Die neuen Glocken sind am Ziel

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Das hat es so noch nicht gegeben, und es zeugt von gelebter Ökumene: Der katholische Dekan Michael Krammer (rechts) segnet unter den Augen von Pfarrer Gerd Kirchner die neuen evangelischen Glocken mit dem Zeichen des Öls. Fotos: Rolf Pralle
Das hat es so noch nicht gegeben, und es zeugt von gelebter Ökumene: Der katholische Dekan Michael Krammer (rechts) segnet unter den Augen von Pfarrer Gerd Kirchner die neuen evangelischen Glocken mit dem Zeichen des Öls. Fotos: Rolf Pralle
Auf historischen Pfaden bewegte sich der Glockenzug durch die Gassen der Stadt. Foto: Rolf Pralle
Auf historischen Pfaden bewegte sich der Glockenzug durch die Gassen der Stadt. Foto: Rolf Pralle
 
Impressionen vom Tag der Glockenweihe. Foto: Rolf Pralle
Impressionen vom Tag der Glockenweihe. Foto: Rolf Pralle
 
Impressionen vom Tag der Glockenweihe. Foto: Rolf Pralle
Impressionen vom Tag der Glockenweihe. Foto: Rolf Pralle
 
Impressionen vom Tag der Glockenweihe. Foto: Rolf Pralle
Impressionen vom Tag der Glockenweihe. Foto: Rolf Pralle
 
Impressionen vom Tag der Glockenweihe. Foto: Rolf Pralle
Impressionen vom Tag der Glockenweihe. Foto: Rolf Pralle
 
Impressionen vom Tag der Glockenweihe. Foto: Rolf Pralle
Impressionen vom Tag der Glockenweihe. Foto: Rolf Pralle
 
Impressionen vom Tag der Glockenweihe. Foto: Rolf Pralle
Impressionen vom Tag der Glockenweihe. Foto: Rolf Pralle
 

Ein einmaliges und plakatives Beispiel gelebter Ökumene war die Weihe der neuen Glocken für die Bad Brückenauer Friedenskirche.

Es sollte ein gemeinsames Fest für die Christen beider Konfessionen sein, es wurde ein beeindruckendes Erlebnis für die ganze Stadt. Denn was sich am Sonntag zwischen der Altstadt und dem Gotteshaus im Georgi-Kurpark abspielte, wird bestimmt seinen gebührenden Platz in den Geschichtsbüchern der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde finden.

Der Glockenzug mit zahlreichen Gläubigen, angeführt von den Georgi-Bläsern, den Fahnenträgern und den Repräsentanten der Vereine, startete am alten Landratsamt. Den Ausgangspunkt hatte man laut Pfarrer Gerd Kirchner ganz bewusst gewählt, befand sich hier doch seinerzeit der erste Gebetsraum der noch jungen evangelischen Gemeinde. Von dort zogen die Christen 1924 zur damals neu erbauten Kirche im Auerhahnweg, dem heutigen Pfarrhaus. Diesen Weg wollte man teilweise noch einmal nachvollziehen und damit auch an die beiden alten Eisenglocken erinnern, die das Gemeindeleben 92 Jahre lang geprägt hatten.


Gedenken am alten Rathaus

In Höhe des Marktplatzes stieß der katholische Dekan Michael Krammer zu der Gruppe. Gleichzeitig hießen die Glocken von St. Bartholomäus mit ihrem Läuten die "protestantischen Schwestern", die geschmückt auf einem Wagen transportiert wurden, willkommen. Man betete still und sang inbrünstig, Pfarrer Kirchner verknüpfte in seinen kurzweiligen Ausführungen äußerst interessant die Kirchengeschichte mit der Historie der Stadt. Eine weitere Station des Zuges, für dessen reibungslosen Ablauf Polizei, Feuerwehr und Mitarbeiter des Bauhofs sorgten, war das Alte Rathaus. Dort gedachten die Christen unter anderem den Opfern von Kriegen und Terror, ehe es schließlich in Richtung Friedenskirche ging. Vor dem Gotteshaus wurde die große Gruppe mit dem evangelischen Dekan Till Roth an der Spitze schon von zahlreichen Menschen beider Konfessionen erwartet.
Endlich neigte sich der aufgebaute Spannungsbogen seinem Höhepunkt entgegen. Mit Gabelstapler und viel Geschick wurden die beiden neuen, hell glänzenden Glocken vom Festwagen abgeladen und dann von starken Männern mit reiner Muskelkraft unter dem Befall der Kirchenbesucher bis vor den Altar transportiert. Die Erleichterung über die gelungene Aktion war sowohl den unmittelbar Beteiligten als auch den Zuschauern während des gesamten ökumenischen Gottesdienstes, den die Dekane Roth und Krammer zusammen mit Pfarrer Kirchner leiteten, anzumerken. Den musikalischen Rahmen gestalteten der Kirchen- und der Posaunenchor.


