Update vom 30.01.2023, 10.05 Uhr: Der Solidaritätszuschlag bleibt - BFH weist Klage ab

Die Bundesregierung kann nach einer gescheiterten Klage gegen den Solidaritätszuschlag weiter jährliche Einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe aus der Abgabe einplanen. Der Bundesfinanzhof (BFH) in München wies am Montag eine Klage gegen den Solidaritätszuschlag ab. Dieser sei nicht verfassungswidrig, entschied der IX. Senat des höchsten deutschen Finanzgerichts. Das klagende Ehepaar aus Aschaffenburg hatte mit Unterstützung des Bunds der Steuerzahler die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gefordert.

"Im vorliegenden Fall ist das Gericht nicht von der Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags für die Jahre 2020 und 2021 überzeugt", sagte BFH-Präsident Hans-Josef Thesling - gegen die Steuerbescheide dieser beiden Jahr richtete sich die Klage. Bloße Zweifel rechtfertigten keine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Laut Urteil hat der Bund schlüssig dargelegt, dass die Wiedervereinigung weiter erhöhten Finanzbedarf verursacht, auch wenn die früheren Solidarpakte zur Finanzierung der Einheitslasten ausgelaufen sind.

Der Bund hatte laut BFH zuletzt elf Milliarden Euro jährlich mit der mittlerweile noch von Besserverdienern und Unternehmen bezahlten Abgabe eingenommen. Kläger und Steuerzahlerbund argumentierten, dass der Solidaritätszuschlag in doppelter Hinsicht verfassungswidrig sei.

Die Klage berief sich darauf, dass der ursprüngliche Zweck des Soli entfallen sei: Die Abgabe diente zur Finanzierung des Ende 2019 ausgelaufenen Solidarpakts II, mit dem der Aufbau der Infrastruktur in Ostdeutschland finanziert werden sollte. Dem folgte der Bundesfinanzhof jedoch nicht: Die Bundesregierung darf den Solidaritätszuschlag wegen des erhöhten Finanzbedarfs für die Einheit demnach weiter erheben, auch wenn es keinen Solidarpakt mehr gibt. "Eine Ergänzungsabgabe muss nicht von vornherein befristet oder für einen kurzen Zeitraum erhoben werden", sagte Thesling.

Darüber hinaus warfen Steuerzahlerbund und Kläger dem Bund einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vor, weil nur noch eine kleine Minderheit der Steuerzahler die Abgabe zahlen muss, die große Mehrheit jedoch nicht.

Im Gesetz zur Rückführung des Solidaritätsausgleichs aus dem Jahr 2019 beschloss die damalige Große Koalition, dass Besserverdiener - die oberen zehn Prozent der Einkommen - den Zuschlag weiter zahlen müssen, die übrigen 90 Prozent wurden ausgenommen. Der Steuerzahlerbund kritisiert den Solidaritätszuschlag deswegen als eine durch die Hintertür eingeführte Reichensteuer. Auch in dieser Hinsicht folgte der BFH der Klage jedoch nicht.

Original-Meldung vom 30.01.2023

Der Bundesfinanzhof (BFH) will am Montag (10.00 Uhr) seine Entscheidung über eine Klage gegen den Solidaritätszuschlag verkünden. Denkbar ist eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Dann müssten die Karlsruher Richter entscheiden, ob die nur noch von Besserverdienern gezahlte Abgabe mittlerweile verfassungswidrig ist.

Die Einnahmen des Bundes aus dem Soli beliefen sich laut BFH auf zuletzt noch elf Milliarden Euro. Falls die Abgabe eines Tages für verfassungswidrig erklärt werden sollte, wäre eine Frage, ob der Bund seine Soli-Einnahmen zurückzahlen muss.

Fränkisches Ehepaar wagt Klage: Für die Abschaffung des Solis

Geklagt hat ein älteres Ehepaar aus Aschaffenburg. Es will mit Unterstützung des Bundes der Steuerzahler den Soli zu Fall bringen. Die Klage fußt auf zwei Argumenten: Der Solidaritätszuschlag sollte die Lasten der deutschen Einheit finanzieren, doch dieser Zweck ist seit 2019 entfallen. Damals lief der Solidarpakt II aus, eine Sonderfinanzierung der ostdeutschen Länder gibt es seither nicht mehr.

Darüber hinaus werfen die Kläger und ihre Anwälte dem Bund einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vor, weil nur noch eine kleine Minderheit der Steuerzahler die Abgabe zahlen muss, die große Mehrheit jedoch nicht.

Mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätsausgleichs aus dem Jahr 2019 hatte die damalige Große Koalition beschlossen, dass nur noch Besserverdiener - die oberen zehn Prozent der Einkommen - den Zuschlag zahlen müssen. Die übrigen neunzig Prozent der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sollen ausgenommen bleiben. Nach Angabe des Anwalts der Kläger zahlen noch etwa 2,5 Millionen Menschen den Soli.

Zehn Prozent der Deutschen zahlen den Soli: Ist das verfassungswidrig?

Steuerzahler-Präsident Reiner Holznagel erklärte, das Verfahren sei eine wichtige Etappe. "Denn wir kämpfen seit Jahren für das komplette Soli-Aus", sagte Holznagel. "Wir hoffen, dass wir uns in Karlsruhe wiedersehen." Grüne und Linke hingegen wollen die oberen zehn Prozent der Einkommen weiter besteuern, auch wenn der Soli fallen sollte. In der

Rheinischen Post ging Holznagel davon aus, dass der Bundesfinanzhof die Verfassungsmäßigkeit des Soli ab dem Jahr 2020 infrage stellt. "Ich erwarte für Montag einen Etappensieg", sagte er. Mit einem Urteil aus Karlsruhe sei dann frühestens in einem Jahr zu rechnen.

Zumindest stillschweigend wird die Klage von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) unterstützt, der den Soli ohnehin abschaffen will. Das Ministerium war dem Verfahren vor dem Bundesfinanzhof ursprünglich beigetreten. Das ist in Fällen üblich, in denen das Ministerium eine Klage zurückweist. Lindner hatte das jedoch rückgängig gemacht, das Finanzministerium ist an dem Soli-Verfahren nicht mehr beteiligt.