Nachruf auf Lou Reed: Gigant des Rock 'n' Roll
Autor: Rudolf Görtler
Bamberg, Montag, 28. Oktober 2013
Mit dem rebellischen Songwriter Lou Reed ist einer der letzten Underground-Helden gestorben. Ein Nachruf von Rudolf Görtler.
Als den "Gipfel des Menschenhasses in der Rockmusik" bezeichnet ein Lexikon Lou Reeds Platte von 1975, "Metal Machine Music", vier LP-Seiten mit nichts als Rückkopplungsgeheul, "Noise Music", lange bevor es diesen Begriff gab.
Das war die eine Seite des einflussreichen Musikers, dessen kommerzieller Erfolg niemals Schritt hielt mit seinem Einfluss. Zu Glam-Rock-Zeiten in den frühen 70er Jahren oft mit Iggy Pop und David Bowie in einem Atemzug genannt - dass er in Berlin mit den beiden damals in einer WG zusammenlebte, hat er später bestritten -, gilt er als Vorläufer des Punk ("ein Akkord ist gut, zwei sind noch besser, drei sind Klassik"), schrieb aber auch sensible und melancholische Balladen.
Geboren wurde Reed 1942 auf Long Island, New York, und wuchs in Mittelschichtsverhältnissen auf.
Nach der Trennung von Velvet Underground schaffte Reed mit "Walk On The Wild Side" von der LP "Transformer" einen All-Time-Hit, die Schwulen-Hymne schlechthin. Sein hypnotischer Sprechgesang, seine karge Gitarre wurden zum Markenzeichen. Seine Reputation als Rock'n'-Roll-Held wurde durch seine Drogensucht und seine sexuelle Ambiguität nur gestärkt. Dabei versuchte er durchaus immer wieder, kommerziell erfolgreicher zu werden wie auf "Coney Island Baby" von 1976; aber Alben wie "Berlin" (1973) konterkarierten solche Ambitionen - zum Glück.
Als Ende der 70er Punk aufkam, verehrten ihn viele - wie Patti Smith - als Ahnherrn. Nach dem Album "New York" von 1989 mit wütenden politischen Texten machte Reed in den 90ern den misslungenen Versuch, Velvet Underground wiederzubeleben. Weiterhin produzierte er Lärm, schrieb jedoch auch ein Musical nach Texten von Edgar Allan Poe. Zuletzt arbeitete er mit der Heavy-Metal-Band Metallica zusammen, streckte seine Fühler aber auch in andere musikalische Genres aus. Reed war seit 2008 mit der Performance-Künstlerin Laurie Anderson verheiratet. Nachdem er sich schon im Mai dieses Jahres einer Lebertransplantation hatte unterziehen müssen, ist er am Sonntag in seinem Haus auf Long Island gestorben.