Segnung und Weihe

Dann kam der Augenblick, der noch lange im Gedächtnis bleiben wird: Der Katholik Krammer segnete die evangelischen Glocken mit dem Zeichen des Öls, bevor sie der Protestant Roth mit Segen und Kreuzzeichen weihte.
Der Gottesdienst selbst war nicht nur von biblischen Versen und Gesängen getragen, immer wieder wurde zwischendurch an die vergangenen anderthalb Jahre erinnert, in denen viele engagierte Gemeindemitglieder und Spender das Glockenprojekt realisiert haben. Diesen unermüdlichen Einsatz würdigten in ihren Grußworten auch stellvertretender Landrat Emil Müller und Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks.


Erstes Läuten am 3. Advent

Erstmals erklingen werden die neue Gebetsglocke sowie die Sterbens- und Auferstehungsglocke beim Abendgottesdienst am 3. Adventssonntag (11. Dezember) ab 17 Uhr. Denn erst einmal müssen die Klangkörper in den Turm der Friedenskirche eingebracht und am ebenfalls neuen Glockenstuhl installiert werden.


Beide Konfessionen nutzten der Freiraum der Ökumene

Für den evangelischen Dekan Till Roth aus Lohr, der die Festpredigt zur Glockenweihe in Bad Brückenau hielt, war es der erste Gemeindebesuch in der Stadt seit seinem Amtsantritt vor rund einem Jahr. "Und dann gleich zu einem Höhepunkt in der Kirchengeschichte von Bad Brückenau", freute sich der Geistliche.

Genau genommen sei es sogar ein Ereignis von doppelter Bedeutung, so der Dekan. Zum einen seien zwei neue Glocken für die Friedenskirche gegossen worden und würden nun gesegnet. Das geschehe wahrlich nicht in jeder Generation. Den anderen Aspekt nannte Roth konkret beim Namen: "Wir segnen diese beiden Glocken heute ökumenisch. Das gab es so noch nie". Ein Feuerwehrauto, ein Vereinsheim oder ein neues Wegkreuz, das alles würde man von ökumenischen Weihehandlungen kennen. Gegenstände einer evangelischen Kirche seien in diesem Zusammenhang aber etwas ganz Besonderes und ein ausgesprochen schönes ökumenisches Zeichen. "Dazu legen uns die Ordnungen beider Kirchen keine Einschränkungen auf. Oder positiv gewendet: Dazu geben sie uns Freiheit", erklärte der Dekan. Eine Glockenweihe sei nämlich kein Sakrament. Und so dankte er der evangelischen Gemeinde ausdrücklich, dass sie diesen Freiraum gesehen und genutzt hat. Lob zollte er auch der katholischen Gemeinde dafür, "dass sie die Anfrage der evangelischen angenommen hat und sogar ihre Sonntagsmesse dafür entfallen lässt".

Einen besseren Zeitpunkt für die feierliche Zeremonie als den 1. Advent, zu Beginn eines neuen Kirchenjahres, hätte man gar nicht wählen können, meinte Roth. Die Adventszeit, die von Besinnung, Einkehr und Buße geprägt sei, rufe die Christen dazu auf, neu anzufangen mit Gott und auch miteinander.


Glocken gehören zu unserem Land

Vielen Menschen sei überhaupt nicht bewusst, "wie tief bei den meisten von uns der Klang des Glockengeläuts eingeprägt ist". Er gehöre in unserem Land seit unzähligen Generationen zu den Dörfern und Städten, sei ein Zeichen des Evangeliums und des christlichen Glaubens und darüber hinaus auch Ausdruck der Religionsfreiheit. Der Klang der Glocken, der aus dem erhöhten Kirchturm über die Häuser hinweg geht, bedeute aber keineswegs Zwang zum Kirchenbesuch. Er lasse lediglich hören, dass die Tür zum Gotteshaus offen steht.
Gottesdienste würden heute meistens von der Orgel, aber auch einmal von einer Gitarre oder einer Band mit modernen Schlaginstrumenten begleitet. "Und ein wenig reihen sich für mich die Glocken in diese Instrumente ein", betonte der Dekan. Es seien zwar keine Zimbeln, die man in die Hand nehmen und zusammenschlagen kann, aber sie hätten einen hellen, obertonreichen Klang: "Sie regen uns an, Gott unseren Dank auszudrücken. Sie begleiten unser Leben von der Taufe bis zum Tode und künden davon, dass wir in Gott geborgen sind im Leben und im Sterben."