Bundesregierung will schlechte Laune vertreiben
Autor: Michael Fischer, Theresa Münch und Jörg Ratzsch, dpa
, Dienstag, 30. Sept. 2025
An einer Villa am See geht das Kabinett in Klausur. Hauptthema dabei: Wie lässt sich die schlechte Stimmung im Land drehen? Zwei Zwischenfälle überschatten die Tagung.
Wie lässt sich die Stimmung in Deutschland drehen und eine Freude am Wandel erzeugen? Diese Frage hat Bundeskanzler Friedrich Merz und seine Ministerriege bei der ersten Kabinettsklausur seit Amtsantritt umgetrieben. «Im Prinzip ist unser Hauptgegner die Laune», wurde Vizekanzler Lars Klingbeil von Teilnehmern zitiert.
Ruck-Rede am Tag der Deutschen Einheit?
Man sei sich einig gewesen, dass ein Kulturwandel nötig sei, um eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen, hieß es. Auch über die Notwendigkeit einer «neuen Ruck-Rede» wurde am Rande der Klausur gesprochen – unter Verweis auf einen Auftritt des Kanzlers in Saarbrücken an diesem Freitag, dem 35. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung.
Verkehrsminister sackt am Kabinettstisch zusammen
Überschattet wurde die Klausur durch zwei Zwischenfälle: Verkehrsminister Patrick Schnieder erlitt einen Kreislaufzusammenbruch und wurde ins Krankenhaus gebracht. Der CDU-Politiker sei am Tisch zusammengesackt, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius. Danach sei es ihm zwar wieder bessergegangen, zur Sicherheit werde er sich aber untersuchen lassen. Ein Sprecher von Schnieders Ministerium teilte am Nachmittag mit, der Minister befinde sich derzeit in ärztlicher Behandlung und es gehe ihm wieder besser.
Beim Familienfoto am Mittag fehlte neben Schnieder auch Kulturstaatsminister Wolfram Weimer. Er verließ die Villa Borsig am Morgen wegen eines Trauerfalls. Per Pressemitteilung sagte er «aufgrund eines Todesfalls im engsten Familienkreis» auch einen für Donnerstag geplanten Besuch in Thüringen ab.
Populistische Instrumentalisierung der negativen Stimmung
Am ersten Tag des Regierungstreffens stand das Thema Wettbewerbsfähigkeit auf dem Programm, zu dem als Gast Markus Brunnermeier vortrug, ein Volkswirtschafts-Professor von der renommierten US-Universität Princeton. Die anschließende Diskussion führte sehr schnell zu der Frage, warum die Stimmung so schlecht ist, obwohl die Bundesregierung in ihren ersten Monaten erste Veränderungen auf den Weg gebracht hat.
Man sei sich dabei schnell einig gewesen, dass ein Kulturwandel nötig sei. Klingbeil habe moniert, dass eine «negativistische Haltung» populistisch von politischen Gegnern wie der AfD instrumentalisiert werde. Und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) habe Visionen statt Verordnungen gefordert.
Auch Scholz beschwerte sich schon über schlechte Laune
Neu ist das alles nicht. Auch die Vorgänger-Regierung hatte sich als Opfer einer grundsätzlich negativen Stimmung im Land gesehen, von der die politischen Ränder profitierten. Ex-Kanzler Olaf Scholz (SPD) wurde nicht müde, die AfD als «Schlechte-Laune-Partei» zu bezeichnen.