Die Deutschen sammeln gerne Speisepilze. Aber nicht immer geht das gut aus: Das für drei Bundesländer zuständige Giftinformationszentrum der Universitätsmedizin in Mainz hat in diesem Jahr bereits mehr als 400 Anfragen wegen möglicher Pilzvergiftungen registriert.
Doch Vergiftungen sind nicht die einzige Gefahr, die bei der Pilzsuche droht: Wer beim Pilzesammeln die sogenannte "Handstraußregelung" missachtet, muss mit hohen Bußgeldern sowie Schadensersatzansprüchen rechnen.
Schwierige Diagnostik: Symptome bei Pilzen "Schwer einzuschätzen"
In mehr als einem Drittel der bisher 406 potenziellen Vergiftungsfälle sei empfohlen worden, einen Arzt oder gleich eine Klinik aufzusuchen, sagte der Toxikologe und Leiter des Mainzer Giftinformationszentrums, Andreas Stürer, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Das Giftinformationszentrum in Mainz ist für die Länder Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland zuständig.
Anhand der Symptome sei eine Pilzvergiftung schwer darzustellen, deshalb seien die Expert*innen "eher großzügig mit dem Rat, in ein Krankenhaus zu gehen", sagte Stürer. Symptome nach dem Pilzverzehr könnten oftmals sowohl Anzeichen einer Unverträglichkeit, aber auch einer lebensbedrohlichen Vergiftung sein. Hinzu kommt, dass die Menschen oft nicht mehr genau wüssten, was sie gegessen haben.
Nicht eingerechnet in die Anfragen beim Giftinformationszentrum sind die Menschen, die direkt in die Notaufnahme gehen, Pilzsachverständige kontaktieren oder den Notruf wählen. Dennoch rechnen die Expert*innen in Mainz bis zum Jahresende mit rund 440 Anfragen wegen Pilzen, was der siebthöchste Wert seit 1995 wäre.
Symptome erst nach Stunden: Besondere Vorsicht beim Knollenblätterpilz geboten
In anderen Fällen, wie beim Knollenblätterpilz, komme die Symptomatik erst mit Stunden Verspätung. Der grüne Knollenblätterpilz ist für die meisten Todesfälle durch eine Pilzvergiftung in Deutschland verantwortlich. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) gibt es in Mitteleuropa knapp 200 essbare Pilzarten.
Von den 150 giftigen Arten seien etwa zehn tödlich. Experte Stürer rät: "In jedem Fall sollte man sich nicht einfach auf eine Bestimmungs-App verlassen." Welche ungiftigen Speisepilzsorten giftige Zwillinge haben und wie du sie voneinander unterscheiden kannst, liest du hier.
"Handstraußregelung": Bei Missachtung drohen Bußgelder
Erfahrene Pilzsammler*innen wissen, wie gefährlich eine Verwechslung bei den Speisepilzen sein kann. Doch auch darüber hinaus gilt es manches zu beachten. Die sogenannte "Handstraußregelung" etwa besagt, dass Jede*r wild lebende Pilze aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen darf. Diese Regelung gilt auch für wilde Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen.
Der saarländische Umweltminister Reinhold Jost (SPD) hat nun an ebendiese Regelung erinnert. In einem Appell an Pilzsammler*innen bittet er darum, pfleglich mit der Natur umzugehen und sich nur in Maßen daraus zu bedienen. "Wer für sich und die Familie zum Eigenbedarf Pilze, Kräuter oder Beeren im Wald sammelt, darf das tun, solange es bei einer kleinen Menge bleibt", sagte er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Bei Missachtung der Handstraußregelung allerdings drohten hohe Bußgelder sowie Schadensersatzansprüche. Wer mehr Pilze entnehmen oder die Funde sogar verkaufen möchte, benötige eine Genehmigung der Naturschutzbehörden sowie der jeweiligen Waldeigentümer*innen.
Bei Verdacht auf Pilzvergiftung: Das ist zu tun
Was tun, wenn nach dem Verzehr doch Zweifel bezüglich der Essbarkeit der bereits verspeisten Pilze aufkommen oder gar schon Symptome einer Pilzvergiftung auftreten? Die DGfM hat für einen solchen Fall einige grundsätzliche Informationen und Ratschläge parat. Folgende Sofortmaßnahmen gilt es demzufolge zu beachten:
- Arzt oder Giftzentrale kontaktieren
Die DGfM empfiehlt, so schnell wie möglich ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Je nach Einschätzung der Situation sollte die Hausarztpraxis oder eine Giftnotzentrale verständigt oder das nächste Krankenhaus besucht werden. - Pilzreste sichern
Bei Verdacht auf eine Pilzvergiftung gilt es, alle Reste des Sammelguts, wie etwa Reste vom Pilzeputzen, Reste der Mahlzeit und gegebenenfalls sogar Erbrochenes sichzuerstellen und zur späteren Untersuchung aufzubewahren. - Verzicht auf Hausmittel
Die DGfM hält fest: Es gibt keine vernünftigen Hausmittel bei einer Pilzvergiftung, die ohne ärztlich festgestellte Indikation eingesetzt werden können. Der weit verbreitete Ratschlag, Milch zu trinken sei immer falsch. Auch Salzwasser trinken, um Erbrechen zu fördern oder Kohletabletten einzunehmen, um Durchfälle zu lindern, kann schwere Nachteile mit sich bringen und die Prognose sogar bis hin zum Tod verschlechtern. Lediglich beim Verdacht auf eine schwerwiegende Vergiftung und wenn ein Krankenhaus zu weit entfernt und eine ärztliche Praxis nicht zu erreichen ist, empfehlen Pilzsachverständige Medizinalkohle (1 g/kg Körpergewicht in 400 ml Wasser aufgeschwemmt). Falls diese nicht zu beschaffen ist, können Betroffene das Erbrechen durch "Finger in den Hals stecken" herbeiführen. Dies ist jedoch nur in einer derartigen Ausnahmesituation und wenn die Pilzmahlzeit nicht länger als 5–6 Stunden zurückliegt, zu raten.