
Es ist nicht an der Tagesordnung, dass Jugendliche in den Ferien freiwillig zur Schule gehen. Bad Brückenauer Gymnasiasten haben eine Menge Spaß dabei.
Es ist sehr ruhig am Donnerstag um die Mittagszeit auf dem Gelände des Schul- und Sportzentrums in Römershag. Schließlich sind noch Ferien. Nur in einigen Räumen des Franz-Miltenberger-Gymnasiums herrscht rege Geschäftigkeit. Mitglieder der Theatergruppe "Kompass" proben eifrig für ihre nächsten öffentlichen Auftritte. Nachdem man sich bei einem gemeinsamen Frühstück gestärkt hat, geht es frisch und munter ans Werk.
Die jungen Laiendarsteller, unter der Leitung von Dirk Hönerlage, haben sich in diesem Jahr "Das Testament des Hundes" vorgenommen, ein brasilianisches Schauspiel von Ariano Suassuna. "Das ist zweifellos ein Nischenstück, das sich sehr wohltuend vom Mainstream abhebt", skizziert der stellvertretende Schulleiter die Entscheidung seiner Schützlinge für diese Vorlage. Denn die Ensemble-Mitglieder hatten nach einer groben Vorauswahl wie immer ein gewichtiges Mitspracherecht im Hinblick darauf, was sie auf die Bühne bringen und einem breiten Publikum präsentieren wollen. Bereits seit Oktober vergangenen Jahres beschäftigen sich über 20 Schüler mit der Komödie aus Brasilien, die auf humorvolle Weise zeigt, wie Armut und Gier, Scheinheiligkeit und Korruption den Alltag bestimmen. Plakativ gezeigt wird aber auch, wie Scharfsinn, Optimismus und Lebensfreude es ermöglichen, das Beste aus den widrigen Umständen zu machen.
"Obwohl das satirische Volksstück mit Tiefgang bereits 1955 entstanden ist, hat es bis heute nichts von seiner Aktualität eingebüßt", betont Hönerlage. "Die Verführung durch Macht ist nicht nur in Südamerika allgegenwärtig." Der Pädagoge legt Wert darauf, dass die Originalvorlage bei der Aufführung nicht verfremdet wird.
"Das Stück entsteht"
Natürlich gibt es auch beim "Testament des Hundes" Passagen, die für die Akteure einen gewissen Interpretationsspielraum bieten. Das bestätigen Anna Julius und Mick Schumm, die der Theatergruppe nun bereits seit drei Jahren angehören und so sprichwörtlich zu den alten Hasen zählen. Ihnen hat an ihrem Engagement bei "Kompass" besonders das Prozedere gefallen, wie das Basismanuskript im Laufe der monatelangen Probenzeit mit Leben erfüllt wird. "Das Stück entsteht", skizziert Hönerlage mit knappen Worten diese Entwicklung. Ausgangspunkt sind in der Regel umfangreiche Leseproben, ehe jeder Mime für seine Rolle ein spezielles Profil formuliert. Geschaut wird auch, welcher Part zu wem am besten passt. Ein Blick auf die einzelnen Rollenzettel mit farbigen Markierungen am Rand macht deutlich, mit welcher Akribie an den Dialogen und an Gestik sowie Mimik gefeilt wird. Und wenn die Gymnasiasten glauben, endlich den ausdrucksstärksten Dreh gefunden zu haben, fällt ihrem Leiter doch noch die eine oder andere Verbesserung ein.
"Theater zu spielen bedeutet eben auch ein gehöriges Maß an Durchhaltevermögen", meint Hönerlage schmunzelnd.
Szenerie ins rechte Licht rücken
Aber nicht nur auf der Probenbühne des Franz-Miltenberger-Gymnasiums, sondern beispielsweise auch im Werkraum ist Aktion angesagt. Hier arbeiten gerade Lukas Gunkel und Kilian Schaab, die für Technik, Requisite und Kulisse verantwortlich zeichnen. Da wird gehämmert und gefeilt, gepinselt und geklebt, damit zur Premiere die Szenerie ins rechte Licht gerückt wird und somit auch der optische Eindruck stimmt.Der Name "Kompass" ist bei der Bad Brückenauer Theatergruppe, die es in dieser Form seit rund 15 Jahren gibt, übrigens Programm.
Man wolle zwar in erster Linie unterhalten, den Zuschauern darüber hinaus aber auch die eine oder andere Richtung aufzeigen, sind sich das Ensemble und der Chef einig.
"Das Testament des Hundes"
Termine: Aufgeführt wird "Das Testament des Hundes" zu folgenden Terminen: Donnerstag, 30. März, Freitag, 31. März, und Sonntag, 2 April. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr im Kursaalgebäude des Staatsbades Bad Brückenau.Zum Inhalt: Zwei schlitzohrige Landarbeiter versprechen einem neureichen Bäckermeister, für ein christliches Begräbnis des verstorbenen Hundes zu sorgen. Durch Witz und Dreistigkeit ergaunern sie sich so ein Vermögen, bis eine Räuberbande ihrerseits das Geld einfordert. Vor dem Himmelstor wird am Ende entschieden, wer für welche Taten in der Hölle landet.