Beim Glockenstreit in Oberwildflecken sorgt die vermeintliche Lärmbelästigung für verhärtete Fronten.
Eine historische Bürgerversammlung fand im traditionsreichen Oberwildfleckener Kreuzberghof statt, die letzte in diesem Gebäude. Denn dieses wird in den nächsten Monaten abgerissen.
Bürgermeister Gerd Kleinhenz (PWW) berichtete über die Bevölkerungsentwicklung."Wir haben eine sehr hohe Fluktuation in Wildflecken. Das macht uns ernsthafte Sorgen. Ich sehe schon eine Gefährdung des sozialen Friedens in Wildflecken", sagte Kleinhenz. Der Einfluss der Gemeinde sei allerdings sehr gering. "Die Wohnungsbaugesellschaften sind in privater Hand. Die Mieten sind niedrig, ein Zuzug daher sehr attraktiv - auch und besonders für sozial schwache Familien, die hier keine Arbeit finden."
Der Rathauschef ging auch auf Bauprojekte ein: auf den Neubau der Turnhalle in Wildflecken. Oder auch auf die Generalsanierung der Grundschule. "Es ist de facto die größte Investition, die der Markt Wildflecken bisher gestemmt hat." Über sechs Millionen Euro umfasst das Gesamtprojekt. Im März 2017 soll Baubeginn sein.
Im Schuljahr 2018/2019 wird der Gebäudekomplex voraussichtlich bezugsfertig sein. Gefördert wird ausschließlich das Raumprogramm für die Grundschule. Die Zukunft der verbliebenen Mittelschulklassen ist daher offen. Nach und nach wurden Klassen nach Bad Brückenau ins Schulzentrum verlagert. Diese Kooperation wird weitergeführt.
Gelungene Umgestaltung
Als gelungen bezeichnete Kleinhenz die Umgestaltung des Pfarrer-Otto-Denk-Platzes samt Neubau der Kapelle und des Bürgerparks. "Weniger erfreulich ist allerdings der Streit um das Glockengeläut in Oberwildflecken. Ich spreche mich klar dafür aus, dass die Glocken wieder läuten. Das gehört einfach zu einem Dorf dazu. Ich selbst wohne mein Leben lang neben der Oberbacher Kirche und habe das Geläut noch niemals als störend empfunden", betonte der Bürgermeister. Im Moment schweigen die Glocken, weil juristische Schritte in die Wege geleitet worden sind. Aus diesem Grund ist die Diözese zu einem Lärmschutzgutachten gezwungen. Diese Entwicklung sieht Kleinhenz mit großer Sorge: "Ich hoffe, dass die Glocken schon bald wieder schlagen." Es machen bereits erste Unterschriftslisten im Ort die Runde, in denen sich zahlreiche Bürger für die Wiederaufnahme des Glockengeläuts aussprechen.
Das juristische Ende dieses Streits ist allerdings völlig offen. Die Fronten scheinen verhärtet.
Wesentlich positiver sieht Kleinhenz die Versorgung der Marktgemeinde mit schnellem Internet. Der Ausbau sei weit fortgeschritten, lediglich in den Außenbereichen gebe es noch weiße Flecken auf der virtuellen Landkarte.
Belebung der Ortskerne
Weiterhin bemüht sich die Kommune um eine Belebung der Ortskerne. Aus diesem Grund wurde ein Förderprogramm ins Leben gerufen, das die Innenentwicklung finanziell unterstützt, wenn es um die Sanierung leerstehender Häuser geht. "Doch nicht nur die Innenentwicklung ist wichtig. Der Gemeinderat hat sich zur Ausweisung eines neuen Baugebietes im oberen Kapellenweg entschieden."
Hierbei geht es um 14 Bauplätze im Wildfleckener Außenbereich, von denen zwei bereits bebaut sind. "Mittlerweile haben wir sechs Kaufinteressenten. Der Verkauf der Grundstücke wird schnell vorangehen", ist Kleinhenz überzeugt. "Das Interesse an Grundstücken am Ortsrand ist ungebrochen."
Vollkommen offen ist die Lösung der Abwasserfrage. Möglicherweise wird sich die Gemeinde an die Bad Brückenauer Kläranlage anschließen. Derzeit ermittelt eine Studie die wirtschaftlich sinnvollste Variante für die Marktgemeinde. "Wir suchen nach einer nachhaltigen Lösung, die dauerhaft die billigste für alle Bürger ist."
Neue Nutzung für Bahnhof
Der Abbau der Gleise der ehemaligen Sinntalbahn schreitet weiter voran. Derzeit kämpft die Gemeinde um einen durchgehend asphaltierten Radweg durch das Sinntal. Auch für den ehemaligen Wildfleckener Bahnhof soll eine neue Nutzung gefunden werden. Der Bundeswehrstandort Wildflecken ist nach Auskunft des Rathauschefs auf einem guten Weg. Rund 260 zivile Beschäftigte arbeiten in der Rhönkaserne. "In den Standort Wildflecken wird weiterhin investiert. Zwölf Millionen Euro alleine im Jahr 2016. 18 Millionen Euro sollen es im Jahr 2017 sein. Das ist sehr positiv zu sehen."
Wiederbelebt wurde der Jugendraum im Oberwildfleckener Integrationszentrum. Auf Initiative der Jugendlichen und Eltern wurde der verwaiste Raum neu gestaltet. Auch von kleineren Rückschlägen bei der Renovierung ließen sich die Jugendlichen nicht abschrecken. "Ich hoffe, dass die Kids diese erfreuliche Entwicklung in die Bevölkerung tragen", so der Bürgermeister.
Generationswechsel im Rathaus
Im Rathaus steht in den kommenden Jahren ein großer Generationswechsel an, den Kleinhenz in groben Zügen beschrieb. Schon jetzt plant die Kommune die Neubesetzung der Stellen. Zudem wird im kommenden Jahr wieder eine Auszubildende eingestellt. Auch im Bauhof scheiden einige Mitarbeiter im Rentenalter aus.
In der Bürgerdiskussion ging es unter anderem um den dringenden Wunsch nach einer Wiederaufnahme des Glockengeläuts, um Hundekot auf öffentlichen Plätzen und Parkanlagen und um regelmäßige Öffnungszeiten für den Jugendraum. Zudem wurde der Zustand der Straßen im Ortsbereich diskutiert.
Der abschließende Dank von Bürgermeister Kleinhenz ging an alle ehrenamtlich engagierte Bürger, die die Dorfgemeinschaft am Leben halten. Als Beispiel nannte er das mehrtägige Waldfest in Oberwildflecken. "Das ist schon beeindruckend, was der kleinste Ortsteil da jedes Jahr auf die Beine stellt."