Tiefpunkt im Wohnungsbau überwunden
Doch im August wurden zumindest 5,7 Prozent mehr Wohnungen in Neu- oder Umbauten genehmigt als ein Jahr zuvor - laut Statistischem Bundesamt rund 19.300 Wohnungen. Allein Einfamilienhäuser legten um mehr als 15 Prozent auf 29.300 zu. Schon im Juli hatte es einen deutlichen Anstieg gegeben.
Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung erwartet weniger als 250.000 neu genehmigte Wohnungen in diesem Jahr - «gebraucht würden eher 320.000 neue Wohnungen pro Jahr», sagte Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des dortigen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung.
Doch der Tiefpunkt der Wohnungsbaukrise sei überwunden. Dullien: «Die Bauwirtschaft könnte im kommenden Jahr eine wichtige Konjunkturstütze werden.» Der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbands HDB, Tim-Oliver Müller, forderte mehr Förderungen und einen kräftigen Abbau von Bauvorschriften.
Hubertz für Abweichung von Berliner Traufhöhe
In diese Richtung gehen die Versprechen der Bauministerin. «Der Bau-Turbo ist ein kurzes Gesetz», sagt Hubertz. Es sind fünf Seiten. «Aber die paar Seiten werden ein Game-Changer sein für unser Land», sagt Hubertz. «Es wird ein emotionaler Moment, das Gesetz zu unterzeichnen.»
Schnelleres Bauen solle dabei nicht auf Kosten des ästhetischen Anspruchs gehen. «Wir sind sehr daran interessiert, dass wir nicht zu einem Plattenbau 2.0 kommen.» Praxisbeispiele zeigten, dass und wie es gehe. «Wir können beispielsweise aufstocken, etwa auf Supermarktdächern.» Wenn man seriell bauen will, können die Fassaden auch nachträglich gestaltet werden. «Oder nehmen wir die Traufhöhe aus der Kaiserzeit in Berlin, es spricht in der Regel nichts dagegen, hier noch um eine Etage zu erhöhen.»
Zankapfel Lärm- und Umweltschutz
Wegen oft jahrelangen Gezerres um den Lärmschutz bei Neubauten spricht man hier im Bauministerium von einem «verminten Feld». Doch nun soll es mehr Flexibilität bei gemischter Nutzung geben. Auch Umweltminister Carsten Schneider (SPD) hatte dabei mitgeredet, hieß es. Abweichungen sollen künftig erlaubt sein, auch beispielsweise Lärmschutz durch eine Wand, einen Strauch oder Schallschutztechnik bei teils geöffneten Fenstern.
Weiter für Diskussionen sorgen dürfte der Umweltschutz. Bau soll nicht zum Verlust seltener Tiere oder Pflanzen führen. Also prüfen die Naturschutzbehörden weiter das mögliche Vorhandensein entsprechender Biotope und die Verträglichkeit eines Projekts mit der Umwelt. Dennoch: Im Bauministerium geht man von einer Beschleunigung auch in diesem sensiblen Bereich aus.
Was hat das Gesetz mit Boris Pistorius zu tun?
Wohnungsbau ist nicht das einzige Ziel des Gesetzes. Auch die Bundeswehr soll profitieren, was Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) freuen dürfte. Mehr Tempo soll es hier geben bei Bauten zur «Herstellung oder Lagerung von Produkten zur Landesverteidigung, insbesondere von Munition, Sprengstoffen und deren Vorprodukten».